In der Brunftzeit der Rehe kann es auch auf Bremens Straßen wild werden. "Jetzt geht es los, erste Unfälle haben sich bereits ereignet", warnt Stadtjägermeister Richard Onesseit. Von Mitte Juli bis Ende August sei mit verstärktem Wildwechsel auch in Bremen zu rechnen.
Von einem Unfall am Wochenende an der Ritterhuder Heerstraße wisse er, von einem Fall in der Wilhelm-Röntgen-Straße in Horn-Lehe und zwei Fällen in Bremen-Nord – und das seien nur die Fälle außerhalb eines der 36 Jagdreviere im Stadtgebiet oder in befriedeten Gebieten. "Normalerweise ruft die Polizei die jeweiligen Jagdpächter an den Unfallort, das muss ich gar nicht mitbekommen", sagt Onesseit. Besonders gefährdet seien gerade Straßen, an denen Bäume und Sträucher stehen, Straßen entlang von Kleingartengebieten und Ausfallstraßen, "insbesondere die Ritterhuder Straße und Seitenstraßen in Bremen-Nord". Besonders schwierig sei es mit Schleichwegen wie etwa dem Fahrwiesenweg: "Da werden dann die Tiere zu Klump gefahren und liegengelassen."
Circa 1000 Rehe in Bremen
Auf 800 bis 1000 erwachsene und junge Tiere schätzt der Stadtjägermeister den Rehwildbestand in Bremen. Im abgelaufenen Jagdjahr wurden rund 540 Tiere von Jägern erlegt oder zum Beispiel bei Unfällen getötet. Besonders gefährdet sind laut Onesseit derzeit Jungböcke, die im vergangenen Jahr zur Welt gekommen sind und "jetzt den Einstand suchen", von Alttieren vertrieben werden und so schnell auf die Fahrbahn geraten könnten. Zudem hätten Rehe eine sogenannte Treibphase vor der Paarung, in der sie sich einander allmählich annäherten. "Das kann mehrere Stunden dauern, und gerade weibliche Tiere können dabei auf die Straße getrieben werden."
Die Gefahr bestehe sowohl morgens wie abends vor allem in der Dämmerung. "Es kann aber auch passieren, dass die Tiere tagsüber plötzlich auftauchen, quasi aus dem Nichts", ermahnt Richard Onesseit zur Aufmerksamkeit. Alles in allem habe der stadtnahe Rehwildbestand nach dem Hochwasser im Winter 2023/2024 zugenommen: "Viele Tiere, die sich aus den Stadtrandgebieten weiter in die Stadt hinein geflüchtet hatten, sind dort auch geblieben."
Auch wenn die Brunft- und Paarungszeit jetzt begonnen hat, werden die Kitze erst nach fast einjähriger Tragezeit, etwa ab Mai, geboren. Richard Onesseit erklärt das mit der sogenannten Eiruhe. "Die Föten werden eingelagert und entwickeln sich erst über den Winter." Das bedeutet: Jetzt sind auch die unerfahrenen jüngsten Tiere unterwegs und könnten ab und zu die Straßenseiten wechseln. Bei vollem Risiko.