Zunächst herzlichen Glückwunsch zum hervorragenden Abitur! Was fangen Sie jetzt damit an?
Eric Decker: Ab September mache ich ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr), jeweils zur Hälfte im Ortsamt Hemelingen und in der Senatskanzlei. Dabei geht es um Jugendbeteiligung in den Beiräten. Danach läuft es wohl auf ein Studium hinaus, aber da bin ich bei der Fachrichtung noch nicht ganz festgelegt. Informatik interessiert mich, Steuerberatung auch.
Engagieren Sie sich schon länger sozial oder politisch oder auf beiden Feldern?
Schon seit 2018 sitze ich hier bei uns in Huchting im Jugendbeirat. So ist auch der Kontakt zur Senatskanzlei entstanden.
Lagen Ihre Abi-Prüfungsfächer auch im Bereich Gesellschaftswissenschaften und Politik?
Größtenteils nicht. Meine Leistungskurse waren Mathematik und Informatik, aber als drittes Prüfungsfach schriftlich hatte ich Politik und als viertes mündlich dann Englisch.
Vor welchen Aufgaben und Fragen hatten Sie am meisten Bammel oder Respekt?
Das Mathe-Zentral-Abi ist für alle Schülerinnen und Schüler sehr Respekt einflößend.
Zentral-Abi heißt, die Aufgaben sind in Bremen und Bayern gleich?
Von den Aufgaben her ist es in Bremen vollständig zentral. Aus einem festen Pool können die Lehrer noch unter den Aufgaben auswählen. Aber auch bundesweit gibt es immer mehr Zentralisierung, denn dieser Aufgaben-Pool wird vom IQB (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, d. Red.) entwickelt und allen Bundesländern zur Verfügung gestellt. Die meisten Aufgaben, aber nicht alle, werden auch in Bremen aus diesem Pool übernommen.
Und worauf sind Sie – abgesehen von der Gesamtleistung – besonders stolz?
Auf zwei Dinge. Zum einen, dass ich es geschafft habe, in der Mathe-Klausur tatsächlich 15 Punkte zu schreiben. Das hatte ich nicht erwartet. Zudem bin ich stolz, dass ich im letzten Halbjahr in Deutsch 15 Punkte erhalten habe, nachdem es zuvor dreimal 14 Punkte waren.
„Wo Abi draufsteht, sollte auch Abi drin sein“, sagte eine Bremer Bildungspolitikerin mit Blick auf die vielen Spitzenergebnisse hier. Haben Sie das Gefühl, Ihr Jahrgang wurde eher gepusht als gefordert?
Nein, das kann man so nicht sagen. Diese Aussage ist wirklich eine Frechheit, gerade mit Blick auf die 117 Schülerinnen und Schüler, die mit einer Gesamtnote von 1,0 das beste Ergebnis erreicht haben, das überhaupt möglich ist. Von denen ist wirklich keiner auf den Kopf gefallen, die hätten in allen Bundesländern richtig gute Noten geschrieben. Wir wurden genauso gefordert wie andere Jahrgänge – vielleicht sogar noch mehr, da wir zwei Oberstufen-Jahre lang unter der Corona-Situation leiden mussten.
Was war besonders belastend?
Die immer wechselnden Unterrichtsformen. Etwa ein Digitalunterricht, der noch nicht richtig eingespielt war. Ja, wir hatten deshalb in der Abi-Prüfung eine halbe Stunde mehr Zeit, aber deshalb haben wir das Abi noch lange nicht geschenkt bekommen.
Andere sagen, für begabte Schüler war die corona-bedingte Isolation förderlich: Sie hatten mehr Ruhe und weniger Ablenkung. War das bei Ihnen so?
Ich bin sehr gut damit klargekommen, weil ich es meistens auch schaffe, für mich selbst zu arbeiten. Schulisch hat es mir zumindest nicht geschadet – ob es auch genutzt hat, ist eher spekulativ. Denn man verliert ja auch Gemeinsamkeit, soziale Kontakte.
