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Geschlossener Szenetreff Ärger um Drogenszene am Hauptbahnhof

Suchtkranke Menschen belagern zunehmend den Hauptbahnhof – ein Grund dafür ist der geschlossene Szenetreff. Die wachsende Aggressivität habe aber andere Ursachen, heißt es von BSAG und Innerer Mission.
24.06.2021, 05:00 Uhr
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Ärger um Drogenszene am Hauptbahnhof
Von Felix Wendler

Die Alkohol- und Drogenszene am Bremer Hauptbahnhof sorgt für Ärger. Passanten fühlen sich gestört, weil die Klientel ihre Treffpunkte in den vergangenen Monaten wieder an die Haltestellen der BSAG verlagert hat und zunehmend aggressiver auftreten soll. Ein Grund: Der Treff am Gustav-Deetjen-Tunnel ist seit Beginn der Pandemie geschlossen. Seitdem sei die Zahl der Beschwerden gestiegen, teilt Polizeisprecherin Franka Haedke mit. Unterschiedliche Gruppen würden Passanten anpöbeln und anbetteln. Außerdem komme es innerhalb der Szene zu körperlichen Auseinandersetzungen, heißt es weiter. Es sei ein „Unsicherheitsgefühl“ entstanden. 

Drogengeschäfte und -konsum hätten während der Pandemie im Bahnhofsumfeld zugenommen, bestätigt auch das Ressort von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Polizei und Ordnungsamt seien zwischenzeitlich stark damit beschäftigt gewesen, die Einhaltung der Corona-Regeln zu kontrollieren. Inzwischen habe man die polizeilichen Maßnahmen im Bahnhofsbereich verstärkt. Die Polizei selbst gibt an, regelmäßig Kontrollen durchzuführen und anlassbezogene Platzverweise auszusprechen. Haed­ke verweist zudem auf die Videoüberwachung und Kontaktsäulen in dem Bereich, über die Passanten schnell die Polizei verständigen könnten.

Auch die BSAG sieht ein wachsendes Problem. Allerdings sei das weniger auf die ursprüngliche Klientel von Obdachlosen und Alkoholkranken zurückzuführen, sondern auf eine größer werdende Szene von Konsumenten harter Drogen, so BSAG-Sprecher Andreas Holling. Beschwerden von Fahrgästen und Mitarbeitern hätten zugenommen. Der geschlossene Szenetreff trage dazu nur einen Teil bei, weil dieser seiner Einschätzung nach eine andere Zielgruppe angesprochen habe. Trotzdem würden ehemalige Nutzer verstärkt die Haltestellen frequentieren, bestätigt Holling.

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Mit dem Szenetreff sei ein Aufenthaltsort weggefallen, der vor Corona-Beginn viel Zulauf erfahren habe, sagt Axel Brase-Wentzell, stellvertretender Leiter für den Bereich Wohnungslosenhilfe bei der Inneren Mission. Der Treffpunkt war im Frühjahr 2019 eingeweiht worden. Finanziert wurde er teilweise durch die Behörde von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) und die Innere Mission, größtenteils aber durch die Aktion Mensch, die nach eigenen Angaben bisher 260.000 Euro für das Projekt bewilligt hat.

Die Finanzierung läuft Brase-Wentzell zufolge Ende dieses Jahres aus. Wie es danach weitergeht, sei offen. Momentan würden Gespräche mit der Sozialbehörde geführt, die sich ebenfalls bedeckt hält. Bis zur Schließung sei das Fazit zum Treff jedenfalls positiv ausgefallen. Allerdings war es in der Vergangenheit an dem Standort auch zu Vandalismus und Übergriffen auf Streetworker gekommen.

Zum 1. Juli plant die Innere Mission eine Wiedereröffnung des Szenetreffs – die Polizei begrüßt das ausdrücklich. Brase-Wentzell betont jedoch, dass an einen Normalbetrieb vorerst nicht zu denken sei. Und: Gewisse Probleme dürften auch im regulären Betrieb bestehen bleiben. Brase-Wentzell berichtet von einer Crack-­Szene, die aktuell den Szenetreff massiv verunreinigen würde: „Die urinieren von der Brücke herunter, alles ist voller Spritzen und Blut. Wir reinigen den Standort jeden Tag.“

Die Sozialbehörde bestätigt, dass eine Wiedereröffnung im Rahmen der Corona-Regeln möglich sei. Doch es gebe bereits Alternativen - mit dem von der BSAG bereitgestellten Wärmebus auf der Bürgerweide und einer Anlaufstelle im Nelson-Mandela-Park, so Behördensprecher Bernd Schneider. Er spricht von einem „gleichwertigen Angebot“.

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Auch für Brase-Wentzell ist der Wärmebus ein Erfolgsmodell. 70 bis 90 Personen würden das Angebot täglich nutzen. Das Konzept sei ideal, auch der Ort werde akzeptiert. „Noch besser wäre das Angebot allerdings auf der anderen Bahnhofsseite“, sagt er. Zwar würden viele ehemalige Nutzer des Szenetreffs den Bus nutzen, aber einige habe es auch an die Haltestellen gezogen. Zudem ist noch offen, ob der Bus über den 30.  Juni hinaus als Anlaufstelle erhalten bleibt – am jetzigen Standort ist die Sommerwiese geplant. Was das für den Wärmebus bedeutet, ließen Sozialbehörde, Innere Mission und BSAG auf Nachfrage des WESER-­KURIER vorerst offen.

Brase-Wentzell sieht einen weiteren Grund für die Probleme am Hauptbahnhof: Die Idee, die Szene in Richtung des Drogenkonsumraums in der Friedrich-Rauers-Straße zu bewegen, scheitere an den Kapazitäten vor Ort. Er hoffe deshalb auf einen größeren Raum. 

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