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Bremer Dom Vierte Glocke in knapp 130 Jahren

Die neue "Brema" ist der vierte Guss der Glocke für den Bremer Dom. Bei den Vorgängerinnen war mit der Zeit stets ein Riss zu beklagen. Die Geschichte der "Brema" seit 1894.
17.12.2022, 05:00 Uhr
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Vierte Glocke in knapp 130 Jahren
Von Jürgen Hinrichs

Als am 16. Juni 1894 die erste "Brema" gegossen wurde, stammte ein großer Teil des Metalls aus der Kriegsbeute, die der Norddeutsche Bund unter Führung Preußens gemacht hatte: Zwei Kanonen aus dem Deutsch-Französischen Krieg, die Kaiser Wilhelm II. der Bremer Kirche überließ, damit sie für den Dom eine neue Glocke in Auftrag geben konnte. Hinzu kamen 4000 Kilo Kupferplatten von einem alten Domdach. So viel Material musste es im Ganzen sein. Der Senat beteiligte sich mit 25.000 Mark – Geld für die Glockengießer und für weitere Kosten.

Am 8. August desselben Jahres war es soweit. Die 8200 Kilo schwere "Brema" wurde angeliefert und im neuen Südturm aufgehängt. Das Bauwerk war 250 Jahre zuvor eingestürzt, der Grund: die Glocken. Acht davon waren einfach zu viel, das Gewicht hing wie ein Mühlstein am Dom. Nach dem Wiederaufbau des Turms war es dann allein die "Brema", die dort läuten sollte, allerdings nur zu Festtagen und besonderen vaterländischen Anlässen.

Die Glocke trug die Inschrift "Conserva Dominae Hospitium Dcclesiae tuae" – "Bewahre, Herr, die Herberge Deiner Kirche" – ein Spruch, der an einem der Brückentore lange Zeit die Offenheit Bremens für Glaubensflüchtlinge verdeutlichen sollte. Darunter der Hinweis in Form eines Gedichts, dass die "Brema" zwar aus Kriegsbeute gegossen worden sei, aber zum Frieden läuten solle – die Geburt der Bremer Friedensglocke.

25 Jahre ging alles gut mit der "Brema", sie tat ihren Dienst, und die Kirche war zufrieden. Bis zum Buß- und Bettag 1919, als die Glocke zum Gottesdienst läutete, ein letztes Mal, wie sich erweisen sollte. Sie bekam einen Riss, 40 Zentimeter lang, nichts mehr zu machen. Die erste "Brema" blieb auf ewig stumm.

Es dauerte sechs Jahre, bis das Geld zusammen gekommen war, um eine zweite "Brema" zu gießen. Sicher ist, dass die Glocke 1943 von den Nationalsozialisten als „Metallabgabe für Kriegszwecke“ beschlagnahmt wurde. Doch ist sie damals tatsächlich eingeschmolzen worden, um aus dem Metall Waffen zu schmieden? Eine der Informationen besagt, dass die Glocke ganz geblieben ist und 1945 auf einem Hamburger Schrottplatz auftauchte. Nach Bremen zurückgekommen ist sie jedenfalls nicht.

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Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung kam am 11. April 1962 die dritte "Brema" vor dem Portal des St.-Petri-Doms an. Wie ihre Vorgängerinnen stammte sie aus der Glockengießerei Otto in Hemelingen. Die Handwerker hatten das gute Stück – 7112 Kilo schwer und mit einem Durchmesser von 2,16 Metern – für den Transport durch die Stadt auf einen Pferdewagen gehievt, der mit Tannenzweigen bekränzt war. Tausende Schaulustige wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen.

Die dritte "Brema" war ein Geschenk einer Bremer Kaufmannsfamilie, mit ihr sollte der vielen Toten in aller Welt, aber auch der Verluste innerhalb dieser Familie gedacht werden. "Die Toten zu ehren, die Lebenden zu mahnen. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben”, lautet die Inschrift.

Zu Ostern 1962 wurde diese "Brema" das erste Mal geläutet. Wieder aber lag kein Segen drauf. Zehn Jahre später tat sich während des Läutens ein mehr als ein Meter langer Riss auf. Immerhin konnte dieser Schaden in einem bayerischen Glockenschweißwerk repariert werden, allerdings nur notdürftig, sodass die "Brema" danach nicht mehr länger als zehn Minuten geläutet werden durfte. Einen Auftritt hatte sie dann nur noch am 8. Mai 2005 zum Gedenken an den 60. Jahrestag des Kriegsendes. 2017 wurde die Glocke aus Sicherheitsgründen komplett stillgelegt.

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