Um die Angemessenheit der Bremer Abwassergebühr wird seit Jahren vor Gericht gestritten. Der emeritierte Volkswirtschaftsprofessor Ernst Mönnich klagt sowohl gegen seinen persönlichen Abgabenbescheid als auch gegen eine 2017 von der Bürgerschaft beschlossene Gebührenerhöhung. Er ist überzeugt, dass der private Entsorger Hansewasser über die von der Stadt erhobene Gebühr zu viel für den Betrieb von Kläranlagen und Kanalnetz kassiert. Doch das Gerichtsverfahren stockt schon länger. Eigentlich sollte eine Preisprüfung durch die dafür zuständige Fachstelle in der Wirtschaftsbehörde das Verfahren voranbringen, aber diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Mönnich spricht nun von "Beamtenmikado" – offenbar solle die juristische Klärung des Sachverhalts auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Die Wirtschaftsbehörde weist diesen Vorwurf zurück.
Worum geht es in dem Verfahren?
Hintergrund des Rechtsstreits ist die 1998 vollzogene Privatisierung der Bremer Abwasserentsorgung. Die vormals kommunale Dienstleistung wurde seinerzeit Hansewasser übertragen, einem Konsortium der Firmen Gelsenwasser und SWB. Auch die Stadt Bremen ist mit 25,1 Prozent beteiligt. Hansewasser betreibt also die Stadtentwässerung und refinanziert sich durch die Einnahmen aus der Abwassergebühr. Der frühere Professor Mönnich ist aufgrund eigener Berechnungen davon überzeugt, dass diese Gebühr zu hoch angesetzt ist. Im Kern geht es dabei um die Kreditkosten, die Hansewasser für den Erwerb des Entsorgungsnetzes entstanden sind. Auf den Betrag in dreistelliger Millionenhöhe, so argumentiert Mönnich, zahle Hansewasser nur einen realen Zins von gut einem Prozent, mache aber einen rechtlich zulässigen, sogenannten kalkulatorischen Zins von 6,5 Prozent geltend. Aus der Differenz erwirtschafte Hansewasser einen durch nichts gerechtfertigten Gewinn.
Was fordert der Abwasserrebell?
Ernst Mönnich verlangt von der Stadt, diese Praxis im Sinne der Bürger zu unterbinden. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt mache der Übergewinn von Hansewasser eine Belastung von rund 60 Euro pro Jahr aus. Dem Senat wirft der ehemalige Professor Untätigkeit vor. Deshalb seine Klagen, die inzwischen vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) anhängig sind. "Ich vermisse den Willen der Politik, sich mit dem Thema zu beschäftigen", sagt Mönnich.
Woran hakt das Gerichtsverfahren?
Bereits vor mehreren Jahren beschloss das OVG, eine Expertise bei der Preisprüfungsstelle der Bremer Wirtschaftsbehörde zu der Frage einzuholen, wie ein angemessenes Entgelt für die Leistungen von Hansewasser aussehen könnte. Rund zwei Jahre gingen ins Land, bis die Wirtschaftsbehörde dem Gericht im Januar 2022 schließlich mitteilte, dass eine solche Prüfung "erhebliche Zeit" in Anspruch nehmen würde. Daraufhin erwog das OVG, ersatzweise eine private Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einem solchen Gutachten zu beauftragen. Eine solche Expertise würde allerdings hohe Kosten verursachen. Die Rede ist von einem fünfstelligen Betrag. Mönnich und seine Mitstreiter wollen sich einem solchen Kostenrisiko nicht aussetzen. Sie sehen den Senat in der Pflicht. "Man lässt uns in dieser Frage aber ins Leere laufen", kritisiert Mönnich. Der Senat mache in der Frage, wie das Gutachten finanziert werden soll, keine konstruktiven Vorschläge. Er betreibe vielmehr "Beamtenmikado" – nach dem Motto: Wer sich zuerst bewegt, verliert.
Wie geht es nun weiter?
Die Verwaltung weist Mönnichs Darstellung zurück. Der Sprecher der Wirtschaftsbehörde, Christoph Sonnenberg, erinnert an einen Senatsbeschluss vom November vergangenen Jahres. Darin habe sich der Senat "positiv zu einer entsprechenden Überprüfung der Gebühren verhalten". Die Aufteilung der Kosten für ein Gutachten sei jedoch nicht Sache der Behörden, sondern des Gerichts. Das OVG wartet nach eigener Darstellung derzeit auf Rückmeldungen der Prozessparteien in dieser Sache. Vorher könne es mit dem Verfahren nicht vorangehen. Sollten keine Stellungnahmen eingehen, werde der zuständige OVG-Senat "darüber entscheiden, ob gleichwohl ein durch eine private Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstelltes Gutachten eingeholt werden soll". Nach Beschleunigung klingt das alles nicht. Immerhin: Mönnichs Anwalt Benno Reinhardt hofft, dass das OVG bei der Preisprüfung "noch in diesem Jahr" Klarheit schafft.