Wenn Sie zurückblicken: Wurde die Corona-Krise an Ihrem Gymnasium oder in Bremen ganz allgemein gut bewältigt?
Ich glaube, wir haben das in Bremen und auch bei uns in der Schule gut hinbekommen. So wurden früh flächendeckend alle Schülerinnen und Schüler mit Ipads ausgestattet, also mit digitalen Endgeräten. Dadurch hatten auch jene einen Zugang zu Quellen, die ihn vorher nicht hatten.
Auf die 100.000 beschafften Schüler-Ipads ist die Landesregierung ja besonders stolz. Was hat Ihnen Ihr Ipad im Unterricht gebracht?
Es hilft schon, wenn man im Unterricht die neuen digitalen Lernformen mit den klassischen verbinden kann. Natürlich sind Notizen auf Zetteln sinnvoll, aber es ist bei Projekten eben auch schön, im Internet recherchieren zu können. Man kann bei Projekten auch die Ergebnisse ganz anders präsentieren.
In Deutschland ist Bildungserfolg immer noch sehr abhängig von der sozialen Herkunft, der Familie, heißt es oft. Wie sehen Sie das, auch mit Blick auf Ihre Klassen und Kurse?
Diesen Zusammenhang bestätigen ja sehr viele Studien. Es gibt allerdings auch viele positive Beispiele, die zeigen, dass es auch anders sein kann. Bei uns an der Schule hier in Huchting gibt es eine Reihe Schülerinnen und Schüler, die sagen: Wir sind die Ersten in unserer Familie, die das Abitur schaffen. Der Aufstieg kann also auch klappen, wenn nicht beide Elternteile Akademiker sind.
Wie lernt man am besten? Haben Sie einen Tipp für diejenigen, die nächstes Jahr Abi machen?
Es hilft auf jeden Fall, in Gruppen zu lernen. Wir haben dann überlegt, was alles drankommen kann, und die Themen durchgearbeitet. Es ist wichtig, sich einen Überblick zu verschaffen. In den meisten Fächern gibt es zwei große Schwerpunktthemen, aber dann kommt eine ganze Fülle von Unterthemen hinzu. Das kann man ja kreativ visualisieren, eine Art Mindmap erstellen. Man versteht dann auch die Zusammenhänge besser.
Vom berühmten Mut zur Lücke raten Sie also definitiv ab.
Richtig, auch wenn es vielleicht in einigen Fächern funktionieren kann, wo man zwischen zwei Klausuren auswählen kann.
Wie haben Sie sich entspannt, wenn wirklich gar nichts mehr in den Kopf ging?
Man sollte sowieso nur in verträglichen Portionen lernen. Danach die Sachen weglegen und etwas ganz anderes lesen, Sport machen oder auch fernsehen.
Sie spielen begeistert Rugby – blieb Ihnen denn noch Zeit fürs Training?
Manchmal fiel es wegen einer Klausur aus, aber einmal pro Woche habe ich es doch meistens geschafft. Es hilft einfach auch, abzuschalten und nicht nur ans Lernen zu denken.
Ganz schnell, ohne langes Nachdenken: Die drei besten Dinge in meiner Schulzeit waren…
... die Atempausen während der Maskenpflicht, die Zeit vor den Osterferien im letzten Schuljahr und die Veranstaltung "Jugend debattiert". Das hat echt Spaß gemacht, vor allem der Workshop zusammen mit anderen Schulen in Worpswede.
Und nun bitte schnell vollenden: Ich bin froh, dass ich nie wieder…
... Deutsch-Klausuren schreiben muss.
Sie hatten auch hier 15 Punkte, das kann Ihnen doch nicht schwergefallen sein.
Spaß machte es mir trotzdem nicht, irgendwelche Szenen-Analysen zu schreiben.