Im Rathaus nichts Neues, jedenfalls am Montag nicht, beim dritten Bremer Innenstadtgipfel in der Oberen Rathaushalle. Das Parkhaus Mitte geht an die Brebau und wird abgerissen. Bekannt. Die Universität soll mit einem Teil ihres Lehrbetriebs an den Domshof ziehen, in das Landesbankgebäude. Ebenfalls bereits öffentlich geworden. Bei Domshof und Domsheide stockt es. Genauso bei der diskutierten Verlegung der Straßenbahn raus aus der Obernstraße. Auch gleich geblieben. Das ist die Gemengelage, und sie hat sich durch den Gipfel keinen Deut verändert.
Doch war das zu erwarten? Eher nicht. Rechnen musste man dagegen mit einem Aufschrei der Opposition, und der kam dann auch: "Diese Schauveranstaltung war völlig unnütz", schimpfte CDU-Fraktionschef Heiko Strohmann. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) habe fünf Monate vor der Bürgerschaftswahl kräftig die Nebelmaschine angeschmissen, "damit bei seinem Gipfel niemand erkennen soll, wie hilflos er politisch herumstochert". Weder sei klar geworden, wann und wie voraussichtlich das Parkhaus Mitte abgerissen wird und was an dessen Stelle im Herzen der Stadt entstehen soll. Noch habe Bovenschulte irgendetwas Belastbares zu seiner Idee für den Teilumzug der Uni vorzuweisen. "Kein Zeitplan für Projekte, keinerlei Finanzierungsstrategie", kritisierte Strohmann.
Nicht alle dieser Vorhaben, sicher aber zwei davon sind in einer Phase, die man im Vergleich zum jahrelangen Vorlauf, der in der Innenstadt bisher zu beobachten war, als geradezu embryonal bezeichnen kann. Das Parkhaus wollte der Bremer Unternehmen Kurt Zech entwickeln, mitsamt der angrenzenden Gebäude. Er ist damit gescheitert, die Stadt hat ihm die Hochgarage im Sommer wieder weggenommen. Doch was tun damit? Die Entscheidung kam erst vor zwei Wochen: Statt Zech soll es nun die städtische Wohnungsgesellschaft Brebau richten. Und beim Uni-Umzug ist es auch erst kurze Zeit her, dass der Senat verkündet hat, dafür unter anderem das Nord/LB-Gebäude am Domshof nutzen zu wollen. Die CDU fragt nach den Einzelheiten, doch soweit konnte es noch gar nicht sein. Die Uni zum Beispiel wird am Dienstag eine groß angelegte Informationsveranstaltung zum Teilumzug abhalten. Sie hat sich in der Frage bisher nicht eindeutig positioniert.
Es gibt ein breites Aktionsbündnis zur Bremer Innenstadt, in dem Investoren wie Jacobs, Zech und Justus Grosse sitzen, aber auch Makler, Kammern und die Gewerkschaften. Das Bündnis hat anlässlich des Innenstadtgipfels ein Positionspapier herausgebracht, in dem fast deckungsgleich und mit ähnlicher Intention die Schwerpunkte des Senats für die Entwicklung der City abgebildet sind. "Die Bremer Innenstadt muss als Wohnort wiederentdeckt werden", heißt es dort zum Beispiel, idealerweise auch mit Angeboten für jüngere Familien und Studierende. Im Einzelhandel solle die Ansiedlung von inhabergeführten Fachgeschäften forciert werden. Und: "Als Oberzentrum und Metropole des Nordwestens muss die Bremer City für alle Verkehrsteilnehmer komfortabler erreichbar sein." Reinen Durchgangsverkehr gelte es zu minimieren.
Das Bündnis macht auch Druck: Über viele Schlüsselprojekte zur Innenstadtentwicklung werde schon sehr lange gesprochen und diskutiert. "Nach unserer Überzeugung muss die Mehrzahl dieser Vorhaben jetzt, das heißt noch in dieser Legislaturperiode, im Grundsatz entschieden werden, um auf diesem Wege wichtige Impulse für Aufbruchstimmung und private Folgeinvestitionen zu setzen", fordern Kammern, Gewerkschaften und Investoren.
