Mehr heiße Tage am Stück mit Temperaturen um die 30 Grad Celsius und Nächte, die kaum Abkühlung verschaffen: Der Klimawandel führt laut Forschern auch in Deutschland zu mehr Hitzewellen, gerade dicht bebaute Städte heizen sich auf. Mit Hitzeaktionsplänen sollen Länder und Kommunen besonders gefährdete Menschen vor den gesundheitlichen Gefahren schützen, 2017 veröffentlichte das Bundesumweltamt Handlungsempfehlungen für die Erstellung solcher Pläne. Gefolgt sind ihr aber erst einige wenige Städte und Kommunen. Bremen will nun nachziehen.
Was ist in Bremen geplant, um Menschen besser vor Gefahren durch Hitze zu schützen?
"Wir wollen einen Hitzeaktionsplan entwickeln, der insbesondere die vulnerablen Gruppen in den Blick nimmt", sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitsbehörde, die bei diesem Projekt federführend sei. "Ursprünglich sollte dieser Plan schon stehen, die Pandemie hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht." Zu diesen Gruppen gehörten insbesondere Menschen ab 65 Jahre, aber auch Schwangere sowie Menschen, die im Freien arbeiteten. "Eine grundsätzliche Idee, wie ein solcher Hitzeaktionsplan aussehen soll, gibt es bereits", so der Sprecher. Zum groben Konzept gehörten behördliche Hitzewarnungen, die in den vergangenen Jahren auch schon ausgesprochen worden seien, Informationen und Beratungsangebote durch das Gesundheitsamt zu Verhaltensregeln bei Hitze sowie die gezielte Ansprache von Pflege- und Senioreneinrichtungen sowie Kliniken. Auch Hamburg arbeitet aktuell an einem Hitzeaktionsplan, wie der Sprecher der Gesundheitsbehörde kürzlich dem NDR bestätigte.
Welche deutschen Städte gelten als Vorreiter?
Hitzeaktionspläne oder ähnliche Projekte gibt es etwa in Erfurt, Dresden, Köln, Worms oder Karlsruhe. Zum Aktionsplan in Erfurt etwa gehört ein Online-Hitzeportal (erfurt.de/hitze) für die Bevölkerung: Neben Warnmeldungen, Verhaltenstipps für Risikogruppen, Informationen zu hitzebedingten Notfällen gibt es eine Stadtkarte, auf der Trink- und Springbrunnen, kostenlose Wasserspender sowie kühle Orte angezeigt werden. Im Stadtgebiet wird auf das Hitzeportal hingewiesen. Die Stadt Köln ist aktuell mit ihrem "Hitzeaktionsplan für Menschen im Alter" für den Preis "Blauer Kompass" des Umweltbundesamts nominiert: Der Plan setzt vor allem auf die Sensibilisierung älterer Menschen für die Gefahren durch Hitze und auf Vorbeugung durch angepasstes Verhalten. Hitzetipps werden auch auf den Anzeigetafeln der Kölner Verkehrsbetriebe gezeigt und in einem "Hitzeknigge" zusammengefasst. Zu solchen Plänen gehören auch städtebauliche Maßnahmen, die Begrünung von Dächern etwa, wie sie auch in Bremen zur Klimaanpassungsstragie gehören.
Welche Maßnahmen zum Hitzeschutz in Städten sind außerdem möglich?
Je südlicher, desto heißer und häufiger sind Hitzewellen. Das gilt etwa für die österreichische Hauptstadt Wien, die vor wenigen Tagen ihren Aktionsplan vorgestellt hat. Nebelduschen gehören demnach schon länger zum Stadtbild. Als Akut-Maßnahmen sieht der Plan das Bereitstellen von kühlen Räumen in der Stadt, die Verteilung von Wasserflaschen an Obdachlose, den Ausbau von Trinkbrunnen sowie Nachbarschaftshilfe bei Hitzewellen vor. Weiter auf der Liste: Arbeitsplätze im Freien mit WLAN-Zugang als Alternative zum überhitzten Büro und eine "Heat Toolbox" – ein Hitze-Werkzeugkasten – mit mehrsprachigen Informationen zum Umgang mit Hitze. "Besonders wichtig sind Verhaltensmaßnahmen. Die Mortalität steigt bereits ab dem zweiten, dritten Hitzetag", zitiert die österreichische Zeitung "Die Presse" den Forscher Andreas Matzarakis von der Uni Freiburg. Zu den langfristigen Maßnahmen gehören auch neue Parks und Grünflächen sowie 25.000 zusätzliche Bäume bis 2025. Für Geriatriezentren und Pflegeheime gibt es laut dem Bericht Standards zur Dämmung und zur Installation von Außenjalousien. Französische Städte haben nach der Hitzewelle im Sommer 2003 mit Tausenden Toten in Europa ein Register mit älteren, alleinstehenden Personen eingeführt, die bei Hitze Hilfe und Beratung von Sozialarbeitern bekommen.
Wer ist besonders durch Hitze gefährdet?
"Das sind vor allem ältere und pflegebedürftige Menschen", betont Jonas Boelsen, Chefarzt im Klinikum Links der Weser in Bremen. "Die letzten beiden Sommer sind eher mild verlaufen, in den Jahren davor – insbesondere 2018 – haben wir die Auswirkungen der Hitzeperiode aber deutlich in den Kliniken gemerkt. Die Gefahr steigt bei anhaltender Hitze, wenn es auch nachts kaum abkühlt." Ältere Menschen seien gefährdet, weil sich ihr Körper sich nicht mehr so leicht an die Hitze anpasse, im Alter nehme zudem das Durstgefühl ab. "Die Gefahr ist Austrocknung durch den Mangel an Flüssigkeit und Elektrolyten", erklärt der Notfallmediziner. "Ältere Menschen merken diese schleichende Austrocknung häufig nicht. Das Risiko steigt, wenn sie alleinstehend sind." Werde nichts anderes von Arzt oder Ärztin empfohlen, sollten über den Tag verteilt etwa zwei Liter getrunken werden. Warnzeichen seien Erschöpfung, Schwindel, Konzentrationsstörungen, aber auch schlaganfallähnliche Symptome wie Krämpfe oder Lähmungen. "Dann muss umgehend der Notruf unter 112 alarmiert werden", betont der Arzt.