Der Landesmindestlohn soll in Bremen künftig nicht mehr von der Politik festgesetzt, sondern an die Eingangsstufe des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) gekoppelt werden. Diesen Beschluss wird der Senat voraussichtlich an diesem Dienstag treffen. Das letzte Wort hat dann die Bürgerschaft. Im Grundsatz steht das rot-grün-rote Bündnis hinter dem Projekt. Allerdings gibt es senatsintern auch Vorbehalte. Dabei geht es um die konkreten finanziellen Auswirkungen auf die Haushalte der einzelnen Ressorts.
Aktuell liegt der Bremer Landesmindestlohn bei 12 Euro. Er gilt für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der Unternehmensbeteiligungen von Stadt und Land Bremen, also etwa den Flughafen und die Bädergesellschaft. Privatbetriebe, die Aufträge des Senats annehmen, müssen die Zahlung des Landesmindestlohns ebenfalls garantieren. Bisher war es üblich, dass eine mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetzte Kommission eine Empfehlung zur Neufestsetzung des Mindestlohns abgab – auch wenn die Politik diesem Vorschlag zuletzt nicht mehr entsprach. Mit der Koppelung des untersten Lohnniveaus an die Entwicklung des TV-L gäbe es keine künftig keine politischen, also mehr oder weniger willkürlich getroffenen Festsetzungen mehr. Die Landesmindestlohnkommission soll aufgelöst werden.
Kritik im Detail
Zum Dezember des laufenden Jahres steigt der Stundenlohn nach TV-L auf 12,29 Euro. Im SPD-geführten Wissenschaftsressort des Senats und beim Bremerhavener Magistrat steht man zwar im Grundsatz zur geplanten Dynamisierung des Landesmindestlohns, hat aber Kritik im Detail. Die Beschlussvorlage für den Senat sieht nämlich keinen Ausgleich für die Mehrkosten vor. Beispiel Wissenschaftsressort: Die Behörde hat auf ihren Lohnlisten rund 3000 studentische Hilfskräfte, die an den Hochschulen des Landes tätig sind und von der Neuregelung profitieren würden. Der Einzelhaushalt des Wissenschaftsressorts ist knapp bemessen, die bevorstehende Erhöhung müsste also intern irgendwie eingespart werden. "Das könnte bedeuten, dass wir das Beschäftigungsvolumen bei den Hilfskräften um etwa 100 Stellen zurückfahren müssen", kündigt Wissenschaftsstaatsrat Tim Cordßen-Ryglewski an. Das könne eigentlich von niemandem gewollt sein. Damit steht die Behörde auf dem gleichen Standpunkt wie die Bremerhavener Stadtverwaltung. Auch sie lehnt die Vorlage ab, wenn es für die entstehenden Mehrkosten keine Kompensation gibt.
Den Senatsbeschluss werden solche Bedenken wohl nicht aufhalten, wie am Montag zu hören war. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) hält eine Anhebung der Lohnuntergrenze für das Gebot der Stunde, denn: "Für Menschen mit geringem Einkommen sind die derzeit stark steigenden Preise etwa bei Energie oder Lebensmitteln eine echte Belastung. Deshalb ist es gerade jetzt wichtig, dass sie mehr Geld in der Tasche haben und Arbeit vernünftig entlohnt wird." Vogt begrüßt ausdrücklich, dass die Debatten zur Neufestsetzung des Landesmindestlohns bald der Vergangenheit angehören.