Der Bremer Innenstadt geht es schlecht, gleichzeitig wird sie zurzeit bundesweit als leuchtendes Beispiel wahrgenommen, wegen der Suche nach Wegen aus der Krise. Das berichten Experten aus dem Handel und der Immobilienwirtschaft. Sie beziehen sich auf das Programm, leer stehende Läden mit neuen Verkaufsideen zu füllen. In vier Fällen ist das mit öffentlicher Unterstützung bereits geschehen. Darüber hinaus verhandelt Bremen gerade mit dem Bund über Fördermittel für weitere Projekte in diesem Bereich. Beantragt sind rund vier Millionen Euro, wie die Wirtschaftsbehörde auf Anfrage mitteilt. Im kommenden Monat könne es eine Entscheidung geben.
Die Initiative, für die sich Bremen mit Nürnberg, Mönchengladbach und Langenfeld zusammengeschlossen hat, läuft unter der Überschrift „Stadtlabore“. Der Vorschlag kam von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke), als sie turnusmäßig Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz war. Das Gremium hatte sich im vergangenen Jahr mit der Zukunft der Innenstädte auseinandergesetzt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lud zu einem Runden Tisch ein. Ein Ergebnis: Stadtlabore sollen geschaffen werden. Ziel ist nach Darstellung des Bremer Wirtschaftsressorts, Ideen für die Zukunft der Innenstädte zu entwickeln, sie in Pilotprojekte umzusetzen und die Erfahrungen für einen bundesweiten Wissenstransfer zur Verfügung zu stellen. Erfahrungsaustausch zwischen den Städten soll ermöglicht werden.
Bremen will sich insbesondere darum kümmern, wie man den Leerstand in der Innenstadt in den Griff bekommt. Maßgeblich seien dabei zwei Herangehensweisen, erklärt die Wirtschaftsbehörde: Der enge Austausch mit Maklern und Vermietern und die Gründung von sogenannten Concept-Stores und Pop-up-Stores. Von den Immobilieneigentümern, die in Zeiten von Corona und des Lockdowns erst recht keine Mieter finden, werden die leeren Ladenflächen übernommen und an Interessenten weitergegeben, die mit ihren Geschäftsideen etwas ausprobieren wollen.
Wie in Bremen geschieht das auch in der Region, in Verden zum Beispiel. Dort gibt es aktuell drei Pop-up-Stores. Die Händler müssen nichts für den Laden zahlen, das übernimmt die Stadt. Eine der Immobilien gehört ihr nach eigenen Angaben selbst, bei den beiden anderen sei mit den Eigentümern eine moderate Miete ausgehandelt worden. Verden hilft den Händlern auch bei der Suche nach einer festen Bleibe, wenn die Zeit für den Pop-up-Store abgelaufen ist.
Miete und Nebenkosten können gespart werden
Ein Beispiel aus Bremen ist „Ekofair“ in der Obernstraße, ein kleines Kaufhaus mit nachhaltigen und hochwertigen Produkten aus dem Textil-, Kosmetik und Lebensmittelbereich. Lange vorher war dort von der Modekette Gerry Weber Ware verkauft worden. „Ekofair“ hatte sich in einem bundesweiten Wettbewerb unter 33 Teilnehmern behauptet. Die Betreiber dürfen 13 Monate bleiben und müssen weder Miete noch Nebenkosten zahlen. Der Vermieter erhält sein Geld von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB), verzichtet dabei nach Angaben der Behörde aber auf die Hälfte der vorherigen Kaltmiete. Nach dem gleichen Modell funktioniert das mit drei weiteren Läden. Finanziert wird die Kampagne mit etwas mehr als zwei Millionen Euro aus dem Topf des Aktionsprogramms Innenstadt, das im vergangenen Jahr verabschiedet wurde. Insgesamt stehen 13,2 Millionen Euro zur Verfügung.
Wilken Herzberg vom Maklerbüro Justus Wohltmann lobt das Projekt der Wirtschaftssenatorin als „sehr, sehr interessantes Konzept“. Maklerkollegen aus anderen Städten seien darauf aufmerksam geworden und fragten bei ihm nach, berichtet Herzberg. Dass Bremen alteingesessene Vermieter zur Teilnahme bewegen konnte, sei ein „tolles Signal“. Er wisse von weiteren Eigentümern, die ihre Läden zur Verfügung stellen würden.
Ähnlich positiv ist die Einschätzung von Ingo Müller-Dormann, der vor drei Jahren in Berlin das Mode-Startup Faex gegründet hat und einen der Pop-up-Stores in Bremen betreibt. „Bremen ist mit seinem millionenschweren Programm, in der Innenstadt etwas auszuprobieren, ganz weit vorne“, sagt der Unternehmer. "Das sind Vorzeigeprojekte, die bundesweit wahrgenommen werden.“
Die Stadtlabore sollen wissenschaftlich begleitet werden, im Gespräch sei dafür das Institut für Handelsforschung in Köln, erklärt die Wirtschaftsbehörde. Neben den vier beteiligten Städten im Westen der Republik werde nach einer weiteren Partnerstadt im Osten gesucht. Für diese Woche seien Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium geplant. Bremen werde sich auf das Leerstandsmanagement fokussieren. Geplant sei, dass eine Art Werkzeugbox entsteht, aus der sich andere Städte bedienen können.