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Vier Hochhäuser im Hafen Zech-Zentrale im Rohbau fertig

Beim 300-Millionen-Projekt von Kurt Zech am Kopf des Europahafens sind die Rohbauarbeiten jetzt abgeschlossen. In den vier Hochhäusern ist eine Fläche von 77.000 Quadratmetern entstanden.
16.01.2022, 05:00 Uhr
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Zech-Zentrale im Rohbau fertig
Von Jürgen Hinrichs

Kurt Zech hat sich entschieden. Er wählt den Blick über den Hafen hinweg, über Walle bis nach Gröpelingen und zu den Stahlwerken. Genauso gut hätte er sich mit seinem Schreibtisch auf die andere Seite setzen können, zur Innenstadt, mit dem Dom im Blick. Zech ist der Chef, er hat das Sagen. Aber nein, er wendet sich lieber dem Westen zu, der Gegend in Bremen, wo alles seinen Anfang nahm.

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Das Zech-Imperium mit heute weltweit einigen hundert Firmen hat seinen Ursprung zwar in einem Ort nahe Breslau, weiter ging es nach dem Krieg aber in Walle. Dort erst kam Dynamik und Wachstum hinein, zunächst mit einer reinen Baufirma, später auch mit anderen Geschäftszweigen. „Zu diesen Wurzeln kehren wir zurück“, hatte Zech gesagt, als er mit seinen Leuten vor drei Jahren feierlich den ersten Spatenstich vollzog – Start für die neue Unternehmenszentrale am Kopf des Europahafens in Walles Überseestadt. Ein knappes Jahr noch, und das 300-Millionen-Projekt ist fertig. Doch wie sieht es auf der Baustelle aus, der größten, die Bremen gerade zu bieten hat?

Ein Quartett wie die Stadtmusikanten

Die Architekten bemühen gerne Metaphern, sie verwenden Bilder, um ihren Plänen Tiefe und Bedeutung zu geben und den Bezug zum jeweiligen Ort herzustellen. In diesem Fall sind es die Bremer Stadtmusikanten: Vier pfiffige Gesellen, die sehr unterschiedlich sind, aber trotzdem zusammengehören. Und so ist das auch mit den vier Häusern am Hafenkopf. Esel, Hund, Katze, Hahn – nicht klein und possierlich, sondern kolossal. Ein Ensemble aus Stein, Glas und Beton. Es steht jetzt da, der Rohbau ist abgeschlossen. Die Planer hatten angekündigt, eine kraftvolle Silhouette zu bauen: die Wand in Walle – ziegelrot und oben drauf geneigte Dächer.

Von ganz unten nach ganz oben. Die beiden Tiefgeschosse ziehen sich über eine Breite von 260 Metern unter allen vier Baukörpern hinweg. Parkplätze soweit das Auge reicht, und wenn hier mal die Kugel rollt, ist es die längste Kegelbahn der Welt. 800 Autos passen hinein, ein weiterer Beitrag zum täglichen Verkehrskollaps in der Überseestadt, muss man fürchten. Weil nahe an den Häusern aber die Straßenbahn hält und der Radweg über die Schlachte zum Europahafen eine Wonne ist, könnte es auch anders kommen. In einem der Gebäude, dem nördlichen, wird außerdem ein Mobilitätshaus untergebracht, das unter anderem die Möglichkeit bietet, Fahrräder und Autos zu teilen. Am Ende also doch Kegelbahn? Alle Neune auf dem leeren Parkdeck? Wer weiß.

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Im Erdgeschoss entsteht auf rund 700 Quadratmetern eine Markthalle, die Fenster sind bereits eingesetzt, sie reichen bis zu sieben Meter hoch. Auf der Galerie mit dem geplanten Bistro werden die Gäste den Überblick haben, ein bequemer Beobachtungsposten besonders zur Mittagszeit, wenn das Gewusel einsetzt. Neben drei festen Ständen soll es sechs mobile geben, damit das Essensangebot immer mal wieder wechselt. Die Markthalle öffnet sich zum Hafenbecken, die andere Seite im Erdgeschoss liegt an der Straße und wird die Empfangshalle für das Bürogebäude sein.

Corona hat den Bau nicht behindert

Der Bauleiter für dieses Haus, das 35.000 Quadratmeter Bürofläche versammelt und neben der Zech-Group viele andere Firmen beherbergen wird, ist ein Mann, der gerade einmal 25 Jahre alt war, als er die Herkulesaufgabe angetragen bekam. „Ich habe direkt ja gesagt“, erzählt Jan Schmidt. Er sorgt für den Innenausbau und koordiniert die vielen Gewerke. Nicht ganz neu für ihn, nicht sein erstes Projekt, aber das jetzt, diese Größenordnung, wow!: „Im Grundsatz wusste ich, wie der Hase läuft, ein wenig mulmig war mir bei dieser Herausforderung aber schon.“ Zumal er einen Bauherrn hat, der bei jedem Detail mitreden will, denn dafür ist Kurt Zech bekannt, er kann sehr akribisch sein. Einmal mehr wahrscheinlich, wenn es das Eigene betrifft, den neuen Unternehmenssitz.

Corona, sagt Schmidt, hat ihnen bisher kaum Probleme bereitet, obwohl auf der Baustelle in Spitzenzeiten mehr als 600 Menschen arbeiten: „Es gab es ein paar Einzelfälle, das schon. Aber nichts, was den Bau behindert hätte.“

Der Ingenieur lässt den Fahrstuhl kommen („Maske, bitte!“) und gibt bei seinem Kollegen, der die Knöpfe bedient, als Ziel das 16. Obergeschoss an: Chefetage. Sechs Vorstände teilen sich mit ihren Assistenten 650 Quadratmeter – und einen grandiosen Ausblick. Hier wird es ums knallharte Geschäft gehen, oben drüber, in den beiden obersten Geschossen, ums reine Vergnügen, mit einem Restaurant und einer Sky-Bar mit großer Dachterrasse.  

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Im Vorbau der Zech-Zentrale sind die Konferenzräume untergebracht. 2500 Quadratmeter, die mit Treppen, Rampen und Brücken verbunden sind. Durch das Glasdach fällt Tageslicht hinein. Wenn im Erdgeschoss die Markthalle als  Begegnungsort dient, ist es hier das Atrium. Das ungewöhnliche Treppenhaus erschließt Räume und Säle, die von allen Unternehmen im Haus gebucht werden können.

338 Wohnungen, ein Viertel sozial gefördert

Das Hauptgebäude, die beiden Lofthäuser links und rechts und das Mobilitätshaus bilden ein Quartett mit insgesamt 77.000 Quadratmetern. Genutzt wird die Fläche für Büros, Gewerbe, Gastronomie – und für 338 Wohnungen, ein Viertel davon sozial gefördert. Es gibt sie in Größen zwischen 49 und 86 Quadratmeter.

Mit Wärme und Strom versorgt werden die Wohnungen wie sämtliche Gebäude des Projekts von einem Blockheizkraftwerk, das mit Erdgas betrieben wird. Die Zech-Group betont, dass sie die Energie herstellt, ohne Treibhausgase in die Luft zu pusten. Das Gas werde zwar normal aus dem öffentlichen Netz entnommen, komme in der Gesamtrechnung aber CO2-neutral daher. Der Grund: Kurt Zech ist neben allem anderen auch einer der größten Bauern im Land. Er besitzt im Osten Tausende Hektar landwirtschaftliche Flächen und betreibt 23 Biogasanlagen. Auch dieser Ast des Unternehmens ist an einem Stamm gewachsen, der seine Wurzeln in Walle hat.

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