Seit Jahren haben die Anrainer der Straße Am Wall zu leiden und kämpfen: Der verheerende Brand bei Harms, der eine Dauerbaustelle nach sich zog, der Umbau der Herdentor-Kreuzung und der Bau der Premiumfahrradroute haben Handel, Dienstleistung und Gastronomie zugesetzt. Das ist unstrittig. Und Einigkeit herrscht auch über senatorische Ressortgrenzen hinweg darüber, dass "Bremens Einkaufs- und Genussmeile Am Wall zu einem echten Boulevard aufgewertet werden" solle. Innerhalb der vergangenen anderthalb Jahre ist vieles aus dem 14-Punkte-Plan abgearbeitet. Vieles aber auch nicht.
"Die beschlossenen Maßnahmen sind ein Kompromiss, den empfinden wir aber als fair, da gibt es kein Wenn und Aber", sagt Stefan Storch. Er führt ein Geschäft am Wall, ist Vorstandsmitglied der City-Initiative Bremen – und Optimist: "Man kann nicht immer nur kritisieren, sondern man muss auch sagen, wenn etwas gut geht. Wir gucken nach vorn." Wir? Das ist laut Storch "der geballte Handel": City-Initiative, Handelskammer Bremen und der Handelsverband Nordwest. Knapp die Hälfte der Vorhaben sind umgesetzt.
Das halbe Programm
Storch und das Bauressort, das den stufenweise umzusetzenden Plan aus der vergangenen Legislaturperiode übernommen hat, betrachten die Sache aus den Perspektiven halb unvollendet und halb vollendet. Zu den abgearbeiteten Punkten der Aufgabenliste zählt, dass es mehr Platz für Fußgänger vor den Geschäften gibt, dass ein Anlieferungskonzept mit Liefer- und Ladezonen vorliegt, dass Parkraum erhalten wird und dass es deutliche Hinweise auf das Radfahrverbot unter dem Dach des Boulevards gibt. Auch die Querungsmöglichkeiten zu den Wallanlagen in Höhe der Bischofsnadel und der Museumsstraße sowie die Einbindung der Anlieger in den Prozess gehören dazu. Zudem wird eine weitere Querung zwischen Bischofsnadel und Ostertorstraße geprüft. "Das ist gut", findet Stefan Storch – und sagt es auch.
Der Theaterberg in den Wallanlagen soll wieder zur Kulturstätte werden, und die Shakespeare Company vermittelt am ersten Augustwochenende einen Vorgeschmack davon. "Da ist Bewegung drin", sagt Stefan Storch. "Es war klar, dass das nicht sofort umsetzbar ist." Wie die "Marketingkampagne und Kommunikationsstrategie" für den Wall und seine Anrainer. Die Finanzierung durch das Bauressort sei gesichert, teilt dessen Sprecher René Möller mit. "Daran arbeiten wir", sagt Storch. Erst müssten aber alle anderen Punkte umgesetzt sein. Und das geht einigen zu langsam.
Rundläufe schaffen
"In Bearbeitung" ist laut Bauressort aktuell die "Schaffung eines Rundlaufes durch Aufwertung der Museumsstraße". Rundwege zu schaffen und sie auch auszuschildern, zählt Storch zum "ganzheitlichen Ansatz", wobei zu bedenken ist: "Der größte Besucherstrom kommt aus Richtung Bahnhof." Man solle sofort sehen: "Es gibt nicht nur die Achse in die Sögestraße", wie Storch sagt. Wer an den Wall abbiegt, kann auch über die Bischofsnadel oder das Wallkontor in die Innenstadt gelangen.
Dabei spiele es eine zentrale Rolle, "eine sichtbare Entrée-Situation" am Herdentor zu schaffen – so ist es im Katalog formuliert. Eine entscheidende Rolle spielt für die Geschäftsleute und Gastronomen die Weiterführung des Walldachs bis zur Herdentorkreuzung. Das Bauressort erkundet die Möglichkeiten und will eine Studie dazu veröffentlichen. Storch, Nachbarn und Mitstreiter fragen sich, was aus der geplanten Kaffeebar im und am früheren SWB-Sitz, dem Eckgebäude, wird.
Anbindung fehlt
Auch das Glasdach entlang dem Neubau auf dem früheren Harms-Areal fehlt noch. "Es dürfte schwierig werden, die alten Teile an das neu entstandene Gebäude zu bringen, die wird man anpassen müssen", vermutet Stefan Storch. Anpassung ist auch ein wichtiges Stichwort, wenn es um die verbesserte Anbindung in Richtung Söge- und Knochenhauerstraße geht: Eine Überquerungsmöglichkeit der Fahrbahnen und Gleise für Fußgänger ist laut Bauressort "geprüft, die Umsetzung in Vorbereitung".
Bleibt noch der Punkt "Möblierung" - unter anderem mit "Begrünungsinseln" - und die "Ausweitung von Gastrozonen". Sitzgelegenheiten, um das "Wall-Panorama" zu genießen, wie Stefan Storch sagt, Papierkörbe, Fahrradständer, an denen quer zum Gehweg geparkt wird, "spezielle Bügel auch für Lastenräder", das alles sei gründlich durchdacht. "Besser geht es nicht", sagt Storch über die Auswahl. "Das wurde schon im Spätsommer 2023 geordert, ich war dabei", sagt er. Mit den Details sei es wie mit der Umgestaltung der Museumsstraße: "Es geht ums Machen. Wir vermissen die Dynamik, die notwendig ist, um das voranzutreiben."