Zu hohe Mieten? Ein angespannter Wohnungsmarkt? Nicht bei uns, sagt die Baubehörde. Nicht in Bremen. Die Belastung für die Mieter sei in den vergangenen Jahren im Gegenteil eher gesunken. Diese Einschätzung geht aus einem internen Papier des Ressorts hervor, das dem WESER-KURIER vorliegt. Die Sammlung verschiedener Fakten zur Wohnungssituation in der Stadt ist eine Reaktion auf die Forderung der Linken, ähnlich wie in Berlin einen Mietendeckel zu entwickeln. Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) hatte dem bereits eine Absage erteilt. Nun stellt sie ihre Position auf ein Fundament. Damit bahnt sich in der neuen Regierungskoalition der erste Streit an.
Baubehörde widerspricht Bremer Linken
Vor zwei Wochen hatten sich die Bremer Linken auf einem Landesparteitag mit großer Mehrheit für einen Mietendeckel ausgesprochen. Die Bürgerschaftsfraktion der Partei wurde beauftragt, konkrete Vorschläge zu erarbeiten und die Erfahrungen aus Berlin nach Bremen zu holen. „Fast die Hälfte aller Bremerinnen und Bremer muss mehr als 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgeben, bei fast einem Viertel sind es sogar 40 Prozent“, stellt der Landesvorstand in seinem Leitantrag fest. Dem widerspricht nun die Baubehörde, und zwar entschieden.
„Die Mietbelastungsquote betrug im vergangenen Jahr in Bremen 29,7 Prozent“, heißt es in dem Papier des Ressorts. Diesen Anteil seines Nettoeinkommens zahle ein Mieterhaushalt durchschnittlich für die Bruttokaltmiete. Die Behörde beruft sich auf Zahlen des Statistischen Landesamtes. Vier Jahre zuvor habe die Quote bei 30,5 Prozent gelegen, sie sei damit aktuell unter die 30-Prozent-Grenze gesunken.
Nach Darstellung der Fachbeamten stellt der Wohnungsmarkt in Bremen kein so großes Problem dar, dass mit einem Mietendeckel gegengesteuert werden müsste. Die Bestandsmieten seien in den beiden vergangenen Jahren um fünf Prozent auf zuletzt durchschnittlich 5,91 Euro für den Quadratmeter gestiegen. In drei von vier Wohnungen werde weniger als die Fördermiete von 6,50 Euro gezahlt. Jede fünfte Mietwohnung gehöre der Gewoba und der Brebau und sei damit in städtischer Obhut. Wenn bei diesen Gesellschaften die Preisbindung für Sozialwohnungen auslaufe, bedeute das nicht automatisch, dass die Mieten erhöht würden. Bei der Gewoba zum Beispiel lägen die nicht mehr preisgebundenen Wohnungen zu rund 77 Prozent weiterhin unterhalb der Fördermiete.
Sozialwohnungsquote steigt auf 30 Prozent
In Bremen gibt es etwa 170.000 Wohnungen, 6900 davon werden öffentlich bezuschusst. Gegenüber früheren Jahren ist das nur noch ein sehr geringer Anteil. 1991 waren es nach Angaben der Baubehörde 61.300 Sozialwohnungen, zehn Jahre später 19.800, und nach weiteren zehn Jahren 8100. Die Kurve ging kontinuierlich nach unten. Um diese Entwicklung zu stoppen, hatte der Senat vor sieben Jahren das erste Mal ein Wohnraumförderprogramm aufgelegt. Im März dieses Jahres waren noch einmal 25 Millionen Euro bewilligt worden. Das gesamte Darlehensvolumen für Bremen und Bremerhaven liegt nun bei 185 Millionen Euro. Benötigt wird das Geld, um die 25-Prozent-Sozialwohnungsquote abzusichern. Bauträger müssen diesen Anteil garantieren, wenn sie ihre Projekte auf einem Grundstück entwickeln wollen, das sie von der Stadt kaufen. Künftig werden es sogar 30 Prozent sein.
Zuwachs bei den geförderten Einheiten, niedrige Bestandsmieten – ein Bild, das für die Baubehörde keinen Mietendeckel rechtfertigt. Bleiben die Angebotsmieten, die zu Buche schlagen, wenn neu vermietet wird. Dies trifft pro Jahr auf etwa zehn Prozent aller Wohnungen zu. „Der Wert der Angebotsmieten ist in Bremen von 2012 bis 2018 um 30 Prozent gestiegen“, rechnet die Behörde vor. Im Durchschnitt liege er heute bei 8,50 Euro pro Quadratmeter. Bremen habe in diesem Bereich im Vergleich mit anderen Halbmillionenstädten einen Platz im unteren Mittelfeld.
„Wir werden das erst mal nicht verfolgen“, hatte Bausenatorin Schaefer zum Mietendeckel gesagt. Das Papier ihrer Behörde bestätigt sie in dieser Auffassung. Gleichzeitig gibt es aber den klaren Parteitagsbeschluss der Linken. Er war gefasst worden, nachdem Schaefer Position bezogen hatte. Und es gibt die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, wonach ein Mietendeckel „auch für Bremen oder für einzelne Stadtteile in Betracht kommen kann“.