Mit einem gemeinsamen Antrag an den Senat, den die Stadtbürgerschaft beschließen möge, wollen die Fraktionen von SPD, Grünen und Linken beim Thema Altglassammlung Tempo vorlegen. Volle Pulle sozusagen machen sie sich stark für die Verbesserung der „bürgernahen, fußläufigen Erreichbarkeit von Glascontainern“. Die Zeit drängt, denn ab 2025 müssen PET-Einwegflaschen mindestens 25 Prozent Recycling-Plastik enthalten, und eine Pfandpflicht für Plastikflaschen steht bevor. „Wenn weniger Plastik verwendet wird, wird mehr Glas zum Einsatz kommen“, erläutert Ingo Tebje, Sprecher für Wirtschaft und Umwelt der Linken-Fraktion, das Engagement für Container. Die Koalitionsfraktionen vermuten schlicht, dass die insgesamt 1069 Bremer Altglas-Sammelcontainer ungünstig übers Stadtgebiet verteilt sind.
„Aus Gründen der wohnortnahen Daseinsversorgung und aus ökologischen Beweggründen ist eine fußläufige Erreichbarkeit von Glascontainern sinnvoll“, heißt es dazu im Antrag. In Bremen gebe es 372 Standorte für Altglascontainer, weniger als in vergleichbaren Großstädten wie Dresden (640), Essen (543), Leipzig (445) und Dortmund (580). In Dresden, Essen und Leipzig gebe es je 1000 Einwohnerinnen und Einwohner einen Sammelstandort, in Bremen ein Drittel weniger. "Ein vorbildliches Angebot in Bremen", das seinesgleichen suche, sei allerdings die "flächenhafte Versorgung mit Recyclinghöfen".
Wie man es auch rechnet, scheint Bremen nicht allzu gut dazustehen: Hier gibt es je Quadratkilometer Stadtfläche 1,14 Sammelstellen. Die meisten Standorte sind es in Essen (2,58 je Quadratkilometer), gefolgt von Dortmund (2,06), Dresden (1,95) und Leipzig (1,5). Bremens 1069 Container für rund 563.000 Einwohnerinnen und Einwohner würden von Dresden „bei ähnlicher Bevölkerungszahl“ klar in den Schatten gestellt, führt SPD-Fraktionssprecher Andreas Reißig an: 1414 Glascontainer gebe es dort, und in Leipzig seien es sogar 2021 für rund 610.000 Menschen. In Bremen teilen sich demnach 527 Personen einen Glascontainer, in Dresden 398 und in Leipzig 301.
Ohne zu wissen, wie viel Altglas entsorgt wird, wie oft die Container geleert werden und wie gut sie erreichbar sind, bleibt der Erkenntnisgewinn dieser Zahlen begrenzt – auf der Kippe zwischen Glas halb voll und Glas halb leer. Ralph Saxe, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, räumt denn auch ein, die Vermutung, dass es in Bremen auf diesem Gebiet eine "Unterversorgung“ gebe, habe sich nicht bewahrheitet. „Vielleicht lassen sich die Container aber besser verteilen.“ Das würde bedeuten, dass weitere Standorte gefunden werden müssten.
Saxe räumt zudem ein, dass Glas- und auch Altkleidercontainer nicht zu den Lieblingsnachbarn in Wohnvierteln, an Spielplätzen und Schulen zählen. In Gröpelingen beispielsweise ist ein an der Leuthener Straße vorgesehener Standort seit Anliegerprotesten im Frühjahr kein Thema mehr. In Schwachhausen gab es im vergangenen Jahr Beschwerden darüber, dass die Behälter ständig überfüllt waren.
Größte Störfaktoren sind nach Kenntnis der Antragsteller der Lärm, der beim Einwurf entsteht, und der Müll, der neben den Containern illegal abgeladen wird. Bei der Wahl der Standorte sind die Beiräte mit ihrem Wissen gefragt. Auch der Einzelhandel könne möglicherweise dazu beitragen, meinen die Antragsteller und wollen prüfen lassen, ob Supermärkte, Baumärkte und Einkaufszentren „mit einer Verkaufsfläche von mehr als 500 Quadratmeter verpflichtet werden können, Flächen für die Container bereitzustellen“. Mit Blick auf das „Verursacherprinzip“ hatte der SPD-Unterbezirksparteitag Bremen-Stadt bereits vor knapp zwei Jahren einen entsprechenden Beschluss gefasst und an die Fraktion überwiesen.
Den Lärm wollen die SPD, Grüne und Linke "anwohnerfreundlich“ reduzieren und setzen dabei auf sogenannte Flüster-Glascontainer. SPD-Fraktionssprecher Andreas Reißig verweist auf gute Erfahrungen, die damit vor bereits fast 20 Jahren in Frankreich gemacht worden seien. In Pirmasens kommen mit Dämmmatten und Fallbremsen ausgestattete Sammelbehälter zum Einsatz, in Elverdissen im Landkreis Herford ebenfalls. Ob und welche Erkenntnisse die Bremer Stadtreinigung (DBS) zu Flüster-Aspekten hat, war kurzfristig nicht zu erfahren. Nicht geplant ist in Bremen gegenwärtig der Einbau sogenannter Unterflurglascontainer, wie sie im Neubaugebiet Augustfehn-Hengstfort im Ammerland vorgesehen sind und in Städten wie Bamberg, Düsseldorf oder Münster längst existieren. Diese Container werden so tief vergraben, dass nur ihr Einfüllschacht aus der Erde ragt.
Ganz geräuschlos geht es nicht, das dürfte auch den Antragstellern klar sein: Selbst wenn es gelingt, Glascontainer schallzudämmen, lässt sich der Lärm beim Leeren der drei bis vier Behälter je Standort schwer vermeiden.