Die Zahl der Bewerber für die Bremer Polizei liegt für den neuen Ausbildungsjahrgang deutlich hinter den Erwartungen zurück. "Das bereitet uns Sorgen", sagt ein Polizeisprecher. Und es ist nicht allein das: Hinzu kommt, dass immer mehr Bewerber, die eine Zusage für den Polizeiausbildung in Bremen hatten, wieder abspringen.
Bremens Polizei leidet seit Jahren unter Personalmangel. Als Reaktion darauf wurden zuletzt die Ausbildungsjahrgänge aufgestockt. Und dies so deutlich, dass ein Teil der Polizeianwärter inzwischen in Niedersachsen ausgebildet wird, weil die Kapazitäten dafür in Bremen nicht mehr ausreichen. 2020 wurden 203 Anwärter eingestellt, im vergangenen Jahr waren es 226, im neuen Jahrgang sollten es 230 werden. Doch ob dies gelingt, ist offen. In Zahlen ausgedrückt: 2020 gab es 2036 Bewerbungen, rechnerisch gab es also etwa zehn Bewerber für einen Ausbildungsplatz. In diesem Jahr sind es bislang 1375 Bewerber, nicht einmal mehr sechs pro Ausbildungsstelle.
Für den aktuellen Ausbildungsjahrgang gibt es zwei Einstellungstermine – den 1. Oktober 2022 und den 1. April 2023. Der 1. Oktober bereite dabei weniger Probleme, sagt Polizeisprecher Bastian Demann. Hier gehe man trotz rückläufiger Zahlen davon aus, ausreichend geeignete Bewerberinnen und Bewerber einstellen zu können. Sorge bereite der Einstellungstermin Anfang April kommenden Jahres. Für den gebe es noch deutlich zu wenige Interessenten. Die eigentlich bereits in der vergangenen Woche abgelaufenen Bewerbungsfrist wurde deshalb auf unbestimmte Zeit verlängert.
Was die Situation zusätzlich erschwert, ist eine weitere Entwicklung, die die Polizei beobachtet. "Im Vergleich zum Vorjahr treten mehr geeignete Bewerberinnen und Bewerber für den Einstellungstermin 1. Oktober zurück", berichtet Demann. Bislang haben es sich 72 der Bewerber, die eine Zusage hatten, anders überlegt und werden ihren Ausbildungsplatz nicht antreten. "Vermutlich aufgrund von Alternativangeboten."
Wasser auf den Mühlen von Nils Winter: "Der Polizeiberuf lockt schon noch junge Leute", ist der Vorsitzende des Bremer Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei (GdP) überzeugt. "Aber die schauen schon sehr genau auf die Rahmenbedingungen und vergleichen sie natürlich." Bei der Bezahlung läge die Polizei Bremen bundesweit im Schlussdrittel, bei der Polizeizulage – derzeit 127 Euro – sei sie zusammen mit zwei, drei anderen Bundesländern sogar Schlusslicht.
Wobei die Besoldung nur einer von mehreren Faktoren bei der Entscheidung für einen Ausbildungsplatz sei, sagt der GdP-Chef. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Grad der Digitalisierung, die Möglichkeit zum Homeoffice, Arbeitszeitmodelle insgesamt – "in all diesen Bereichen muss die Polizei besser und flexibler werden", fordert der Gewerkschafter. "Da können und müssen wir uns etwas von den anderen Bundesländern abgucken." Denn mit denen konkurriere Bremen. "Die Polizei in Nordrhein-Westfalen stellt 2600 Leute ein!"
In Niedersachsen werden zum 1. Oktober, für diesen Jahrgang der einzige Termin, rund 900 Polizeianwärter und -anwärterinnen eingestellt. Auch in Bremens Nachbarbundesland sind die Bewerbungszahlen zurückgegangen. Von 4932 im Jahr 2020 über 4609 im vergangenen Jahr auf bislang 4224 für 2022. Wobei das laufende Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, berichtet Nadine Bunzler-Devoucoux, Sprecherin aus dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport. Um dem Trend rückläufiger Bewerbungszahlen entgegenzuwirken, setze man auf "zielgruppenadäquate Nachwuchswerbung und eine intensive Betreuung im Bewerbungsverfahren".
Ähnliches vermeldet die Polizei in Bremen. "Wir arbeiten daran, die Bewerberzahlen durch gezielte Nachwuchswerbung zu erhöhen", sagt Polizeisprecher Bastian Demann. "Wir werben zielgerichtet in den sozialen Netzwerken, sind auf Berufsmessen und es läuft eine Werbekampagne im Internet und im Stadtbild." Mit der Frage, wie man „neue“ Bewerbergruppen erreichen kann, beschäftigt sich sogar eine eigens hierfür gegründete Arbeitsgruppe. Im Fokus stehen dabei junge Leute, die sich bislang noch nicht für die Polizei interessiert haben. Zum Beispiel Studenten, die in ihrem aktuellen Studiengang unzufrieden sind. Was es aufgrund der aktuellen Situation aber definitiv nicht geben werde, sei ein Absenken der Einstellungskriterien, betont Demann.