Zu viel Arbeit, zu großer Aufwand und dafür zu wenig Personal und Freizeit. Die Bremer Polizei klagt über mehr als 327.000 Überstunden und ein fehlendes Konzept, wie diese abgebaut werden sollen. Nach zwei Jahren kamen am Montag erstmals wieder die Beamten und Beamtinnen zu einer großen Personalversammlung zusammen. Drei Stunden dauerte die Sitzung im Congress Centrum, an der gut 600 Personen teilnahmen. "Die Belastung ist enorm, die Überstunden zu viel und das Personal zu stark überlastet", sagt Nils Winter, Vorsitzender des Personalrats Polizei Bremen. Das müsse sich ändern. Aber wie?
Der Arbeitsaufwand für die Beamten sei durch zahlreiche neue Aufgaben außerordentlich gestiegen. Beispielsweise durch das Encrochat-Verfahren, bei dem es der Polizei gelungen war, die verschlüsselte Kommunikation von Drogen- und Waffenhändlern zu knacken, habe man wesentlich mehr zu tun, sagt Winter. Zudem gebe es nicht genügend Personen, um die Vorgaben aus dem neuen Polizeigesetz umzusetzen.
Bei der Polizei stapeln sich 15.000 Akten unbearbeiteter Fälle
"Es ist eine Mangelverwaltung auf dem Rücken des Personals", sagte Lüder Fasche, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Das zeige sich an den zahlreichen nicht erledigten Kriminalfällen, die sich auf den Tischen stapelten. Wichtig sei, dass die Polizei ihre Prozesse priorisiere und dann klar formuliere, welche Sachen zunächst liegengelassen werden. Bei der Polizei liegen derzeit mindestens rund 15.000 Akten mit Kriminaldelikten, die noch bearbeitet werden müssen. Das sei ein deutliches Zeichen, dass man nicht alles schaffe.
Besonders hoch sei die Zahl der Überstunden in den Bereichen der Schwerpunktermittlungen und der Sonderlagen wie beispielsweise Einsätze bei Hochrisiko-Fußballspielen. Das Geld, um Überstunden auszuzahlen, sei zwar vorhanden, sagt Fasche. Jedoch würden sich zahlreiche Beamte lieber freie Tage wünschen. "Freizeit ist einfach nicht zu bezahlen", so der Chef der Gewerkschaft der Polizei.
Die Zielzahl von 2900 Vollzeitstellen im rot-grün-roten Koalitionsvertrag sei kaum zu schaffen, meint Fasche. In den kommenden Jahren habe die Polizei altersbedingt noch einige Abgänge zu verzeichnen. Erst ab 2027 werde man personell anwachsen. "Wenn wir die Einstellungszahlen einhalten und die Politik genügend Geld in den Haushalt einstellt, können wir am Ende der Dekade, also 2030, die 2900 Stellen erreichen", sagt Fasche.
Um das Personal der Polizei zu erhöhen, sollen jährlich bis zu 225 Nachwuchskräfte eingestellt werden. Personalratschef Winter ist etwas optimistischer und hofft, bis zum Jahr 2026 die Zielzahl erreichen zu können. Seine Forderung ist allerdings, eine Zahl von 3000 Polizisten, um alle neuen Aufgaben zu bewältigen.