Konkret wird in dem Positionspapier unter anderem die Obernstraße angesprochen. Der Straßenzug sollte, so der Vorschlag, im kommenden Sommer im Zuge eines Verkehrsversuchs für sechs bis acht Wochen erneut zur reinen Fußgängerzone ohne Straßenbahn werden, um den Raum anders zu erleben und seine Potenziale zu erkennen. Das zielt klar darauf, die Bahn eines Tages endgültig herauszunehmen. Damit einher geht für das Bündnis die Aufwertung von Domsheide und Glocke. Die städtebauliche Einordnung des Konzerthauses müsse unbedingt gestärkt werden, steht in dem Papier. Das wiederum zielt darauf, die zentrale Haltestelle für Straßenbahnen nicht vor der Glocke zu bauen, wie von Bau- und Verkehrssenatorin Maike Schaefer favorisiert. Schaefer spricht sich außerdem für den Beibehalt der Straßenbahn in der Obernstraße aus, hat anders als der übrige Senat also auch hier einen Dissens mit dem Aktionsbündnis.
Das sagt der Senat zum Innenstadtgipfel:
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD): "Der Innenstadtgipfel war ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer noch attraktiveren Bremer Innenstadt. Zum einen, das zeigt sich heute wieder einmal, weil sich alle Beteiligten über das Ziel einig sind und mit großem Engagement daran arbeiten, dieses umzusetzen. Zum anderen, weil es zahlreiche konkrete Projekte gibt, deren Realisierung wir in den vergangenen Monaten zum Teil deutlich nähergekommen sind. Dafür bedanke ich mich bei allen Beteiligten - insbesondere bei den Teilnehmern des Gipfels sowie bei dem Projektbüro Innenstadt und dessen Geschäftsführer Carl Zillich."
Stadtentwicklungssenatorin Maike Schaefer (Grüne): "Ich freue mich sehr, dass der Aufbruch in der City seinen Lauf nimmt. Mit dem Parkhaus Mitte marschieren wir jetzt endlich weiter. Das Balgequartier wird ein tolles innerstädtisches Areal mit höchster Qualität, ursprüngliche Differenzen am Wall haben wir beigelegt und werden in einer gemeinsamen Aktion einen Boulevard mit Radpremiumroute erschaffen. Zudem ist es bereits jetzt gelungen, die Innenstadt durch den steten Ausbau von Wohnraum weiter zu beleben. Wir sind auf dem richtigen Pfad."
Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke): "Die Entwicklung der Innenstadt ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf. Das erfolgreiche Management gegen Leerstand macht deutlich, dass man den Strukturwandel positiv gestalten kann, wenn man seine Ziele aktiv verfolgt. Die Wettbewerbe gegen Leerstand und die enge Begleitung von Entwicklungen durch die WFB haben bereits zu über 20 erfolgreichen Projekten geführt. Die neuen Konzepte haben neue Zielgruppen und neue Arbeitsplätze im Blick. So wird die Innenstadt belebter, junger und dynamischer. Ein gutes Beispiel dafür wäre der Campus Innenstadt im Gebäude der Nord/LB. Das Erdgeschoss dieser Immobilie bietet Perspektiven, etwa für ein attraktives Gastronomieangebot, die wir bei der Entwicklung des Domshofs berücksichtigen würden."
Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne): "Man sieht schon an der Liste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer: die Transformation der Bremer Innenstadt geht alle an. Der Wandel wird tiefgreifend. Die Innenstadt nicht mehr nur als Ort des Konsums zu verstehen, sondern als Ort, an dem Menschen sich gerne aufhalten, sich bilden, sich begegnen und gemeinsam Bremen erleben und gestalten – das ist Aufgabe und Ziel. Hier braucht es einen Konsens, der trägt. Daran arbeiten wir intensiv weiter."
Carl Zillich, Geschäftsführer Projektbüro Innenstadt: "Auf dem Gipfel wurde noch einmal deutlich: Die künftige Entwicklung des Bremer Zentrums besteht nicht nur aus der Summe der verschiedenen Einzelprojekte. Sie ist komplexer und - vor allem mit Blick auf die zu beteiligenden Akteure und die Stadtgesellschaft – vielfältiger als oftmals kommuniziert. Als Projektbüro freuen wir uns auf die gemeinschaftliche Nachbereitung der Impulse des Gipfels und die anstehende Ko-Produktion für den Transformationsprozess des Bremer Zentrums. Zusammen mit öffentlichen und privaten Verantwortungsträgern, mit Investoren und der Stadtgesellschaft können wir den Strukturwandel in der Innenstadt gestalten. Mit Offenheit und Mut wollen wir das Zentrum neu in Wert setzen."