Diese Geschichte aus dem Jahr 2019 klang wie ein schlechter Witz: Ein Beauftragter für Schwerbehinderte, dessen Büro für Schwerbehinderte nicht erreichbar ist ... Um es vorwegzunehmen: An der Situation von Marco Bockholt, seines Zeichens Gesamtschwerbehindertenvertreter für das Land und die Stadtgemeinde Bremen, hat sich seit Mai dieses Jahres, als der WESER-KURIER über ihn berichtete, nichts geändert. Doch immerhin macht Bockholt inzwischen einen recht konkreten Silberstreif am Horizont aus.
Marco Bockholt ist der Ansprechpartner für die Schwerbehindertenvertreter aller Bremer Behörden sowie für etwa 40 Dienststellen, in denen es keine Vertretung für Schwerbehinderte gibt. Rund 1700 schwerbehinderte Menschen arbeiten in Bremens Behörden. Sie alle können sich mit ihren Fragen, Sorgen und Nöten an ihn wenden.
Was sie aber besser telefonisch machen sollten. Zumindest, wenn sie im Rollstuhl sitzen. Denn persönlich zu erreichen ist Bockholt nur schwer, wenn man zum Beispiel im Rollstuhl sitzt. Sein Büro befindet sich im dritten Stock der Knochenhauer Straße 20-25. Und der Fahrstuhl dorthin ist nicht behindertengerecht. Klein, eng, die Tür zur Kabine muss per Hand aufgezogen werden. Im Kreise seiner Klientel ist dies bekannt. Will ihn jemand sprechen, sucht Bockholt den Betroffenen in der Regel an dessen Arbeitsplatz auf. Was aber nicht immer möglich sei, denn manche Gespräche müssten vertraulich geführt werden. Als letzter Ausweg bliebe dann meist nur ein Treffen irgendwo in der Stadt.
Im Bremer Senat ist dieses Problem seit Langem bekannt. Auch, dass die fehlende Barrierefreiheit dazu führt, dass Rollstuhlfahrer am Fahrstuhl auf einen Bürostuhl umgesetzt werden, mit dem sie dann in den Fahrstuhl passen und anschließend im dritten Stock zu Bockholts Büro, ganz hinten rechts am Ende des Ganges, gerollt werden können. Allein, es fehle an geeigneten Alternativräumlichkeiten, hieß es seitens des Senats Mitte des Jahres auf eine entsprechende Anfrage. Immobilien Bremen prüfe mit Hochdruck verschiedene Optionen.
In ein bis zwei Jahren könne sich etwas ergeben
Das war im Mai dieses Jahres, doch Marco Bockholt sitzt nach wie vor im dritten Stock in der Knochenhauer Straße. Seither habe es immer wieder Gespräche mit der Finanzbehörde und Immobilien Bremen gegeben, berichtet der Gesamtschwerbehindertenvertreter. „Aber in den Dienstgebäuden Bremens gab es entweder keine freien Räume oder sie waren nicht barrierefrei.“ Eine Zeit lang habe man die Hoffnung auf Verschiebungen nach der Bürgerschaft gesetzt. Dass durch die mit den neuen Ressortzuschnitten verbundenen Umzüge etwas Passendes frei werde. „Hat aber auch nicht geklappt.“ In ein bis zwei Jahren könne sich etwas ergeben, habe es geheißen. „So genau wusste man das aber nicht.“
Einmal sei etwas frei geworden. „Aber nur bis Mai 2020, dann hätte man wieder suchen müssen“, berichtet Bockholt. „Aber auf so ein Spielchen lasse ich mich nicht ein. Wenn, dann muss es was Dauerhaftes sein.“ Darüber hinaus habe es auch Angebote und Besichtigungen auf dem freien Markt gegeben, manche davon aber klar erkennbar „aus der Not heraus“. Da habe dann meist ein einziger Blick gereicht, um zu sehen, dass es nicht passt. „Es geht ja nicht nur um die Büroräume selbst, sondern auch um die Frage, wie sie für Schwerbehinderte mit dem Pkw zu erreichen sind.“
Es gebe aber in der zuständigen Finanzbehörde sehr viel guten Willen und das ernsthafte Bemühen, etwas an der misslichen Raumsituation zu ändern, betont Bockholt. „Der Bedarf und der Anspruch werden anerkannt. Alle sagen, dass ich barrierefrei erreichbar sein muss.“ Zugleich gebe es natürlich Zwänge, nicht zuletzt durch die Haushaltssituation.
Umso mehr freue er sich, dass sich eine Lösung in einem zentral gelegenen Bürogebäude Bremens ergeben könnte. „Dass muss zwar noch barrierefrei umgebaut werden, aber es gibt ein Angebot des Vermieters.“ Denkbar also, dass dieses Thema 2019 nicht auch noch das Jahr 2020 überdauern wird.