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Abi-Jahrgang 2022 Mehr Abiturienten mit Bestnote in Bremen

Um fast zwei Drittel ist die Zahl der Abis mit einem Schnitt von 1,0 im Land Bremen angestiegen. Bildungsexperten sehen auch in den Corona-Zeiten einen Grund dafür.
14.07.2022, 05:00 Uhr
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Mehr Abiturienten mit Bestnote in Bremen
Von Frank Hethey

Bei den Abiturprüfungen im Land Bremen ist die Bestnote deutlich öfter vergeben worden als im vergangenen Jahr. Laut Bildungsbehörde haben 117 Schülerinnen und Schüler eine Abiturnote von 1,0 erreicht. Das sind fast zwei Drittel mehr als im Vorjahr: 2021 kamen 75 Prüflinge auf den Spitzenwert. Die 1,0-Quote im Land Bremen steigt damit von 2,8 auf 4,6 Prozent. Legt man die Zahlen von 2021 zugrunde, würde Bremen im Ländervergleich auf dem zweiten Platz rangieren. Einzig in Thüringen gab es vor einem Jahr mit einer Quote von fünf Prozent noch mehr Top-Abis.

Den auffallenden Anstieg erklärt Claudia Dreyer, Sprecherin der Gymnasialleitungen in der Stadt Bremen, mit einer deutlich vergrößerten Leistungsschere in Corona-Zeiten. „Die Guten sind noch besser geworden, und am unteren Ende der Leistungsskala haben wir mehr Schülerinnen und Schüler verloren“, sagt sie. Die sehr guten Schüler hätten zu Hause ungestört und sehr erfolgreich lernen können. Aus Dreyers Sicht sind diese Schüler mitunter übers Ziel hinausgeschossen. „Sie konnten sich nicht rückversichern, was und wann es ausreicht, und haben es auch teilweise übertrieben.“

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In diesem Jahr sind auch mehr Schüler durch die Abi-Prüfung gefallen als in den beiden Vorjahren. Die aktuelle Quote liegt bei 4,8 Prozent. Das ist ein leichter Anstieg gegenüber 2021 und 2020, als die Quote bei 4,6 und 4,3 Prozent lag. Dreyer ist von diesem Trend nicht überrascht. Die Leiterin des Gymnasiums an der Hamburger Straße verweist auf Schüler, die mit der Pandemie und dem Alleinlernen nicht zurechtkamen. Solche Schüler hätten sich zurückgezogen, manche hätten sich dem Lernen ganz verweigert.

In Niedersachsen ist kein sprunghafter Anstieg der Bestnoten zu beobachten. Zwar erreichten auch im Nachbarland mehr Abiturienten eine 1,0 als im Vorjahr. Die Quote kletterte von 2,2 auf 2,3 Prozent. Geringer als in Bremen ist in Niedersachsen die Zahl derer, die das Abitur nicht geschafft haben: Die Quote liegt bei 4,3 Prozent. Das Kultusministerium spricht von einem „guten Wert“ im Vergleich zu den Vorjahren, deutlich niedriger sei die Quote nur 2021 gewesen.

Wo Abi draufsteht, sollte auch Abi drin sein
Birgit Bergmann

Kritisch sieht FDP-Bildungsexpertin Birgit Bergmann die Bremer 1,0-Quote. „Wo Abi draufsteht, sollte auch Abi drin sein“, sagt sie. Die Bremer Bildungsmisere sei nicht gelöst, wenn man die Noten nach oben drücke. „Für den Einzelnen ist das vielleicht ein Vorteil, für Bremen nicht.“ Bergmann verweist auf die anhaltenden Klagen von Unternehmen und Berufsschulen über hiesige Schulabgänger. In ihren Augen könnte es für manchen Schüler ein böses Erwachen in der Ausbildungsrealität geben.

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Weniger skeptisch urteilt die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Yvonne Averwerser. Sie macht auf erleichterte Rahmenbedingungen für den Abi-Jahrgang 2022 aufmerksam. Die Prüfungszeiten seien verlängert und Themenbereiche eingeschränkt worden. Darin sieht Averwerser aber nicht den Hauptgrund für den Anstieg der Spitzen-Abis. Offenbar sei das Lernen unter Corona-Bedingungen einigen Schülern entgegengekommen – „nämlich der Klientel, die sich selbst etwas beibringen kann“.

Von einem Bremer Abi-Bonus will Averwerser nicht sprechen. Die Anforderungen seien gemäß dem Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) vergleichbar mit denen in anderen Ländern gewesen. „In den Gymnasien sitzen schon die Leistungsträger“, sagt Averwerser. Wie die Zahlen wirklich zu bewerten sind, werde sich im kommenden Jahr erweisen. „Man muss im Blick behalten, ob es so bleibt.“ Problematisch sind nach ihrer Einschätzung die Abschlüsse an den Oberschulen.

Keinen Grund zur Beunruhigung sieht die Bildungsbehörde mit Blick auf jene Schülerinnen und Schüler, die das Abitur nicht geschafft haben. „Die Durchfaller-Quote bewegt sich im Rahmen der letzten Jahre“, sagt Ressortsprecherin Maike Wiedwald. In Bremen habe sie in den Vorjahren zwischen 4,3 und 5,8 Prozent gelegen. Ein Blick auf die Statistik zeigt: Im vergangenen Jahr sind in keinem anderen Bundesland so viele Schüler durch die Abi-Prüfung gefallen wie in Bremen, die Quote lag bei 4,6 Prozent.

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Insgesamt haben in diesem Jahr 2563 Jugendliche im Land Bremen das Abitur bestanden: 2017 in der Stadt Bremen und 546 in Bremerhaven. Die Erfolgsquote liegt bei 95,2 Prozent. Berücksichtigt man den Anstieg der Durchfaller-Quote, ist die Erfolgsquote rückläufig. 2021 lag sie bei 95,5 Prozent, 2020 bei 95,7 Prozent. Den Notendurchschnitt gibt die Bildungsbehörde mit 2,32 an, das ist exakt der Vorjahreswert. Zum Abitur zugelassen waren 2692 Schülerinnen und Schüler.

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