Bremen hat nach dem Bekanntwerden von elf neuen Corona-Fällen die Erstaufnahme von Geflüchteten von Vegesack nach Obervieland verlegt. Wie Sozialsenatorin Anja Stahmann mitteilte, war am Montag bei elf von 70 symptomlos getesteten Personen das Coronavirus nachgewiesen worden. Erst am vergangenen Donnerstag hatte es 33 Fälle des Virus in der Erstaufnahme an der Lindenstraße gegeben. In der Erstaufnahme in Vegesack leben derzeit 374 Personen, ausgelegt ist die Einrichtung für bis zu 750 Personen. Zukünftig sollen alle Bewohner sowie das gesamte Personal auf das SARS-CoV-2-Virus getestet werden. „Die Erstaufnahme ist damit der einzige Lebensbereich, in dem sämtliche Personen einer Reihenuntersuchung unterzogen werden“, so Anja Stahmann. Durch die Reihentests würde eine hohe Dunkelziffer aufgedeckt, die sonst unbemerkt bliebe, da die Erkrankung symptomlos verlaufe.
Die Erstaufnahme von Geflüchteten soll nun vorübergehend in Obervieland stattfinden. Dort befindet sich eine Zweigstelle der Einrichtung in Vegesack. Von den 235 Wohnplätzen dort sei bislang die Hälfte belegt. Rund um die Einrichtung an der Lindenstraße hatte es in den vergangenen Wochen vermehrt Proteste gegeben. Geflüchtete und Aktivisten forderten immer wieder die Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung, nachdem dort immer wieder Personen am Coronavirus erkrankt waren. Sozialsenatorin Anja Stahmann hatte in einem Gastkommentar im WESER-KURIER am Sonntag die „ideologisch begründete Kontroverse“ um die Lindenstraße kritisiert. Eine vollständige Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung sei alleine wegen mangelnder Alternativen keine Lösung.
Bereits im März habe man besonders Schutzbedürftige aus der Erstaufnahme ausziehen lassen, betonte Stahmann. Seitdem hätten rund 250 Menschen die Einrichtung verlassen. Das über Jahre ausgebaute System der Flüchtlingsunterbringung sei aber nicht darauf ausgelegt, in einer Pandemie jede und jeden in einem abgeschlossenen Appartement unterzubringen, wie es derzeit wünschenswert wäre, so Stahmann. Jedes Übergangswohnheim sei jedoch an eine Wohnraumvermittlung angeschlossen, die beim Suchen der Wohnung, dem Zustandekommen eines Mietvertrags und dem konkreten Umzug Unterstützung leistet. „Ich habe großes Verständnis dafür, dass es den Wunsch gibt, dieses System weiter auszubauen“, sagte sie. „Faktisch stoßen wir aber an Grenzen auf dem Wohnungsmarkt.“