Der Bremer CDU-Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder wird bei der Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2023 nicht als Herausforderer von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) antreten. Das hat Meyer-Heder am Donnerstagabend im Landesvorstand seiner Partei angekündigt. Meyer-Heder machte für seine Entscheidung persönliche und berufliche Gründe geltend. Die Christdemokraten wollen nun bis zum Sommer entscheiden, wer sie als Spitzenkandidat in den Wahlkampf führt.
Carsten Meyer-Heder – oder CMH, wie er in der Partei gern abgekürzt wird – hatte für die Christdemokraten bei der Wahl im Mai 2019 den bisher größten Erfolg erreicht. Mit ihm als Frontmann überflügelte seine Partei die SPD und wurde mit 26,7 Prozent der Stimmen erstmals stärkste Fraktion im Landtag. Am Wahlabend war er der strahlende Sieger, musste aber in den Wochen danach erkennen, dass es ihm nicht gelingen würde, die Grünen für eine Koalition zu gewinnen. Die CDU landete letztlich erneut in der Opposition, und Andreas Bovenschulte formte die erste rot-grün-rote Koalition in der Geschichte des kleinsten Bundeslandes. Das Amt des Bürgerschaftspräsidenten für Frank Imhoff blieb letztlich der Trostpreis für eine CDU, die sich schon vor dem Einzug ins Rathaus gesehen hatte.
Nach der Wahl hätte Carsten Meyer-Heder Anspruch auf den Fraktionsvorsitz in der Bürgerschaft und damit die Rolle des Oppositionsführers erheben können. Er begnügte sich jedoch mit der Funktion des wirtschaftspolitischen Sprechers. Große Umtriebigkeit entfaltete er auf dieser Position nicht, was in Partei und Fraktion zuletzt durchaus kritisch registriert und kommentiert wurde. Gelegentlich meldete er sich bei aktuellen Themen mit Pressemitteilungen zu Wort, doch das war nicht die Präsenz, die sich viele Christdemokraten erhofft hatten. Anders als im Wahlkampf 2019 riss er die Partei nicht mehr mit.
Für manche führende Christdemokraten kommt deshalb der Verzicht auf die Spitzenkandidatur 2023 nicht mehr überraschend. Im Gespräch mit dem WESER-KURIER kündigte Meyer-Heder an, sich künftig wieder stärker in seiner Firma engagieren zu wollen. Ihm gehören 50 Prozent von Team Neusta, einem der größten deutschen Internet-Dienstleister mit insgesamt rund 1300 Beschäftigten und Sitz in der Überseestadt. "Nach der Corona-Flaute explodiert der Markt gerade, und ich möchte da wieder stärker mitmischen", sagte Meyer-Heder. Ein weiterer Faktor, der ihn zum Verzicht bewogen habe, sei sein Alter. Der CDU-Landeschef wird im März 61 Jahre alt. "Ein Wechsel im Rathaus würde Bremen natürlich gut tun. Aber in unserem Bundesland wirklich einen Wandel herbeizuführen, würde mehr als vier Jahre dauern, eher acht oder zwölf", so Meyer-Heder. Dafür sei er dann aber nicht mehr im richtigen Alter.
Dass er sich gegen den amtierenden Bürgermeister im kommenden Jahr womöglich geringere Chancen ausrechnet als 2019 gegen Carsten Sieling, wies Meyer-Heder zurück. "2023 wird sich in Bremen und Bremerhaven strukturell nichts gebessert haben. Wir sind dann immer noch das Bundesland mit den schlechtesten Werten bei Bildung, Kinderarmut, Hartz-IV-Bezug. Und bei der inneren Sicherheit sieht es auch wirklich bedrohlich aus", lautet Meyer-Heders Analyse. Zudem bekomme Bürgermeister Bovenschulte die Querelen in seinem Senat nicht in den Griff. "Es ist also absolut möglich, ihn zu stellen."
Doch wer soll das nun tun? Die CDU wird zu entscheiden haben, ob sie es wieder mit einem Kandidaten versuchen will, der wie CMH von außen und möglicherweise aus der Wirtschaft kommt, oder lieber wieder mit einem versierten, erfahrenen Berufspolitiker. In Erwartung des Verzichts von Meyer-Heder kursierten in der Partei zuletzt schon einige Namen. Genannt wurde unter anderem der Wirtschaftspolitiker und frühere Handelskammer-Präses Christoph Weiss, auch Bürgerschaftspräsident Imhoff und dem Vorsitzenden des CDU-Kreisverbands Bremen-Stadt, Jens Eckhoff, werden Chancen beziehungsweise Ambitionen unterstellt. Fraktionschef Heiko Strohmann wäre ebenfalls eine Option.
Eine Frau findet sich nicht in dieser Riege möglicher Anwärter auf die Spitzenkandidatur, was selbst unter den tonangebenden Männern in Partei und Fraktion durchaus als misslich angesehen wird. Dabei verfügt die Bremer CDU mit der Juristin Wiebke Winter über ein weibliches Nachwuchstalent. Die Doktorandin verteidigte erst vor wenigen Tagen auf dem Bundesparteitag ihren Sitz im CDU-Vorstand. Doch eine Spitzenkandidatur bei der Bürgerschaftswahl käme für die 25-Jährige – so die allgemeine Einschätzung – wohl noch zu früh.