Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will systematische Corona-Massentests für Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheime verordnen. Die Kosten dafür sollen die gesetzlichen Krankenversicherungen über den Gesundheitsfonds tragen. So sieht es Spahns Entwurf für die Verordnung vor, die sich nun in den einzelnen Ressorts zwecks Abstimmung befinden. Laut dem Papier sollen für alle Tests zunächst die gesetzlichen Kassen (GKV) aufkommen.
Privat- und Nicht-Versicherte würden bei den Kosten nicht einbezogen. Dies lehnt die Bremer HKK ab und schließt sich damit dem GKV-Spitzenverband an. HKK-Sprecher Holm Ay sagte: „Tests auf das Coronavirus, die von den Gesundheitsämtern durchgeführt oder als Reihentestung beispielsweise in Pflegeheimen, Schulen, Justizvollzugsanstalten oder Lebensmittelbetrieben angeordnet werden, sind aus Steuermitteln zu finanzieren – so wie alle anderen Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes auch.“
Schließlich handelt es sich hier laut Ay primär um Tests zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen, nicht um die Diagnose eines Krankheitsverdachts. Entsprechend Spahns Entwurf sollen die Massentests direkt aus dem Gesundheitsfonds finanziert werden. An ihn reichen die Krankenkassen die Beiträge ihrer Versicherten weiter und erhalten das Geld nach einem bestimmten Schlüssel zurück. Wenn eine Kasse zum Beispiel viele chronisch Kranke unter ihren Versicherten hat, erhält sie entsprechend mehr Geld aus dem Fonds. im nächsten Schritt zahlen die Kassen das Geld an die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäuser für erfolgte Leistungen aus.
Der HKK-Sprecher kritisiert die direkte Finanzierung der Tests aus dem Gesundheitsfonds: „Dies würde bedeuten, dass die von den Mitgliedern der Krankenkassen eingezogenen Beiträge für staatliche Aufgaben zweckentfremdet werden und unter anderem auch Leistungen für Nichtversicherte finanzieren.“ Sachgerecht sei es für die HKK, im Krankheitsverdacht die Testkosten in Praxen und Kliniken zu übernehmen.
4,5 Millionen Testungen pro Woche
Der GKV-Spitzenverband gibt die Kosten für eine breite Testung bis Jahresende mit 7,6 Milliarden Euro an. Bis März 2021 würden 10,6 Milliarden Euro zusammenkommen. Dabei geht der Verband in seinen Berechnungen von 4,5 Millionen Testungen pro Woche aus. Das entspreche der Zahl der systematischen Tests für alle Mitarbeiter der Gesundheitsberufe und für alle Krankenhauspatienten. Müssten die GKV diese Kosten schultern, könnte das für die Mitglieder eine Erhöhung der Beiträge um bis zu 0,8 Beitragspunkte bedeuten.
Über die zu erwartenden Kosten sagt Jörn Hons, Sprecher der AOK Bremen/Bremerhaven: „Bei den Corona-Massentests handelt es sich ja nicht um Prävention, sondern um eine Maßnahme für den Bevölkerungsschutz. Grundsätzlich stellt sich da die Frage bei den Kosten: Wenn es die GKV nicht machen, wer dann?“ Da in Spahns Plan private Krankenversicherungen nicht an den Kosten beteiligt werden sollen, sagt Hons: „Wir fordern schon lang, das auch Beamte wie Lehrer – und die werden ja in den Genuss dieser Massentests kommen – in die GKV gehören.“
Gleichzeitig müssen die gesetzlichen Krankenversicherungen mit weniger Einnahmen aus den Beiträgen rechnen. Der allgemeine Beitragssatz liegt bei 14,6 Prozent plus Zusatzbeitrag des Gehalts, den je zur Hälfte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zahlen. Angesichts der massenhaften Kurzarbeit in Deutschland erhalten die Kassen eben auch nur 14,6 Prozent des niedrigeren Gehalts. Das betreffe auch die AOK Bremen/Bremerhaven für die Monate März und April, wie Jörn Hons erläutert: „Betrachtet auf das Gesamtjahr lässt sich die Höhe momentan aber schwer kalkulieren.“ Es gebe außerdem Mehrausgaben für Tests, für leerstehende Krankenhausbetten, allerdings stehen dem weniger Ausgaben durch abgesagte Operationen gegenüber. „Da wissen wir natürlich nicht, ob diese Operationen bis Jahresende noch nachgeholt werden“, stellt Hons fest.
Die in Bremen ansässige BKK Firmus kann derzeit auch noch nicht absehen, wie sich die Kurzarbeit auf die Einnahmen auswirkt. Sprecher Bastian Burghardt äußerte sich dazu: „Die Stundungsphase läuft ja noch. Hier wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen, wie hoch möglicherweise der Anteil der Beitragszahler und Arbeitgeber ist, der die gestundeten Beiträge zum Teil oder gänzlich nicht zurückzahlen kann.“ Je nach Höhe des Ausfalls müsse man das anschließend politisch diskutieren. Das betrifft genauso die HKK und die AOK Bremen/Bremerhaven, weshalb die tatsächlichen Einnahmen derzeit noch eine Wundertüte sind. Bezüglich der Corona-Massentests geht AOK-Sprecher Hons am Ende davon aus: „Es wurde uns versprochen, dass es im Herbst einen Bundeszuschuss für den Gesundheitsfonds geben wird, der diese Kosten wieder ausgleichen soll.“