Die Motoren knattern, die Auspuffe knallen und beim Anfahren quietschen die Reifen. Lärmende Poser und Raser erzeugen mit ihren tiefergelegten Autos oder aufgemotzten Motorrädern an mehreren Stellen in der Stadt unnötigen und lauten Verkehrslärm. Anwohner, Gäste in Straßencafé oder Fußgänger leiden darunter und beschweren sich. Doch Verkehrslärm wird bislang selten bestraft. Lärmradare oder auch Lärmblitzer könnten das ändern.
In Frankreich werden ab November solche Geräte in Paris und sieben weiteren Städten getestet, später drohen dort auch Bußgelder. In Bremen wird der Ruf nach den neuartigen Radarfallen immer lauter. Politiker der SPD und der Grünen fordern den Einsatz und ein Pilotprojekt. Die zuständigen Behörden in der Hansestadt – Verkehr und Inneres – würden diese Art von Verkehrsüberwachung und Lärmmessung begrüßen. Doch bislang scheitert es an Regeln und der Technik.
- Kommentar: Es sollten schnellstmöglich rechtliche Grundlagen für Lärmblitzer geschaffen werden (WK+)
"Es wäre schön, wenn man auf Bundesebene die juristische Grundlage legen würde, damit man solche Lärmblitzer einsetzen kann", sagt Jens Tittmann, Sprecher des Verkehrsressorts. Bislang fehle es an zwei wesentlichen Dingen: an der juristischen und der technischen Voraussetzung. Heißt: Es gibt in Deutschland bislang keine zugelassenen Lärmblitzer.
Nach Kenntnissen der Verkehrsbehörde hat das Bundesverkehrsministerium die Bundesanstalt für Straßenwesen als Forschungsinstitut damit beauftragt, die rechtlichen Grundlagen und die Technik zu prüfen. Klar müsse dann sein, ob und wie man diese Geräte einsetzen und wie man rechtssicher ein Ordnungsgeld verhängen kann, so der Behördensprecher.
"Ganz grundsätzlich ist Lärm ein Problem und macht krank", sagt Tittmann. Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass Dauerlärm zu Gehörschäden über Depression bis zu Herz-Kreislauferkrankungen führen kann. Deswegen sei es begrüßenswert, wenn man Lärm sanktionieren könnte, so Tittmann. Das Ressort führe in bestimmten Bereichen, beispielsweise in Wohn- und Industriegebieten, regelmäßig Lärmmessungen durch und prüfe Grenzwerte. Sich bewegende Fahrzeuge seien allerdings ein ganz neuer Bereich.
Auch die Innenbehörde unterstützt die Forderung nach Lärmblitzern. Das Ressort weist aber auch darauf hin, dass die Polizei Schallpegelmessgeräte besitzt. Diese würden aber nur ein Indiz dafür liefern, ob ein Fahrzeug zu laut ist. Wenn es den begründeten Verdacht gebe, dass Autos oder Motorräder Lärmwerte überschreiten, könne die Polizei eine Überprüfung veranlassen. Eine Unterlassungsverfügung könne erteilt werden, wenn die Betriebserlaubnis eines Fahrzeuges erloschen ist zum Beispiel wegen Manipulation oder Beschädigung. Wie in Mannheim oder Hamburg wolle man auch in Bremen stärker gegen Autoposer vorgehen.
"Lärmblitzer sind eine sehr gute Idee, die man dringend einsetzen muss", sagt Ralph Saxe, Verkehrspolitiker der Grünen. Es gebe zu viele Fahrzeuge, die deutlich zu laut und damit eine "unerträgliche, gesundheitsschädliche Lärmbelästigung" seien. Aus diesem Grund müsse es mit dem Thema langsam mal vorangehen.
Saxe kann sich gut vorstellen, dass durch Lärmradare kontrollierte, zu lautstarke Autos beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) vorgeführt und überprüft werden müssen. Oder, dass man eine Unterlassungsverfügung erteile. Saxe hat bereits mehrere Versuche unternommen, mehr gegen lärmende Poser und Raser zu unternehmen. Grünen-Fraktionschef Björn Fecker hat insgesamt mehr Verkehrsüberwachung in Bremen gefordert.
Unter dem Titel "Lärm-Blitzer gegen Verkehrsemissionen" hat Kevin Lenkeit, SPD-Sprecher für Inneres, eine Anfrage für die Fragestunde in der nächsten Sitzung der Bremischen Bürgerschaft gestellt. Darin fragt er den Senat nach den Gefahren durch Straßenverkehrslärm, der grundsätzlichen Haltung zu Lärmblitzern und gesetzlichen Anpassungen. "In den Sommermonaten war das Posing vor allem im Viertel, an der Schlachte und in der Überseestadt ein Problem, das wir dringend angehen müssen", sagt Lenkeit. Deswegen wolle er in Erfahrung bringen, was man in dem Bereich machen kann, um die Emissionsbelastung zu senken.
Im Petitionsausschuss und auch an ihn selbst seien zahlreiche Beschwerden von Bürgern über Verkehrslärm herangetragen worden, sagt Lenkeit. Durch eine Petition zur Verkehrsberuhigung in der Überseestadt habe es einen Vor-Ort-Termin am Kommodore-Johnsen-Boulevard gegeben, der ein beliebter Ort für Autoposer sei. Dort und auf umliegenden Straßen fordern Bürger ein generelles Tempolimit von 30 km/h mit dem Ziel, die Geräuschemissionen zu verringern. Das sei ein Ort, an dem man gut ein solches Lärmradar einsetzen könnte, so Lenkeit. Ein Pilotprojekt in Bremen, wie es derzeit in Frankreich umgesetzt wird, würde er unterstützen.
In Petitionen aus dem vergangenen Jahr regte an, an zwei oder mehr Stellen in der Innenstadt Lärmblitzer aufzustellen. Dabei ging es um die Straßen Wegesende, Ansgaritorswallstraße und Spitzenkiel. Laut Petitionsausschuss sah die Stadtbürgerschaft aber keine Möglichkeit, dieser Eingabe zu entsprechen.
Im Jahr 2019 hatte Hannover als erste deutsche Stadt einen Antrag gestellt, Lärmblitzer aufstellen zu dürfen. Daraus ist bislang ebenfalls nichts geworden, weil die Grundlagen fehlen. Laut dem niedersächsischen Innenministerium und dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung sind keine Lärmblitzer im Einsatz.