Zur 20. Schau wurden knapp 40 Fahrzeuge in Form einer 20 aufgestellt. Wirklich sehen kann das aber nur Malte Heitmüller, der seine Kameradrohne über die historischen Gefährte dirigiert. Die Inszenierung vor der Halle 4 auf der Bürgerweise ist Teil der digitalen Version der 20. Classic Motorshow der Bremer Messe am 5. Februar. "Im Grunde produzieren wir dafür eine zweistündige Fernsehsendung", sagt Projektleiter Frank Ruge von der Bremer Messe. Achtzehn Jahre lang hat er die Oldtimermesse mit zuletzt 45.000 Besuchern an drei Tagen organisiert, nun zwingt ihn die Corona-Pandemie zum zweiten Mal in die Rolle eines Show-Produzenten.
Das bedeutet am Sonnabend für zahlreiche Beteiligte einen eng getakteten Arbeitstag, um die Online-Version der Veranstaltung auf die Beine zu stellen. "Nur dank der Sponsoren können wir das überhaupt machen, denn verdienen kann die Messe damit nichts", sagt Ruge. Die digitale Classic Motorshow wird wie im Vorjahr kostenfrei auf der Messe-Webseite und bei Youtube zu sehen sein. Weil das so ist, muss ein Produktionstag reichen, um Workshops, Autopräsentationen und diverse Impressionen der Fahrzeuge zu filmen. Zusammen mit einer Live-Moderation muss das den Oldtimer-Enthusiasten in diesem Jahr erneut genügen. "Wir sind die einzige Messegesellschaft, die sich mit ihrem Oldtimer-Event diese Mühe macht und das Ganze nicht ersatzlos absagt", sagt Ruge. Man hofft so, Aussteller und Besucher über die Corona-Durststrecke bei der Stange zu halten. "Aber wenn es 2023 wieder klappen sollte, wird das dennoch eine Art Neuanfang", ist er sich sicher.
"Alles ist besser als nichts", kommentiert Andreas von Engelbrechten das digitale Vorhaben. Der 79-Jährige ist mit seinem imposanten Horch 853 ein auffälliger Teil der blechernen 20 auf der Bürgerweide. Wie die übrigen privaten Eigentümer der Fahrzeuge ist er der Anfrage der Messe gern gefolgt, um mit seinem Oldtimer – der Wagen ist drei Jahre älter als von Engelbrechten – bei den Filmaufnahmen dabei zu sein. "Wir haben unsere Bitte ins Netzwerk der Liebhaberclubs gegeben, die der Classic Motorshow langjährig verbunden sind", sagt Ruge. Die Messe ist für die zahlreichen Clubs normalerweise ein beliebter Treffpunkt, wo sie sich präsentieren, Kontakte pflegen und Erfahrungen austauschen. "Jetzt gibt es immerhin dieses Geheimtreffen", sagt von Engelbrechten. Dass insgesamt mehr als 60 historische Fahrzeuge und Besitzer an diesem Tag in Bremen vor Ort sind, hat die Messe natürlich nicht öffentlich angekündigt.
Aber sie sind auch nicht nur zum eigenen Vergnügen da. Jetzt sind sie als Fahrer und Statisten gefragt, um eine gemeinsame Abfahrt zu inszenieren. Geplant ist, dass die Autos aus ihrer Parkposition in der 20 losfahren, um in einer langen Reihe hupend und winkend an der Kamera vorbei zu ziehen. "Das ist ganz schön anstrengend, hier alle zusammenzuhalten" sagt Kameramann Heitmüller. Er steht seit geraumer Zeit für die Aufnahme bereit, aber einzelne Fahrer lassen auf sich warten. Die seltene Gelegenheit zum persönlichen Treff ist wohl zu verlockend.
"Wir müssen aktuell wieder Clubtreffen, Stammtische und gemeinsame Ausfahrten absagen", sagt Helena Thoulesius-Kittlaus. Ihre Liebe gehört eigentlich einem Ente-Kastenwagen, aber heute begleitet sie ihren Mann in seiner BMW Isetta von 1959. "Da sitzt man zu zweit schon ziemlich kuschelig drin", sagt die gebürtige Schwedin. Die Isetta ziert ein großes Taxischild, aber das ist ein Scherz. "Als Taxi ist die tatsächlich nie unterwegs gewesen", sagt Ulrich Kittlaus. Das Schild geht auf den 50. Geburtstag seine Frau zurück. "Sie wollte immer mal mit einem Taxi nach Paris und dann haben wir das zu diesem runden Festtag eben mit der Isetta gemacht." Rund 2000 Kilometer hin und zurück in der "Knutschkugel", da ist die aktuelle Wartezeit, bis der letzte Fahrer endlich am Steuer sitzt, keine Herausforderung für das Paar.
Mit reichlich Verzögerung führt Projektleiter Ruge schließlich in einem Lancia den Fahrzeugkonvoi an und braust an Heitmüllers Kamera vorbei. Mit lautem Hupkonzert folgen alle übrigen. Am Ende nehmen die Fahrzeuge noch einmal die 20er-Formation ein. Die ganze Szene wird sicherheitshalber ein zweites Mal gefilmt. "Wir ergänzen das dann mit Videos, die uns die Fahrzeughalter geschickt haben", sagt Heitmüller. Darin sind Szenen zu sehen, wie sich Garagen öffnen, Abdeckungen von den Fahrzeugen gezogen oder letzte Putzarbeiten verrichtet werden.
"Die Bremer Classic Motorshow als erste Messe dieser Art in jedem Jahr steht eben für den Saisonauftakt", sagt Ruge. Diese Stimmung wolle man auch in der Onlineversion transportieren. Die fällt beim zweiten Mal mit zwei Stunden erheblich kürzer aus als in der ersten Auflage 2021. Da waren es volle sechs Stunden Sendung. "Ich habe gedacht, wer guckt sich das denn an, aber am Ende waren es fast 30.000 echte Zuschauer", verweist Ruge auf die Auswertungen der Zugriffsstatistik nach drei Monaten. Auch in diesem Jahr wird man sich das ganze ab 5. Februar mindestens bis Mai jederzeit ansehen können.