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CO2-Ausstoß Welche Klimaziele der Bremer Senat festgelegt hat

Der Bremer Senat hat Etappenziele in der Klimapolitik festgelegt. Bis 2030 soll 60 Prozent weniger CO2 ausgestoßen werden, auch Werte für einzelne Sektoren sind nun verbindlich. Wie diese Ziele aussehen.
08.06.2022, 14:33 Uhr
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Welche Klimaziele der Bremer Senat festgelegt hat
Von Jürgen Theiner
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Die Treibhausgas-Emissionen müssen runter, das ist im politischen Raum unstrittig. In welchen Bereichen das kleinste Bundesland wie viel konkret einsparen soll, hat der Senat am Dienstag festgeschrieben. Die Landesregierung orientiert sich dabei weitgehend an den Empfehlungen der Klima-Enquetekommission der Bürgerschaft, die Ende 2021 ihren Abschlussbericht vorgelegt hatte. Bei den zeitlichen Etappenzielen bis zum Jahr 2030 weicht der Senat indes von den Vorschlägen der Kommission ab:

Die Staffelung bestimmter CO2-Reduktionsziele in Zwei-Jahres-Schritten ab 2023 soll lediglich als "Orientierungswert" gelten, weil es beim Ausstoß von Treibhausgasen durch Witterungseinflüsse und die wirtschaftliche Konjunktur "zu erheblichen jährlichen Schwankungen" kommen könne. An der Enquete-Vorgabe, bis 2030 eine Reduzierung bis 60 Prozent zu erreichen, rüttelt der Senat jedoch nicht. Bis 2033 sollen es 85 Prozent sein, bis 2038 dann 95 Prozent. Basisjahr ist jeweils 1990.

Die Klimaschutzziele bis 2030 sind in vier Themenfelder unterteilt und jeweils mit konkreten Prozentvorgaben hinterlegt. Wie in den Sektoren jeweils gehandelt werden soll, wird im Senatsbeschluss grob skizziert.

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Energie/Abfall: -70 Prozent

Bei der Strom- und Wärmeversorgung soll der Verbrauch fossiler Energien weiter deutlich reduziert werden. Verwiesen wird unter anderem auf den bereits eingeleiteten Kohleausstieg und den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere Photovoltaik und Solarthermie.

Industrie: -44 Prozent

Im Mittelpunkt steht hier die klimagerechte Transformation der Stahlerzeugung, denn auf das Werk von Arcelor-Mittal entfällt in Bremen rund die Hälfte des bisherigen Gesamtausstoßes an klimaschädlichen Gasen. Wie berichtet, soll die Energieversorgung dieses Industriekomplexes auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, was allerdings gewaltige Investitionen voraussetzt, die von Bund und Land entsprechend gefördert werden sollen.

Gebäude/Wohnen: -69 Prozent

Geplant ist hier ein Landeswärmegesetz, das unter anderem den großräumigen Aufbau von Fern- und Nahwärmenetzen vorsieht. Der Senat will außerdem einen "Bremer Standard" für den Wohnungsbau entwickeln, der bei Neubauprojekten energetische Vorgaben macht. Weitere Facetten sind ein Gesetz zur verpflichtenden Nutzung von Solarenergie und der Einsatz nachhaltiger beziehungsweise recycelter Baustoffe.

Verkehr/Mobilität: -63 Prozent

Der Ausbau des Umweltverbundes gilt als gesetzt. Dazu gehören mehr und attraktivere Angebote im öffentlichen Nahverkehr, ein flächendeckender Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und mehr Raum für Fuß- und Radverkehr. Der Anteil herkömmlicher Autos mit  Verbrennungsmotoren am Gesamtverkehrsaufkommen soll sinken.

Ohne konkretes prozentuales Reduktionsziel, aber als wichtig für Bremen wird in dem Senatsbeschluss außerdem eine "Ernährungswende" angekündigt. Die Landesregierung bezieht sich ausdrücklich auf die Klimakonferenz von Glasgow im Jahr 2021. Dort wurde festgestellt, dass weltweit zwischen 21 und 37 Prozent aller klimaschädlichen Emissionen auf die heutige Art der Ernährung zurückzuführen seien. Dementsprechend peilt der Senat eine "Ernährungsstrategie unter Beteiligung der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette" an. Ziel wird es dabei vor allem sein, "den Konsum von tierischen Produkten zu reduzieren, Lebensmittelabfälle zu vermeiden sowie die regionale und möglichst ökologische Landwirtschaft zu stärken".

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Wie geht es nun weiter?

Der Senat plant, im Herbst eine Umsetzungsstrategie für die wirkungsvollsten und deshalb vorrangigen Projekte samt einer entsprechenden Finanzplanung vorzulegen. Dann schlägt die Stunde der Wahrheit, denn der Mittelbedarf für die Gesamtheit aller Vorhaben übersteigt die Möglichkeiten des kleinsten Bundeslandes um ein Vielfaches. Sechs bis sieben Milliarden Euro hat die Enquetekommission überschlägig an einmaligen Investitionskosten kalkuliert, hinzu kommen zwischen 200 und 380 Millionen Euro jährlich an dauerhaften Betriebskosten für die Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund hatten Grüne und Linke bereits eine Diskussion über Ausnahmen von der Schuldenbremse begonnen, die in der Landesverfassung festgeschrieben ist.

Zur Sache

CDU: Bremen verfehlt Schutzziele

Das kleinste Bundesland fällt aus Sicht der CDU beim Klimaschutz weiter zurück. Das ergibt sich nach Darstellung ihres Klimapolitikers Martin Michalik aus dem Jahresbericht zur Entwicklung der CO2-Emissionen, der am Mittwoch in der zuständigen Deputation vorgestellt werden soll. Dem Papier sei zu entnehmen, dass Bremen im Jahr 2019 nur knapp die Hälfte der gesetzlich festgelegten Menge an Treibhausgas eingespart hat. "Kein Wunder, wenn Rot-Grün-Rot nicht einen einzigen Kilometer der längst geplanten Straßenbahnen baut und keine der beschlossenen Fahrradbrücken", meint Michalik. Auch die Fahrradpremiumrouten kämen kaum voran. Deswegen fehlten den Menschen die Alternativen zum Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsträger. Ähnlich düster sehe es beim Thema Energie aus - seit Jahren schaffe es der Senat kaum, auf Dächern öffentlicher Gebäude Photovoltaikanlagen zu installieren. Das aktuelle Regierungsbündnis, so Michalik, "findet jedes Jahr allerlei Ausreden und gelobt dann Besserung für die Zukunft, enttäuscht die Menschen aber immer wieder".

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