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Finanzsenatorin droht mit Zwangsräumung Besetzer müssen Sportamt verlassen

Seit über einem Jahr besetzen Linksautonome das alte Sportamt auf dem Peterswerder in Bremen. Nun hat Finanzsenatorin Karoline Linnert den Aktivisten eine Frist gesetzt und droht mit einer Zwangsräumung.
29.06.2016, 00:00 Uhr
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Besetzer müssen Sportamt verlassen
Von Pascal Faltermann

Seit über einem Jahr besetzen Linksautonome das alte Sportamt auf dem Peterswerder in Bremen. Nun hat Finanzsenatorin Karoline Linnert den Aktivisten eine Frist gesetzt und droht gleichzeitig mit einer Zwangsräumung.

Punk-Konzerte, Soli-Kneipe, Salsa-Kurse oder Mitmach-Café im alten Sportamt? Damit ist bald Schluss. Seit mehr als einem Jahr besetzen Linksautonome die Immobilie auf dem Peterswerder in Bremen – über einen solchen Zeitraum haben Aktivisten schon lange nicht mehr durchgehalten. Doch nun flatterte den Besetzern ein Brief der Anwaltskanzlei Castringius auf den Schreibtisch.

Darin wird der Gruppe junger Leute aus dem linksalternativen Spektrum die Nutzung zum 31. Juli untersagt. Falls die Besetzer das Gebäude bis zu dem genannten Termin nicht besenrein übergeben haben sollten, droht die für das Thema zuständige Senatorin Karoline Linnert (Grüne) mit einer Räumungsklage. Dann könnte es zu unschönen Bildern durch eine Räumung der Polizei kommen. Ein Szenario, das im alten Sportamt und in den Behörden niemand wollte.

Bislang strebte Finanzsenatorin Linnert eine gemeinsame Lösung an und versuchte sich mit den Besetzern zu verständigen. Der Senat habe den Aktivisten des Vereins „Klapstul“ mehrere Vorschläge für einen anderen Standort gemacht, erklärt Dagmar Bleiker, Sprecherin der Senatorin für Finanzen. Darunter seien Alternativen auf einem Gelände in Blockdiek und in Bremen-Nord gewesen.

Keine Einigung

Auch über Räume am Güterbahnhof habe man gesprochen. Zu einer Einigung kam es allerdings nicht, wie das ­Schreiben der Anwälte nun zeigt. „Wir waren sehr um eine einvernehmliche Lösung bemüht“, sagt Bleiker. Doch es habe keine Bereitschaft der Sportamtsbesetzer gegeben. Die Forderung sei stets gewesen, die Einrichtung weiter zu nutzen – und zwar ohne Auflagen.

Im Jahr 2011 hatte es eigentlich einen friedlichen Start gegeben. Damals zog der Verein „Klapstul“ in das leer stehende Gebäude ein und organisierte ein linksalternativ geprägtes Kulturprogramm mit Konzerten, Info-Veranstaltungen und Theater. Grundlage dafür waren befristete Nutzungsverträge für die Sommermonate, da das Gelände in der Pauliner Marsch ein potenzielles Überschwemmungsgebiet ist und damit eine Nutzung im Winter nicht gestattet wird.

Die „Klapstul“-Leute waren mit den jederzeit kündbaren Zwischennutzungen jedoch unzufrieden, da sie immer wieder neue Anträge stellen mussten. Im Frühjahr 2015 kursierte dann das Gerücht, dass Werder Bremen Interesse an der Immobilie habe und dies für ein Sportgerätelager verwenden wolle. Die Aktivisten handelten und erklärten das alte Sportamt für besetzt. In einer Erklärung zeigten sie sich aber bereit, über die Bedingungen für eine langfristige Nutzung zu verhandeln.

Aktivisten hoffen auf Unterstützung

Nun läuft es aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Räumungsklage hinaus. Die Besetzer schreiben auf ihrer Internetseite: „Wir werden das alte Sportamt natürlich nicht einfach so hergeben und hoffen weiterhin auf eure Unterstützung!“ Auf einem Flyer steht zudem die Ansage: „Sportamt bleibt besetzt, kreativ und unkommerziell.“ Falls die Aktivisten also bis Ende Juli das Gebäude nicht verlassen haben, wird aus der Finanzbehörde das rechtsstaatliche Verfahren eingeleitet. Ob die Räumungsklage dann vor dem Amtsgericht oder vor dem Landgericht erhoben wird, steht noch nicht fest und ist abhängig vom Streitwert, so Sprecherin Bleiker.

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Kritik an dem Vorgehen der Behörde gibt es von der Linkspartei. Miriam Strunge, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft, kritisiert: „Ein solcher Umgang mit den Aktiven des alten Sportamts ist ein kulturpolitisches Armutszeugnis, leider nicht zum ersten Mal. Anstatt das nicht-kommerzielle Engagement mit verschiedensten kulturellen Angeboten zu würdigen, werden die Aktiven immer wieder in ihrer Existenz bedroht.“ Bereits mit dem Hinhalten des Zuckernetzwerks bei der Suche nach Räumlichkeiten und der „überzogenen Regulierung der Open-Air-Partyszene“ habe sich Bremens Kulturpolitik nicht von der offensten Seite präsentiert.

Zukunft des Sportamtes ist ungewiss

Dabei habe der Koalitionsvertrag‚ den Erhalt und die Schaffung künstlerischer Freiräume vorgesehen. Strunge: „Wir fordern den Senat und Immobilien Bremen auf, endlich dauerhafte Rahmenbedingungen für den Weiterbestand des alten Sportamts als Kulturraum zu schaffen. Das alte Sportamt muss erhalten bleiben.“

Was mit dem alten Sportamt passieren soll, ist indes unklar. Ein Abriss des sanierungsbedürftigen, leicht maroden Gebäudes steht im Raum. Auch eine Nutzung als Gerätelager wäre möglich. Bestätigen will dies aber niemand. „In erster Linie muss das Gebäude geräumt werden, um den Zustand zu überprüfen“, sagt Peter Schulz, Pressesprecher von den städtischen Liegenschaftsverwaltern von Immobilien Bremen. Erst dann könne eine Aussage über eine mögliche Verwendung gemacht ­werden.

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