Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Wie sich Bremen-Nord entwickelt hat "Der Negativtrend konnte gestoppt werden"

Nach Ansicht von Martin Prange steht der Norden bei Behörden mehr im Fokus als bisher. Anlässlich der WESER-KURIER-Umfrage zu Rot-Grün zieht der Senatsbeauftragte eine Zwischenbilanz seiner Arbeit.
04.05.2018, 18:36 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Christian Weth

Herr Prange, laut einer Umfrage des WESER-KURIER wollen immer weniger Wähler eine rot-grüne Regierung. Was sagen Sie als SPD-Mann dazu – und was als Bremen-Nord-­Beauftragter?

Martin Prange: Als Parteimitglied sage ich, dass die Bremer SPD in der Umfrage immer noch besser dasteht als die SPD auf Bundesebene. Was mich weder überrascht noch zufrieden macht. Und als Senatsbeauftragter sage ich gar nichts dazu, weil ich in dieser Funktion parteiübergreifend bin und arbeite.

Die Zwischenbilanz des WESER-KURIER ist, wenn man so will, auch eine Bilanz Ihrer Arbeit: Senatsbeauftragter sind Sie seit Beginn der Legislaturperiode. Zu welchem Ergebnis kommen Sie ein Jahr vor der Wahl?

Ich meine, dass es gut gelungen ist, die Behörden für die Probleme des Nordens, aber auch für seine Potenziale zu sensibilisieren. Man kann sagen, dass bei allen Senatsressorts der Fokus auf diesen Teil der Stadt geschärft wurde.

Woran machen Sie das fest?

Beispielsweise daran, dass die Behörden neue Wohnbauprojekte für den Norden voranbringen und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.

Lesen Sie auch

Laut Umfrage sind die meisten Bremer unzufrieden mit der Bildungspolitik. Und Sie?

Ich weiß, dass es viele Klagen über zu wenig Lehrer und Klassenzimmer gibt. Ich weiß aber auch, dass die Bildungsbehörde einen Schwerpunkt auf den Bremer Norden gelegt hat, qualitativ wie quantitativ: Von den acht geplanten Ganztagsschulen in der Stadt werden beispielsweise vier im Norden eingerichtet.

Wo sehen Sie denn die größte Unzufriedenheit bei Nordbremern?

Ich würde sagen, dass die meisten unzufrieden mit den fehlenden Arbeitsplätzen und dem Ausbau der Infrastruktur sind, der für viele langsamer vorangeht, als die Stadtteile wachsen. Auch der Wohnungsbau dauert ihnen zu lange.

Der Koalitionsvertrag von Rot-Grün hat 140 Seiten, auf 15 wird Bremen-Nord oder ein Nordbremer Projekt genannt. Reicht das – oder sind Sie schon zufrieden, dass der Norden überhaupt erwähnt wird?

Ich kann nur sagen, dass der Bremer Norden an Bedeutung gewinnt. Noch vor Jahren galt er als ein Stadtgebiet mit sinkender Einwohnerzahl. Mittlerweile steigt sie in Vegesack und Blumenthal deutlicher als andernorts in der Stadt. Nur in Walle ist das Plus an Menschen noch größer.

Dass mehr Menschen in Vegesack und Blumenthal wohnen, kommt aber nicht von ungefähr...

...Das stimmt. Ein Gutteil der neuen Einwohner sind Geflüchtete.

Rot-Grün versteht den Strukturwandel im Norden als Chance für Wohnen und Arbeiten. Wurde die Chance genutzt?

Ich denke schon. Der Negativtrend konnte gestoppt werden. Wir haben eine wachsende Bevölkerung, mehr Wohnungen und mehr Arbeitsplätze.

Lesen Sie auch

Wie viele Wohnungen und Arbeitsplätze sind denn bisher neu dazugekommen?

In den vergangenen Jahren sind 1000 Baugenehmigungen erteilt und 755 Wohneinheiten fertiggestellt worden. Und nach den Zahlen der Arbeitnehmerkammer ist der Zuwachs an Jobs vierstellig. Natürlich müssen noch mehr Stellen geschaffen werden.

