Zwei Tage hat sich die Bremer FDP-Bürgerschaftsfraktion in Worpswede hinter verschlossenen Türen zurückgezogen, um in einer Klausurtagung ihr Programm der kommenden Wochen und Monate festzulegen. Bis spät in die Abendstunden diskutierten die Liberalen am Donnerstag und Freitag über ihre Ideen für Bildung, Wirtschaft, Sicherheit, Verkehr und Pflege. Erste Vorschläge gibt es nun aus dem Bereich Frauen.
Wie FDP-Fraktionschefin Lencke Steiner am Samstag mitteilte, will sich die Partei dafür einsetzen, dass die Frauenhäuser in Bremen in Zukunft finanziell besser ausgestattet werden. Auch die Zahl der Plätze in den Einrichtungen soll demnach erhöht werden. „Wir haben immer wieder mit Überbelegungen zu kämpfen“, begründete Steiner.
Nach Angaben aus dem Sozialressort von 2018 liegt Bremen mit gut 120 Plätzen in Frauenhäusern deutlich über dem Durchschnitt anderer Bundesländer. Dennoch seien die Plätze auch im kleinsten Bundesland rar, unter anderem, weil auch Frauen aus anderen Bundesländern Schutz in den Einrichtungen der Hansestadt suchten und die Schutzbedürftigen es oft schwer hätten, eine neue Wohnung zu finden und dadurch häufig lange blieben. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) setzte sich vor einem Jahr auf Bundesebene für einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus ein.
Beratung ohne Rollenbild
Zudem hat sich die FDP-Fraktion auf ihrer Tagung mit dem Thema Rollenbilder an Schulen und in der Berufsberatung auseinandergesetzt. „Wir müssen es schaffen, die traditionellen Rollenbilder aus den Köpfen zu bekommen“, sagte Steiner. So gebe es Beispiele, in denen jungen Frauen davon abgeraten worden sei, einen Beruf wie Astrophysikerin zu ergreifen, sondern stattdessen lieber einen „typischen Frauenberuf“ wie Floristin zu wählen. Die Liberalen fordern zudem, dass an Schulen Angebote geschaffen werden, in denen die Schüler etwa lernen, wo die Grenzen zur sexuellen Belästigung anfangen.
Eine weitere Idee, für die sich die Bremer FDP-Fraktion einsetzen will: mehr Opferschutz für Menschen, die vergewaltigt worden sind. „Wir fordern, dass Polizisten besser geschult werden im sensibleren Umgang mit Gewaltopfern“, sagte Steiner, die vor Kurzem den Vorsitz im Bürgerschaftsausschuss für die Gleichstellung der Frau übernommen hat. Als ein Beispiel nannte sie, dass bei der Befragung einer Frau, die mutmaßlich vergewaltigt worden ist, auch eine Polizistin dabei sein sollte.
Das Thema Gewalt gegen Frauen wird auch in der Bürgerschaftssitzung in der kommenden Woche behandelt. Grüne, SPD, Linke und FDP haben einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag eingereicht. In dem Papier fordern die vier Parteien, in Bremen die sogenannte Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen sichtbar zu machen.
Der CDU-Bürgerschaftsfraktion gehen die Forderungen nicht weit genug, die Abgeordneten wollen am Montag über ein eigenes Papier beraten. „Wir unterstützen den Dringlichkeitsantrag natürlich“, sagte Sina Dertwinkel, frauenpolitische Sprecherin der Christdemokraten. Alleine eine Flagge reiche aber nicht aus. „Wir wollen, dass die geplante Monitoringstelle aus dem Landesaktionsplan endlich umgesetzt wird.“ Gegebenenfalls werden die Christdemokraten daher einen weiteren Dringlichkeitsantrag einreichen.
Im Mai 2011 hatte der Europarat mit der Konvention ein völkerrechtlich verbindliches Instrument geschaffen, das Gewalt gegen Frauen als schwerwiegende Menschenrechtsverletzung einstuft. Die Bürgerschaft hatte sich zuletzt im Mai zur Umsetzung der Konvention bekannt und einen Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen beschlossen. Im gemeinsamen Antrag fordern die Parteien, dass der Senat in Zusammenarbeit mit der Bremer Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau eine Flagge entwickeln soll, die öffentlich die Ziele der Konvention vermittelt sowie zwei Botschaften transportiert: die Ächtung von Gewalt sowie der Schutz von Betroffenen. Die Flagge könnte etwa am 25. November zum Einsatz kommen, dem alljährlichen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen.