Die Tage werden länger, die Nächte wärmer, mit Himmelfahrt und Pfingsten sind die nächsten Feiertage in Sicht: Untrügliche Anzeichen dafür, dass mit Viertel und Osterdeich einer von Bremens Freiluftparty-Hotspots zum Leben erwacht. In den vergangenen beiden Sommern war die Gesamtlage an vielen Abenden eskaliert, auch durch spontane Großtreffen am Sielwall-Eck und Osterdeich sowie die Poser-Szene. Verschiedene Maßnahmen wie die Sperrung des Sielwalls sorgten dann in einigen Punkten für Besserung. Regeln und Kontrollen wird es auch für diese Freiluftsaison geben. Was ist geplant, was sagen Polizei, Gastronomen und Anwohner? Ein Überblick.
Was ist in diesem Sommer anders als 2020 und 2021?
Dass sich das Partygeschehen in den vergangenen beiden Sommern stärker als zuvor nach draußen verlagerte, lag schlicht auch daran, dass viele andere Feier-Orte geschlossen oder durch Sperrstunden eingeschränkt waren. Das ist nun anders: Clubs und Discos sind voraussichtlich in den kommenden Wochen und Monaten geöffnet. Die Polizei geht davon aus, dass es das Viertel entlastet, wenn auch auf der Meile am Hauptbahnhof gefeiert werden kann. Auch Ortsamtsleiterin Hellena Harttung hofft, "dass sich das Partygeschehen durch die Disco-Meile wieder etwas dezentralisiert". Außerdem planen viele andere Stadtteile Freiluft-Veranstaltungen, deshalb geht Gastronom Ulf Sommerfeld (u.a. Wohnzimmer, März) ebenso davon aus, dass sich das Partygeschehen weniger stark nur auf das Viertel konzentrieren wird.
Anders als im vergangenen Sommer wird der Außer-Haus-Verkauf von Alkohol im Viertel und an der Schlachte nicht eingeschränkt. Das damalige Verbot war pandemiebedingt, ein neues sei derzeit nicht geplant, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).
Bleibt die Sielwall-Sperrung?
Seit Ende Juni 2021 ist für den Autoverkehr zwischen 21 und 5 Uhr an Freitagen, Sonnabenden und vor Feiertagen am Sielwall kein Durchkommen. Eine Maßnahme, die aus Sicht von Ulf Sommerfeld zur Beruhigung der Situation am Sielwall beigetragen hat. Die Sperrung soll nach Auskunft des Verkehrsressorts bleiben, möglicherweise bis Ende 2023. Bis Ende Mai ist die Finanzierung gesichert, für die Zeit danach müssen sich Verkehr und Inneres noch einigen. Die Gespräche laufen. Laut Behördensprecherin Linda Neddermann ist eine dauerhafte bauliche Lösung in Form von Schranken aus technischen (u.a. Rettungsgassen, der Sielwall als Verkehrsknoten) und finanziellen Gründen (Kosten schätzungsweise rund 1,5 Millionen Euro) kein Thema.
Was ist zum Thema Verkehr noch geplant?
Was Autoposer angeht, ist der Sielwall nach Angaben der Polizei im Moment kein Brennpunkt. Grundsätzlich habe die "Kontrollgruppe Posing", die seit April wieder einen Tag in der Woche und einen am Wochenende im Einsatz ist, die Lage im Blick, um gegebenenfalls reagieren zu können, teilen die Beamten mit. Um künftig Autofahrer noch deutlicher auf das Tempolimit von 30 Stundenkilometern am Sielwall aufmerksam zu machen, soll eine Geschwindigkeitsmesstafel aus der Martinistraße vor der Schule an der Brokstraße aufgestellt werden, das Ortsamt klärt derzeit den genauen Standort.
Welche weiteren Sicherheitsmaßnahmen gibt es?
Polizei und Ordnungsamt werden schwerpunktmäßig an Wochenenden und in den Nächten in gemeinsamen Streifen unterwegs sein, um Straftaten und Ordnungswidrigkeiten "konsequent zu ahnden", wie es die Polizei formuliert. "Die genauen Zeitfenster befinden sich derzeit noch in der Abstimmung", teilt eine Sprecherin mit. "Diese gemeinsamen Streifen sollen die Polizeipräsenz im Ostertor-/Steintorviertel ergänzen, nicht ersetzen."

Der Osterdeich: Mangels anderer Alternativen in den vergangenen Jahren vor allem für Jugendliche eine Party-Location.
Für ein besseres Sicherheitsgefühl vor allem der Viertel-Besucherinnen soll auch das Awareness-Team "L'Unitá" sorgen. "Aktuell sind wir an Wochenenden und den Abenden vor Feiertagen mit einem Zweierteam vor Ort", sagt Chef Kai Villbrandt. "Wir kümmern uns schwerpunktmäßig um sexuelle Übergriffe und Diskriminierung." Ein weiteres Team, das vor allem das Geschehen am Osterdeich im Auge hat, ist im Gespräch.
Was passiert in Sachen Sauberkeit?
Für die Anwohner vor allem des Osterdeichs eines der größten Sommer-Ärgernisse sind neben nächtlichen Ruhestörungen durch (stark) alkoholisierte Feiernde verwüstete Vorgärten und geruchsintensive Hinterlassenschaften. "Viele haben auf eigene Kosten aufgerüstet, Zäune und Kameras installiert", sagt Werner Scharf aus dem Vorstand der Bürgerinitiative "Leben im Viertel". "Wir haben grundsätzlich nichts gegen Feiern, aber Zustände wie in den vergangenen beiden Jahren gehen vielen an die Nerven."
Die Stadtreinigung plant während der Sommersaison laut Sprecherin Lena Hartmann eine höhere Frequenz bei den Einsätzen: Abfalleimer würden teilweise mehrfach täglich geleert, die Flächen an Osterdeich und Schlachte insbesondere an Sonnabenden und Sonntagen gereinigt. Außerdem wurden am Osterdeich zuletzt 14 zusätzliche Mülleimer aufgestellt. Ab diesem Mittwoch sind am Fähranleger kostenlose Dixi-Toiletten nutzbar (jeweils geöffnet Mittwoch bis Sonnabend, 14 bis 2 Uhr), außerdem stehen neun weitere "Saison-Toiletten" im oberen Deich-Bereich.