Im Koalitionsvertrag werden speziell das Gelände der Bremer Woll-Kämmerei und der Science Park erwähnt: Beide Flächen sollten für Firmen weiterentwickelt werden. Wie werten Sie den heutigen Stand?

Auf dem Grundstück der Bremer Woll-Kämmerei nimmt die Zahl der Unternehmen beständig zu. Dort ist Bremen auf einem genauso guten Weg wie im Science Park. Für mich ist die Entscheidung, die Jacobs University dort zu integrieren, eine gute Entscheidung.

Aber die Park-Pläne haben sich damit grundlegend geändert. Statt ausschließlich Firmen anzusiedeln, soll dort jetzt auch gewohnt werden. Wie passt das für Sie zusammen?

Die Privatuni ist der viertgrößte Arbeitgeber im Norden und hat die Zahl der Studenten in wenigen Jahren um 30 Prozent gesteigert. Es gibt jetzt 1400 Studierende in Grohn. Es sollen 2000 werden. Für mich liegt es nahe, dass sie im Science Park und damit am Campus wohnen sollen.

Seit Jahren wird noch an einer anderen Entwicklung gefeilt: an der für den Bremer Norden insgesamt. Warum dauert es mit dem Konzept so lange?

Weil es mit vielen diskutiert wird, weil viele Behörden beteiligt sind und weil parallel auch schon viel umgesetzt wird.

Wann wird der große Plan für den Norden denn nun präsentiert?

Wir werden in diesem Monat damit anfangen, das Konzept den Beiräten vorzustellen.

Damit kommt das Konzept ein Jahr vor der Wahl. Was macht sie so sicher, dass eine neue Regierung an ihm festhalten wird?

Dass die Umsetzung, etwa beim ­Kita-Ausbau, beim Wohnungsbau und bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze, längst begonnen hat.

Manche Politiker sagen dennoch, dass der Plan zu spät kommt. Was sagen Sie?

Es wäre schön, wenn immer alles so schnell ginge, wie man es möchte.

Lesen Sie auch

Die Debatte über ein neues Konzept zum Schutz der Zentren wird vor der Wahl wahrscheinlich gar nicht erst geführt. Wie werten Sie die Vertagung?

Ich bedauere das. Ich kann Stadtteilpolitiker gut verstehen, wenn sie jetzt über Veränderungen sprechen wollen, weil das Konzept aus ihrer Sicht immer wieder neuen Ansiedlungen im Weg steht. Andererseits muss ein Geschäftszentrum vor der Konkurrenz auf der grünen Wiese geschützt werden.

Sie klingen wie jemand, der keiner Seite wehtun will. Wie oft sitzen Sie zwischen den Stühlen?

Ich sehe mich als Vermittler, der versucht, die entscheidenden Gesprächspartner an einen Tisch zusammenzubringen.

Sie sollen den Norden voranbringen, haben aber weder ein Budget noch die Befugnis, Entscheidungen zu fällen. Was können Sie eigentlich bewegen?

Ich habe tatsächlich keinen Etat und keine Entscheidungsbefugnis. Mir wird aber nachgesagt, hartnäckig zu sein. Und mit Hartnäckigkeit kann man eben diejenigen zusammenbringen, die über Geld bestimmen und Beschlüsse fassen können.

Rein hypothetisch: Wie wahrscheinlich ist es, dass die Stelle des Bremen-Nord-Beauftragten von einer neuen Regierung gestrichen wird?

Ich sage es mal so: Bisher habe ich von ­
keiner Partei gehört, dass der Senats­beauftragte für den Norden überflüssig wäre.

Die Fragen stellte Christian Weth.

Zur Person

Zur Person

Martin Prange (57)

wurde Ende 2015 zum Senatsbeauftragen für den Bremer Norden ernannt. ­Zugleich leitet er die Staats- und Zentralabteilung in der Senatskanzlei. Prange ist verheiratet und hat zwei ­Kinder.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)