Der Senat plant eine finanzielle Notoperation, um die angeschlagene Bremer Weserstadion GmbH (BWS) zu stabilisieren. Die Gesellschaft, die zu gleichen Teilen Werder Bremen und der städtischen Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) gehört, steuert wegen fehlender Einnahmen auf die Zahlungsunfähigkeit zu. Hintergrund ist die Corona-Krise, die auch dem Profi-Fußball zusetzt: Wenn wie zuletzt keine oder nur sehr wenige Fans ins Stadion kommen dürfen, fehlen der BWS über die Saison hinweg Gelder in Millionenhöhe.
Wie zugespitzt die wirtschaftliche Lage der Weserstadion GmbH ist, geht aus einer Entscheidungsvorlage für die Senatssitzung am kommenden Dienstag hervor, die dem WESER-KURIER vorliegt. Sollten keine Hilfsmaßnahmen ergriffen werden, „wäre die BWS zum Jahresende zahlungsunfähig und zum Ende des Geschäftsjahres bilanziell überschuldet“, heißt es dort unverblümt. Das Geschäftsjahr der Gesellschaft ist an den Bundesliga-Spielplan angelehnt und reicht vom 1. Juli bis zum 30. Juni.
Die BWS hatte vor der Corona-Krise in den vergangenen Jahren leichte Überschüsse erzielt, obwohl sie hohe Belastungen in ihren Büchern hat. Die Darlehensverbindlichkeiten aus zurückliegenden Stadionumbauten belaufen sich auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Für einen Teil davon bürgt das Land. Im Zuge der Corona-Krise begann sich die wirtschaftliche Situation der BWS rasch zu verschlechtern. Weil in der zurückliegenden Bundesligasaison bereits sechs Partien als „Geisterspiele“ ohne Zuschauer ausgetragen werden mussten, erhielt die BWS von Werder deutlich geringere Stadionabgaben, auch die Erlöse aus der Gastronomie fehlen der Gesellschaft.
Rabenschwarz sieht es für die aktuelle Spielzeit aus. Intern geht die BWS von einem Worst-Case-Szenario aus, das auf einem kompletten Wegfall der Zuschauereinnahmen basiert. Im günstigsten Fall stünden bei Berücksichtigung der 1,5-Meter-Abstandsregel nur 10.300 Plätze statt der nominellen Kapazität von 42 100 Zuschauern zur Verfügung. Das von der Gesundheitsbehörde zugrunde gelegte Hygienekonzept für den Ligaauftakt gegen Hertha BSC Berlin sah sogar nur 8500 Besucher vor.
Sieben Millionen Euro werden gebraucht
Doch selbst wenn bald wieder so viele kommen dürften, was derzeit völlig unrealistisch erscheint – die geringen Einnahmen würden durch den erhöhten Hygiene- und Sicherheitsaufwand wohl nahezu aufgezehrt. In der Senatsvorlage heißt es deshalb nüchtern: „Vor diesem Hintergrund sind für die Saison 2020/2021 keine Deckungsbeiträge aus dem Zuschauersegment zu erwarten.“ Auch für die Spielzeit 2021/22 geht man im Senat noch von massiven Belastungen des Geschäftsergebnisses der BWS aus.
Was also tun? In der Wirtschaftsbehörde hält man eine Finanzspritze für erforderlich, die Stadt und Werder der BWS gemeinsam verabreichen. Jeweils 3,5 Millionen Euro sollen die beiden Partner locker machen, die Stadt würde sich dabei der WFB bedienen. Mit diesen Liquiditätshilfen könnte die BWS nach Einschätzung der Fachleute im Haus von Senatorin Kristina Vogt (Linke) durch die Krise kommen. Im Hintergrund helfen offenbar auch Kreditinstitute durch die zeitweilige Aussetzung des Schuldendienstes, den die BWS für ihre Verbindlichkeiten leisten muss.
Den städtischen Anteil will der Senat aus dem sogenannten Bremen-Fonds entnehmen, einem kreditfinanzierten Finanztopf, den die Bürgerschaft im Sommer zur Milderung der Pandemiefolgen beschlossen hatte. Dass es ein öffentliches Interesse an der Rettung des Weserstadions gibt, steht für den Senat außer Frage, denn der Spielbetrieb von Werder Bremen ist für das kleinste Bundesland auch ein regionalwirtschaftlicher Faktor. Eine 2017 vom Verein in Auftrag gegebene Studie geht von einer Wertschöpfung pro Saison in Höhe von 319 Millionen Euro aus. 250 Personen arbeiten in Voll- oder Teilzeit für Werder, an Heimspieltagen fließen unter anderem durch Verzehr und Anreise rund 15 Millionen Euro nach Bremen – ohne Ticketeinnahmen und Sponsoring. Das sind Argumente, an denen man aus Sicht der Politik nicht vorbeikommt.
Sollten die Pläne für die Finanzspritze umgesetzt werden, entstünde für den Senat allerdings ein Folgeproblem. Denn die Wirtschaftsförderung Bremen, die den Millionenzuschuss an die BWS gewähren soll, ist finanziell selbst nicht auf Rosen gebettet. Erwogen wird deswegen, dass die Stadt die Anteile der WFB an der Weserstadion GmbH übernimmt.