Schon durch die Glastür der Kindertagesstätte Singdrossel zeichnet sich ab, dass hier gleich etwas passiert: Die knallgelben Punkte, die sich rasch bewegen und ins Freie drängen, sind die Warnwesten der Kinder, die gleich ihre Sammeltour beginnen. Die Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt an der H.-H.-Meier-Allee ist Startpunkt und Ort des Auftakts der Bremer Aufräumtage 2024. Für diesen Freitag und den Sonnabend haben sich laut Bremer Stadtreinigung insgesamt 23.260 Kinder und Erwachsene angemeldet, die freiwillig Müll sammeln.
Ehe die 48 Singdrossel-Kinder aus der Raupen-, der Bäume-, der Schnecken- und der Schmetterlingegruppe aber so richtig loslegen können, steht der offizielle Teil, zu dem Kita-Leiterin Sylwia Kreft-Pawlusinski die Mädchen und Jungen auf dem naturnah gestalteten Außengelände versammelt, wo sie auf dem Baumstämme-Rondell bequem sitzen und den kurzen Ansprachen lauschen können. DBS-Vorständin Daniela Enslein zum Beispiel wünscht sich und den Kindern, dass es in der Stadt „so sauber und ordentlich wie zu Hause“ sein möge.
Entlang der Straße und der Nachbarhäuser, vor denen die vorbeisausende Straßenbahnlinie 6 nicht nur Staub, sondern auch viel Abfall aufwirbelt, macht sich die Gruppe emsiger Sammelkinder auf den Weg zur Kapelle des Friedhofs Riensberg. Dort ist eine der 70 Müllsacksammelstellen eingerichtet. Auch am Sonnabend können Kinder und Erwachsene Abfall sammeln, ohne sich dafür anmelden zu müssen, und ihn bis 14 Uhr zu den Recyclingstationen bringen. Die nötige Ausrüstung ist dort vorab zu bekommen.

Die Kita Singdrossel beteiligt sich mit fast 50 Kindern am Aufräumen.
Die Kinder aus der Kita Singdrossel und ihrer Dependance „Sparer Dank“ an der Kulenkampffallee sind bereits bestens mit Schutzhandschuhen und Säcken ausgerüstet, als sie sich am Gartentor versammeln und endlich ans Werk gehen dürfen. Schon die ersten Funde machen spektakulären Eindruck auf die Sammlerinnen und Sammler: „Das sieht aus wie ein kleiner Knochen“, lautet ein Kommentar. „Ich habe einen alten Schlittschuh gefunden“, ein anderer. „Ach nee, das ist eine Schuhsohle“, korrigiert sich der kleine Finder nach kurzer Beratung mit einer Erwachsenen. Insgesamt neun pädagogische Fachkräfte begleiten die Sammeltour, die die Stadtreinigung unter das Motto „Wer Bremen liebt, sammelt mit“ gestellt hat.
Die Zahl der 23.260 angemeldeten Sammlerinnen und Sammler setzt sich zusammen aus 14.157 Schulkindern, 5762 Kita-Kindern, 1248 Privatpersonen, 1170 Mitgliedern von Vereinen und Organisationen und 923 Firmenangehörigen. Das, so die DBS, seien rund 5000 mehr als im vergangenen Jahr. Die jährlichen zwei Aufräumtage, stets ein Freitag und ein Sonnabend, sind Bestandteil des Netzwerks Mission Orange, des ganzjährigen Umweltbildungsprogramms, zu dem weitere Mitmachaktionen wie der Kippen-Marathon, aber auch die Unterstützung von freiwilligen Sammelinitiativen oder Umweltbildungsangebote wie die Tour Global oder der Lernkoffer für Schulen und Kitas gehören. Mehrere Sponsoren unterstützen die Mission.
Sammelsaison: ganzjährig
Viele Bremerinnen und Bremer sammeln das ganze Jahr über in ihren Quartieren – ihr Engagement ist in allen Stadtteilen zu bemerken. Auch die Mädchen und Jungen des gesamten ersten Jahrgangs der Grundschule an der Carl-Schurz-Straße sind am ersten Sammeltag schon morgens in der Nähe des St.-Joseph-Stifts mit Säcken unterwegs. 70 bis 80 Kinder machen mit und schwärmen sternförmig aus. „Das Sammeln passt gut zum Sachunterricht“, erklärt eine der Lehrerinnen. „Da geht es um Mülltrennung und darum, zu lernen, dass Müll ins Meer wehen kann.“
Das wissen die Kinder der Kita Singdrossel auch. Und außerdem, dass Flüsse den Müll ins Meer transportieren – und dass Flüsse im Meer münden. „Wir gehen gerne nach draußen, erkunden die Natur, machen die Umwelt zum Thema und untersuchen manche Sammelstücke in unserer Forscherwerkstatt“, so beschreiben sich die Singdrosseln selbst. Kita-Leiterin Sylwia Kreft-Pawlusinski betont den naturnahen Ansatz: „Wir gehen häufig durch die Straßen und das Parzellengebiet, so werden wir auf den Müll aufmerksam.“
Beim Sammelstart ist unter anderem Sascha Karolin Aulepp (SPD), Senatorin für Kinder und Bildung, dabei – und Irene Strebl, Staatsrätin bei der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft. Als DBS-Verwaltungsratsvorsitzende habe sie mit Kreislaufwirtschaft zu tun, erklärt sie den Kindern. „Ich freue mich über die coole Aktion.“ Volker Ernst, Geschäftsführer im DBS-Konglomerat, erzählt dem jungen Publikum im Baumstamm-Rund, dass jeden Tag 400 Mitarbeiter für Sauberkeit in der Stadt sorgen. „Müll darf man nicht einfach auf den Boden werfen“, sagt er. Und nennt den Singdrosseln einen einleuchtenden Grund: „Tiere können sich verletzen, krank werden und sogar sterben.“
Dieser Text wurde am 12.04.2024 um 15.30 Uhr aktualisiert.