"Einmal warme Gänsekeule mit Rotkohl. Bitteschön" – Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne), in ihrer Eigenschaft als zweite Vorsitzende der WESER-KURIER-Weihnachtshilfe, und Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff (CDU) verteilen im nassgrauen Wetter gemeinsam mit zahlreichen Helfern Weihnachtsessen an Wartende im Nelson-Mandela-Park. Ein kurzer Plausch gehört dabei genauso dazu, wie die Mahlzeit selbst: Die Benefizaktion "Dein Festmahl" ermöglicht es Bedürftigen auch in diesem Jahr wieder, an 18 Orten im gesamten Stadtgebiet eine von 1000 weihnachtlichen Essensrationen zu erhalten. Auch Rucksäcke und Weihnachtstaschen mit Wärmedecken, Hygieneartikel oder Süßigkeiten zählen zu der verfrühten Bescherung.
Ursprünglich finde das jährliche Mahl in der Stadthalle statt – mit festlichem Essen, Showprogramm, prominenter Unterstützung und speziellen Angeboten wie einem Friseurservice und einer ärztlicher Beratung, wie Simon Zeimke vom Verein "Dein Festmahl" erklärt. Coronabedingt sei dies aber, wie bereits im vergangenen Jahr, nicht möglich. Also hätten sich die Verantwortlichen für eine dezentrale Veranstaltung unter freiem Himmel entschieden. "Wir bedauern sehr, dass dadurch die weihnachtliche Atmosphäre und geplanten Musik-Acts ausfallen müssen", sagt er. In diesem Jahr hätten sich nämlich Sänger wie Lotto King Karl, Sonia Liebing und Claudia Jung angekündigt.
Doch auch ohne den gewohnten Ablauf sei die Resonanz "überwältigend". Eine Vielzahl an Spenden sei eingegangen. Damit die ganze Aktion gestemmt werden könne, seien zudem insgesamt mehr als 150 Helfer im Einsatz. Sie hätten zuvor die Weihnachtstaschen gepackt, Fahrdienste übernommen und an den Austeil-Stationen unterstützt. Auch die Bremer Suppenengel, der Verein Innere Mission Bremen, die Caritas Bremen und die Bremer Tafel beteiligen sich als Sozialpartner am Festmahl.
"Der Kontakt zu den Menschen ist das Schönste, ihnen zu zeigen, dass sie nicht vergessen werden", begründet Helferin Tanja Ulrich ihr Engagement. Die Buchhalterin setzt sich seit fünf Jahren ehrenamtlich für Bedürftige ein. Für sie sei es selbstverständlich, auch an diesem Tag mit dabei zu sein. Seynep Cakarer ist eine derjenigen, die sich eine Portion Gänsekeule mit Rotkohl und Knödeln abholt. Die 82-Jährige komme jeden Dienstag in den Nelson-Mandela-Park, wenn die Bremer Suppenengel dort Mittagessen verteilen. Ihre Rente reiche "trotz der 27 Jahre Arbeit nicht aus". Auch am Tag der Benefizveranstaltung sei sie hier. Dass es neben dem festlichen Essen noch Weihnachtstaschen mit vorweihnachtlichen Süßigkeiten und Schokolade gebe, freue sie besonders. "Darüber bin ich dankbar", sagt sie.
Politik muss gegen Armut vorgehen
"Wir sehen jedes Jahr die Freude in den Gesichtern der Menschen. Deshalb war eine Absage trotz coronabedingter Schwierigkeiten keine Option", berichtet Sprecher Lübbo Roewer vom Deutschen Roten Kreuz. Gemeinsam mit der WESER-KURIER-Weihnachtshilfe unterstützt das DRK die Veranstaltung. "Aktionen wie diese sind besonders wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt", sagt David Koopmann, Vorstand der Bremer Tageszeitungen AG und Vorstandsmitglied der WESER-KURIER-Weihnachtshilfe. Es sei wichtig, dass auch die nicht vergessen werden, die Unterstützung brauchen. Diese Hilfe könne man nicht alleine dem Staat überlassen. "Jeder ist gefragt." Zusammen mit Silke Hellwig, Vorsitzende des Vereins, verteilte Koopmann Gänsekeulen mit Klößen und Rotkohl. Das sei zumindest eine kleine vorweihnachtliche Freude für die Bremerinnen und Bremer, die es im Leben schwerer hätten als andere.
Als "Tradition" bezeichnet Sozialsenatorin Stahmann die Benefizveranstaltung, die zum fünften Mal stattgefunden hat. Sie sei "vor allem ein Zeichen, dass jeder dazu gehört", sagt Stahmann. Bürgerschaftspräsident Imhoff fügt hinzu, dass solche Aktionen "nur ein Pflaster sein können. Vor allem die Politik ist gefragt, gegen Armut vorzugehen". Laut Roewer und Zeimke sollen in Zukunft noch weitere solcher Aktionen folgen – unabhängig von der Vorweihnachtszeit.