Die FDP geht mit den Schwerpunkten Bildung, Wirtschaft, Verkehr und Sicherheit in den Bürgerschaftswahlkampf. Spitzenkandidatin Lencke Steiner und der Landesvorsitzende Hauke Hilz haben den Entwurf des Wahlprogramms am Dienstag vorgestellt. Laut FDP die Leitfrage bei der Erstellung des Papiers: „Was können wir in Bremen anders machen?“ Jede Menge, glauben die Liberalen. Dabei zeigt sich deutlich: Das Wahlprogramm steht in weiten Teilen konträr zur aktuellen Politik des rot-grünen Senats.
Das zeigt sich auch in der Bildungspolitik. „Kinder haben nicht die gleichen Chancen, wenn sie in Bremen zur Schule gehen“, kritisiert Steiner. Deshalb habe die FDP auch nicht dem Bremer Bildungskonsens zugestimmt. „Für uns sieht Bildung anders aus“, betont die Spitzenkandidatin. Das Sitzenbleiben soll wieder eingeführt werden, ab der dritten Klasse soll es auch wieder Noten geben. Falsche Rechtschreibung soll bereits ab der ersten Klasse korrigiert werden. Durch diese Maßnahmen erhoffen sich die Liberalen ein höheres Schulniveau. Steiner spricht von „positiver Fehlerkultur“ und dass „Leistung wieder in die Schule rein muss“.
Ziel der Freidemokraten ist auch eine Unterrichtsgarantie, die FDP will dafür zusätzliche Lehrer einstellen. Das Mehr an Lehrkräften soll auch kleinere Klassen an den Gymnasien ermöglichen. Damit will die FDP ein besseres Abiturniveau erreichen. Langfristig, so heißt es im Entwurf des Wahlprogramms recht unbescheiden, ist „weltbeste Bildung für Bremen“ das Ziel der Partei.
Auch die Digitalisierung soll nach dem Willen der Liberalen einen stärkeren Einzug in die Schulen halten. Allerdings sagen Hilz und Steiner: „Wir wollen die analoge Welt dabei nicht vergessen. Wir müssen vermitteln, dass die beiden Welten Hand in Hand gehen.“ Heißt konkret: Tablet und digitale Lehrangebote werden vermehrt eingesetzt, Rechtschreibung und Kopfrechnen aber nicht vergessen.
Eine Neuausrichtung fordert die FDP in der Verkehrspolitik. „Die Stadtteile sind gewachsen, aber der Verkehr ist nicht mitgekommen“, kritisiert Steiner und nennt die Anbindung der Überseestadt als Beispiel. Sie fordert ein „ideologiefreies Verkehrskonzept“ anstelle der „Autoverhinderungspolitik“ von Rot-Grün. Ihr Credo: „Nichts ist ökologischer als fließender Verkehr.“ Als konkrete Maßnahmen nennen die Freien Demokraten: schnellstmöglicher Ringschluss der A 281, Bau einer zusätzlichen Weser-Brücke, bessere Infrastruktur für E-Autos, ein neues Car-Sharing-System. Steiner stellt sich eine moderne Struktur vor, die es möglich macht, „auch mal spontan eine Kiste Wasser zu holen“.
Die FDP positioniert sich auch klar bei einem heftig umstrittenen Thema: Die Straßenbahn soll raus aus der Obernstraße und in die Westerstraße verlegt werden. Der Brill soll untertunnelt und zu einer „Wohlfühlzone“ umgestaltet werden. Auf Contra-Kurs geht die Partei in Sachen eines unüblichen Verkehrsmittels. Hilz: „Wir haben keine Seilbahn im Programm.“ Schlechte Noten für den Senat gibt es im Bereich der inneren Sicherheit. „Die Polizei muss Chef unserer Städte werden“, sagt Steiner nicht zuletzt mit Blick auf die Jugendkriminalität. Die Polizeidichte müsse mit mehr Personal erhöht werden. Die Spitzenkandidatin fordert auch einen Mentalitätswandel bei der Betrachtung von Kriminalität: „Ich habe das Gefühl, dass in letzter Zeit mehr über die Täter als über die Opfer nachgedacht wird.“
Die Wirtschaftspolitik ist traditionell ein Markenkern der FDP, so auch im Programmentwurf. „Der Standort Bremen muss etwas tun“, warnt Steiner. Unter anderem sollen mehr Gewerbeflächen ausgewiesen, bürokratische Hindernisse abgebaut und eine Art „Gründer-Bafög“ für den Schritt in die Selbstständigkeit eingeführt werden. Zur Förderung von Tourismus und Wirtschaft soll nach dem Willen der Liberalen auch in den Flughafen investiert werden. „Im Flughafen Bremen sehen wir großes Potenzial, daher werden wir den Investitionsstau am Flughafen auflösen und uns für mehr Wachstum stark machen“, heißt es im Programm. Die FDP sieht die Sanierung als Langzeitaufgabe, die sich über zehn Jahre hinziehen dürfte. Mögliche Kosten des Projekts werden in dem Papier nicht beziffert.
Ein wichtiges Arbeitsmarktinstrument sieht die FDP in der Kinderbetreuung. Die Öffnungszeiten der Kitas sollen sich stärker an den Arbeitszeiten der Eltern orientieren, sprich sie sollen erheblich ausgeweitet werden. Kinder von Alleinerziehenden sollen bei der Vergabe von Kitaplätzen bevorzugt werden. Hintergrund: Auch Alleinerziehende haben für ihr Kind einen Rechtsanspruch auf einen Platz, doch in der Praxis gibt es durch fehlendes Personal und kurzfristige Schließungen durchaus Probleme.
Bei der Vorstellung des Programms ließen Hilz und Steiner keinen Zweifel aufkommen, dass die vier zurückliegenden Jahre in der Opposition genug seien. Die Partei wolle Verantwortung übernehmen. Und mit welchen Partnern? „Die, mit denen wir am besten unser Programm umsetzen können“, sagt Hilz. Eine „Ausschließeritis“ vorab für mögliche Koalitionen werde es nicht geben. „Wir werden uns keinen Gesprächen verschließen“, verspricht der Vorsitzende. Seine Wunsch-Koalition lässt er dann aber doch erkennen: „Der Weg zu Jamaika ist vermutlich kürzer als der zur Ampel.“