Der Ärger und die Aufregung über die angespannte Baustellensituation in Bremens Innenstadt reißt nicht ab. Während Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) sich vor seine Planer und Ressortmitarbeiter stellt und die Vorwürfe an der Behördenplanung zurückweist, hagelt es aus der Opposition weiter Kritik. Der Baustellen-Streit eskaliert. Die Bremer CDU fordert zudem ein moderneres digitales Verkehrsmanagement. Wie der WESER-KURIER exklusiv berichtete, hatten Vertreter der City-Initiative und Handelskammer bemängelt, dass sich die Asphaltarbeiten am Herdentor verzögern, weil bei der Planung der Marathon übersehen wurde.
„Das Amt für Straßen und Verkehr hat den Marathon selbstverständlich nicht übersehen“, sagt Senator Joachim Lohse im Interview mit dem WESER-KURIER. Der Termin habe von Anfang an in der Baustellenplanung gestanden und sei mit City-Initiative und Handelskammer abgestimmt. Die Baustelle auf andere Termine zu verlegen wäre die „deutlich schlechtere Variante“ gewesen, sagt Lohse. Davon wären dann Veranstaltungen wie die Shoppingnacht, der Freimarktumzug, der verkaufsoffene Sonntag am 28. Oktober und vor allem das Weihnachtsgeschäft betroffen gewesen.
Auch wenn Baustellen die Verkehrsteilnehmer belasten, seien sie im Interesse aller und sorgen für nachhaltige Verbesserungen und mehr Sicherheit, so Lohse. „Das alles macht die Stadt sicherer, moderner und umweltverträglicher. Wer das ständig als Zumutung bezeichnet, redet den Standort Bremen schlecht“, betont der grüne Verkehrssenator. Es sei sehr widersprüchlich, über Baustellen zu meckern und sich zugleich über kaputte Straßen zu beschweren oder eine attraktivere Innenstadt zu fordern, ärgert sich Lohse. Auch den Vorwurf, dass die Baustellen zeitlich vorgezogen wurden, damit sie im Wahlkampf nicht die Stadt blockieren und lahmlegen, weist er entschieden zurück.
Dass es am Montag in der Innenstadt durch die Vollsperrung am Herdentor möglicherweise noch chaotischer wird als sonst schon, sorgt auch in der Opposition für Kritik. CDU-Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder fordert unter anderem ein moderneres digitales Verkehrsmanagement. „Ich bin sicher nicht der einzige, den es freut, wenn endlich damit begonnen wird, unsere maroden Straßen und Brücken zu sanieren. Dass solche Maßnahmen in Bremen allerdings jedes Mal zum Chaos führen, ist kein unvermeidbarer Automatismus, sondern liegt am nicht zeitgemäßen Verkehrsmanagement“, sagte der Christdemokrat Meyer-Heder.
„Desaströses Baustellenmanagement des Bremer Senats“
Bei allem Verständnis für Einschränkungen durch Baustellen könne er aber auch die Einzelhändler verstehen. „Wenn aber die Situation für Geschäftsleute, Wirtschaftsverkehre und Berufstätige wochenlang katastrophal ist und sich am kommenden Montag möglicherweise durch Fehlplanungen nochmals zuspitzt, kann ich den Ärger gut nachvollziehen“, sagt Meyer-Heder. Neben allen technischen und organisatorischen Verbesserungen müsse auch die Kommunikation gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft verbessert werden.
FDP-Chefin Lencke Steiner nennt die Baustellenplanung des Verkehrsressorts von Joachim Lohse (Grüne) „dilettantisch“. „Über die Köpfe der Menschen hinweg sorgt Senator Lohse zum wiederholten Mal für unnötiges Chaos. Die Bremer Innenstadt besteht nur noch aus Baustellen. Die proklamierte fahrradfreundliche Stadt scheint in Wahrheit nichts anderes zu sein als ein Anti-Autofahrer-Programm“, sagt Steiner. Deshalb fordere die FDP, dass das Verkehrsressort nach der Wahl mit dem Wirtschaftsressort zusammengelegt werden müsse. Lencke Steiner weiter: „Nur so kann die ideologisierte grüne Verkehrspolitik beendet werden und wieder Verkehrspolitik für alle Verkehrsteilnehmer gemacht werden.“
Als „desaströses Baustellenmanagement des Bremer Senats“ bezeichnen die Familienunternehmer die Situation. Der Landesvorsitzende der Interessenvertretung, Peter Bollhagen, sagt: „Wer sich als Unternehmer solche Fehler leistet, verschwindet vom Markt.“ Hier werde Verkehrsverhinderungspolitik auf Kosten des Einzelhandels und des Wirtschaftsverkehrs betrieben. Lieferverkehr und Kunden werden gleichermaßen abgeschnitten, ist sich Bollhagen sicher. „Wünschenswert wäre eine Politik, die die verschiedenen Interessen eint, anstatt Menschen gegeneinander auszuspielen“, kritisiert Peter Bollhagen.