An kontroversen Diskussionen zur Polizeireform hat es nicht gefehlt, seit Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) Ende Juli 2017 seine Pläne zur künftigen Organisation der Polizei in Bremen vorstellte. Insbesondere die Umstrukturierung der Polizeireviere wurde dabei zum Streitpunkt. Trotzdem blieb all dies für die Bevölkerung bislang nur Theorie. Doch das ändert sich jetzt – 2018 erreicht die Polizeireform die Bremer Bürger.
Polizeipräsident Lutz Müller kennt die Vorbehalte gegen die Reform. Und wird nicht müde, dagegenzuhalten: „Wir bleiben in jedem Stadtteil! Wir schließen keinen Standort! Wir sind weiterhin überall mit Revieren präsent!“, betont er. Nur eben künftig nicht mehr mit dem gewohnten Personal und den gewohnten Angeboten. Und nicht mehr mit den gewohnten Öffnungszeiten. Denn die werden in den Polizeirevieren stark reduziert.
Statt acht Stunden täglich haben die Reviere künftig nur noch zwei Stunden geöffnet, von 10 bis 12 Uhr und einmal in der Woche nachmittags von 15 bis 17 Uhr. In den Polizeirevieren werde eine Grundausstattung vorgehalten, erklärt Müller. Es werde eine Revierleitung geben, Verkehrssachbearbeiter und Kontaktpolizisten (Kops). „Und die Reviere werden auf jeden Fall auch weiterhin Fahrzeuge haben“, räumt der Polizeipräsident mit einer ebenfalls häufig geäußerten Sorge auf.

Polizeipräsident Lutz Müller erhofft sich von der Polizeireform eine erhöhte Schlagkraft und Flexibilität für seine Beamten.
Das volle Polizeiangebot rund um die Uhr bekommt der Bürger künftig allerdings nur noch in sechs sogenannten Kommissariaten: Vahr, Mitte, Am Flughafen, Gröpelingen, Osterholz und Vegesack werden deren Standorte mittelfristig lauten. An diesen Zentralstandorten werden alle Einheiten zusammengezogen, die in den jeweiligen Regionen tätig sind, erläutert Müller: Leitungsebene, Einsatzdienst, Ermittler, Schwerpunktmaßnahmen, Anzeigenaufnahme...
Der erste konkrete Schritt dieser Zentralisierung wird die Umstellung der Anzeigenaufnahme sein. Ursprünglich geplant war sie für Anfang des Jahres, dieser Termin sei jedoch wegen der räumlichen Gegebenheiten nicht zu halten gewesen, sagt Müller und spricht nun von „in der ersten Jahreshälfte“. Abhängig sei dies nicht zuletzt von Immobilien Bremen. „Aber die sind ja mit dem Umbau von Kindergärten und Grundschulen derzeit voll ausgelastet.“
Noch Jahre bis zur Umsetzung aller Pläne
Dass die Bürger künftig in ihren ortsnahen Revieren keine Anzeige mehr erstatten können, sondern nur noch in den sechs zentralen Kommissariaten, sieht Müller nicht als Problem an. „Drei Viertel aller Anzeigen werden auch heute schon vom Streifenwagen aufgenommen.“ Zudem werde man die Online-Wache ausbauen. Bislang konnte der Bürger dort lediglich Fahrraddiebstähle und Sachbeschädigungen melden, 2018 soll dies auf Betrugs- und Verkehrsdelikte erweitert werden.
Geplant ist außerdem, das Terminvergabesystem für die zentralen Polizeikommissariate online anzubieten. Im Januar wird Müller den Fahrplan für die Polizeireform in der Innendeputation vorstellen. Bis zur Umsetzung aller Pläne würden noch Jahre vergehen, erklärte Bremens Polizeipräsident vorab im Gespräch mit dem WESER-KURIER.
Und hatte dabei in erster Linie die baulichen Hürden im Blick, die es zu überwinden gilt. Den größten Teil der Kräfte in sechs Kommissariaten zu konzentrieren, erfordere räumliche Voraussetzungen, die an den meisten Standorten noch nicht gegeben sind. „Alle Einheiten optimal zu zentrieren ist ein langer Weg, der Geld kostet.“ Und an fast allen Standorten Entscheidungen fordern werde: Umbau, Neubau, Mietlösungen, Investorenmodelle?
So sozialverträglich wie möglich
In jedem Fall werde dieser Prozess mit einer Reihe von Zwischenlösungen und Kompromissen einhergehen, kündigte Müller an. Und hatte diesmal vor allem seine Mitarbeiter im Blick. Die Umstrukturierung der Kommissariate und Reviere fordere dem Einzelnen ohnehin eine Menge ab. So müssten beispielsweise viele der Mitarbeiter aus den heutigen kleineren Revieren künftig an anderen Standorten arbeiten.
„Wir versuchen, das aber so sozialverträglich wie möglich umzusetzen.“ Hinzu käme die bekannte angespannte personelle Situation bei zugleich gewachsenen Herausforderungen. Hierauf sei mit der Einstellung größerer Ausbildungsjahrgänge zwar reagiert worden. „Aber bis Ende 2019 wird das eine richtige Quälnummer.“
Unter dem Strich werde die Polizeireform aber die Schlagkraft und Flexibilität der Polizei erhöhen, ist sich Müller sicher. Es gehe darum, zentrale Prozesse zu stärken und die unterschiedlichen Kompetenzen und Fähigkeiten der Polizei bedarfs- und zielorientiert einzusetzen. „Wir wollen verlässlicher und schneller werden.“