Fast genau drei Jahre ist es her: Im Sommer 2017 hatte Bremen gemeinsam mit Thüringen eine Bundesratsinitiative gestartet, um eine Rechtsgrundlage für wissenschaftliche Modellprojekte zur kontrollierten Cannabis-Abgabe zu schaffen – der Vorstoß wurde abgelehnt. Rot-Grün-Rot will jetzt einen neuen Versuch unternehmen, um ein solches Projekt in Bremen auf die Beine zu stellen. Dafür haben die Regierungsfraktionen einen Dringlichkeitsantrag für die Bürgerschaftssitzung in der kommenden Woche eingereicht, wie die Fraktion der Linken am Mittwoch mitteilte.
Stimmt das Parlament dem Antrag zu, bedeutet dies aber nicht automatisch, dass die kontrollierte Cannabis-Abgabe als Modellprojekt umgesetzt werden kann. Bremen müsste zunächst einen Antrag beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stellen – zuletzt war Berlin im März mit einem solchen Vorstoß bei der Bundesbehörde gescheitert. Das Land wollte Rechtsmittel dagegen einlegen. Der Senat soll prüfen, ob Bremen mit einem eigenen Antrag ins Rennen geht und er soll sich parallel auf Bundesebene für eine Reform des Drogenstrafrechts einsetzen, die auf Jugend- und Verbraucherschutz statt auf Strafverfolgung setzt, wie es in dem Dringlichkeitsantrag heißt.
„Klar ist, dass wir eine systematische Reform der Drogenpolitik brauchen. Die derzeitige Strategie der Kriminalisierung des Cannabiskonsums schadet mehr als sie nützt und ist damit gescheitert“, sagt der drogenpolitische Sprecher der Fraktion der Linken, Olaf Zimmer. Während Alkohol etwa eine gesellschaftlich akzeptierte Droge sei, würden Konsumenten von Cannabis kriminalisiert und der Handel der meist organisierten Kriminalität überlassen. Häufig würden Produkte mit Substanzen gestreckt, die gesundheitsschädlicher seien, als Cannabis selbst. Zudem würden die Strafverfolgungsbehörden im Zuge dieser Kriminalisierung unnötig belastet. „Allein 2017 waren rund 13 Prozent aller in Deutschland inhaftierten Personen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz im Gefängnis“, so Zimmer.
Zum 1. April dieses Jahres hatte Justizsenatorin Claudia Schilling (SPD) eine Richtlinie erlassen, mit der die Eigenbedarfsgrenze von Cannabis auf bis zu 15 Gramm erhöht wurde. Auch der neue Vorstoß ist im Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot festgehalten. „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, um ein wissenschaftliches Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis auf den Weg zu bringen, und uns dabei gegebenenfalls mit anderen Ländern und Kommunen zusammentun“, heißt es darin. Dieses Ziel war bereits in der vorherigen Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen formuliert, die Sozialdemokraten hatten am Ende allerdings nicht mehr mitgezogen.