Die Bremer Bildungsbehörde bekommt den Lehrermangel nicht in den Griff: Zwei Tage vor offiziellem Beginn des neuen Schuljahres fehlen an den allgemeinbildenden Schulen noch immer 41 Lehrerinnen und Lehrer. Das geht aus aktuellen Zahlen des Bildungsressorts hervor. Demnach waren zum neuen Schuljahr insgesamt 260 offene Stellen zu besetzen, für gut jede sechste Stelle (15 Prozent) sucht die Behörde damit weiter nach einem passenden Bewerber. An den berufsbildenden Schulen konnten dagegen alle 77 freien Stellen besetzt werden. Allerdings musste die Behörde erneut in vielen Fächern verstärkt auf Seiteneinsteiger zurückgreifen.
Insgesamt ist die Zahl der Lehrkräfte, die an Bremer Schulen unterrichten, im Vergleich zum Vorjahr gestiegen: Im neuen Schuljahr werden es 5187 Lehrkräfte sein, zum Schuljahresbeginn 2018/2019 waren es noch 4980. Auch die Zahl der unbesetzten Stellen ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken: Damals waren es jeweils 50 Stellen an allgemein- und an berufsbildenden Schulen. Für Entlastung sollen außerdem die 185 Referendare sorgen, die nun ihren Dienst im Land Bremen antreten.
Höhere Belastung für Schüler und Lehrkräfte
Christian Gloede, Bremer Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht in den Zahlen keinen Grund für Erleichterung: „Die Dramatik spitzt sich weiter zu. Trotz nach eigenem Bekunden mannigfaltiger Anstrengungen der Bildungsbehörde, Lehrkräfte zu gewinnen, können die notwendigen Stellen aktuell nicht alle besetzt werden.“ Das erhöhe schon zu Beginn des Schuljahres die Belastung für Schüler und Lehrkräfte. Auch in Niedersachsen warnt die Gewerkschaft vor einem Lehrermangel.
Die Bremer Bildungsbehörde hat nach eigenen Angaben vor allem in den sogenannten Mangelfächern nach wie vor Probleme, geeignetes Lehrpersonal zu finden: In den Grundschulen fehlen demnach Lehrkräfte in den Fächern Musik und Sport, in den weiterführenden Schulen in Sonderpädagogik und den Naturwissenschaften. Daher hat die designierte rot-grün-rote Regierung in ihrem Koalitionsvertrag unter anderem festgeschrieben, dass eine Neuauflage der Studiengänge Sportpädagogik sowie Inklusive Pädagogik überprüft werden solle. Zudem werden in diesen und anderen Mangelfächern vermehrt ungelernte Seiteneinsteiger eingesetzt, erklärte eine Mitarbeiterin der Bildungsbehörde. Insgesamt 42 Seiteneinsteiger (2018: knapp ein Dutzend Seiteneinsteiger) absolvieren demnach aktuell ein 18-monatiges Referendariat. Voraussetzung ist ein abgeschlossenes Studium in einem Fach, in dem Lehrkräfte fehlen. Damit ist fast jeder sechste Referendar derzeit ein Seiteneinsteiger.
Seit 2018 gibt es außerdem eine weitere Variante des Seiteneinstiegs: Im Gegensatz zu den ungelernten Fachkräften, die ein Referendariat durchlaufen müssen, bringen diese sogenannten Lehrer in Ausbildung unter anderem schon mindestens drei Jahre Berufserfahrung in dem entsprechenden Bereich mit, und sie haben bereits pädagogisch gearbeitet. Ihre Ausbildung ist berufsbegleitend, dauert dafür aber zwei Jahre. Dieses Programm ging 2018 mit 30 Seiteneinsteigern an den Start, inzwischen sind es insgesamt 68. Diese Zahlen reichen laut GEW aber längst nicht aus, um dem Lehrermangel erfolgreich zu begegnen. „Bremen muss sich mehr um die Seiteneinsteiger bemühen und sie wesentlich stärker in ihrem Werdegang unterstützen“, sagt Sprecher Gloede.
In Berlin hatte es zuletzt Diskussionen über Seiteneinsteiger an Brennpunkt-Grundschulen gegeben: Nach Recherchen des „Tagesspiegel“ hatte sich ihr Anteil in der Lehrerschaft innerhalb von zwei Jahren an sogenannten Brennpunktschulen verdoppelt. Auch in Bremen kommen Seiteneinsteiger laut der Bildungsbehörde vergleichsweise häufig in Stadtteilen mit niedrigem Sozialindex zum Einsatz: Sie arbeiten vor allem in Bremen-Nord und im Bremer Westen.
Weitere Zahlen rund um das Schuljahr 2019/2020 präsentiert die Bildungsbehörde an diesem Dienstag. Nach Informationen des WESER-KURIER soll dann auch die neue Staatsrätin im Bildungsressort von Claudia Bogedan (SPD) vorgestellt werden. Die Nachfolge des bisherigen Amtsinhabers Frank Pietrzok wird demnach Arnhild Moning antreten. Moning ist keine Unbekannte in der Bremer Verwaltung: Aktuell leitet sie das Referat Finanzmanagement bei der Bildungsbehörde.