Wer regelmäßig mit dem Rad unterwegs ist, hat die Situation möglicherweise schon mal erlebt: Die Tür eines parkenden Autos wird unachtsam in Richtung Radweg aufgerissen. Der englische Begriff Dooring hat sich als Bezeichnung für dieses Phänomen durchgesetzt. Kommt es dadurch zu einem Unfall, geht der in den seltensten Fällen glimpflich aus. "Die Folgen sind zum Teil sehr schwerwiegend, nicht selten tödlich", heißt es von der Bremer Polizei. In Deutschland kämen jedes Jahr Menschen bei Dooring-Unfällen ums Leben, sagt auch Pina Pohl vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Bremen. Erforscht und erfasst wird diese Art von Unfällen bislang kaum. In den nationalen Unfallstatistiken tauchen keine gesonderten Zahlen zum Dooring auf. Auch die Polizei Bremen erhebt solche Zahlen nach eigener Aussage nicht, bezeichnet derartige Kollisionen aber als "ernst zu nehmendes Problem" – insbesondere im innerstädtischen Bereich.
Radfahrer fühlen sich nicht sicher
Der ADFC Bremen bekomme regelmäßig Rückmeldungen von Mitgliedern, die Angst vor solchen Unfällen hätten, so Pohl. Sie verweist auf eine Umfrage des Verkehrssicherheitsrates, der zufolge mehr als die Hälfte aller befragten Radfahrer schon mal beinahe oder tatsächlich in einen Dooring-Unfall verwickelt gewesen sei. Auch in der Verkehrsbehörde von Senatorin Maike Schaefer (Grüne) ist das Problem bekannt. Besonders gefährdete Stellen in Bremen ließen sich nicht ausmachen, teilen Behörde und Polizei übereinstimmend mit. Betroffen sei das gesamte Stadtgebiet, sagt Ressortsprecher Jens Tittmann. Er spricht von einer "Unsitte der Gedankenlosigkeit", die solche Unfälle begünstige.
"Dooring ist immer auch das Problem einer schlechten Fahrradinfrastruktur", sagt Pohl. Seit 2019 habe der ADFC 170 Beschwerden über falsch parkende Autos erhalten, die zu nahe am Radweg oder direkt darauf gestanden hätten. Ihr selbst sei zum Beispiel die Graf-Moltke-Straße negativ aufgefallen. "Wenn Radwege nicht separat und ohne genügend Sicherheitsabstand von parkenden Autos geführt werden, sind Radfahrende gezwungen, rechts an parkenden Autos vorbeizufahren", so Pohl. In diesen Situationen komme es besonders häufig zu Dooring-Unfällen. Der ADFC fordert, Radwege physisch vom Autoverkehr abzutrennen.
Die Verkehrsbehörde verfolge grundsätzlich ein ähnliches Ziel, bekräftigt Tittmann. "Wir wollen die Verkehrsarten bestmöglich entzerren. Das machen wir auch überall dort, wo es irgendwie geht", sagt er. Tittmann verweist auf die Parkallee, wo zwischen dem Radweg und den Parkplätzen ein zusätzlicher Sicherheitsabstand geschaffen worden sei. Eine ähnliche Entzerrung gebe es bereits in der H.-H.-Meier-Allee, die Richtung Universität führt und traditionell stark befahren ist. Allerdings sei nicht überall in Bremen eine solche Trennung möglich, sagt Tittmann mit Blick auf die oftmals engen Anwohnerstraßen. "Da haben es Residenzstädte wie Berlin natürlich leichter, auf ihren großen Straßen eine Spur für Radfahrer räumlich abzutrennen."
Dooring-Unfälle ließen sich nie komplett verhindern, weshalb Behörde und Polizei vor allem an die Autofahrer appellieren. Neben dem obligatorischen Blick in den Rückspiegel empfehlen sie den sogenannten Holländergriff. Heißt: Wer auf der linken Seite des Autos sitzt, sollte die Tür mit der rechten Hand öffnen. Radfahrern empfiehlt die Polizei, für ausreichend Beleuchtung zu sorgen, Abstand zu halten und sich nicht durch Smartphones ablenken zu lassen. Der ADFC sieht die Städte in der Pflicht. Das Parken am Straßenrand müsse in Innenstädten stark eingeschränkt, in Fahrradstraßen möglichst komplett unterbunden werden. Zudem fordert der Verein eine verpflichtende Türöffner-Warnung für Kraftfahrzeuge.