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Bremer Aufräumtage Engagement für sauberes Wohnviertel: Großreinemachen am Liegnitzplatz

Die Aufräumaktion am Liegnitzplatz zeigt: Gemeinschaftliches Engagement kann das Wohnumfeld verbessern. Doch wie kann die Eigenverantwortung der Bewohner gestärkt werden?
03.04.2024, 16:39 Uhr
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Von Anke Velten

Rund um den Liegnitzplatz wurde vor einigen Tagen aufgeräumt. Am Ende des Großreinemachens waren das Rondell rund um den Spielplatz und die umliegenden Straßen picobello sauber. Doch auf Dauer kann es nicht darum gehen, dass andere Leute vor der eigenen Haustür kehren. Erwünscht war daher, dass sich möglichst viele Bewohnerinnen und Bewohner an der Gemeinschaftsaktion beteiligen. Das hatte zwar nicht so gut geklappt – und dennoch waren die Veranstalter zufrieden und optimistisch. Sie gehen davon aus, dass sie mit Aktionen wie dieser die Identifikation der Menschen mit ihrem Wohnumfeld stärken – und damit die Motivation wecken, Eigenverantwortung zu übernehmen. „Unser Ziel ist es, den Menschen zu signalisieren: Das ist euer Quartier und ihr könnt es mitgestalten", erklärte Nele Klein, die Gröpelinger Quartiersbeauftragte aus der Senatskanzlei.

Ehrenamtliches Aufräumen

Der kleine Trupp von Clean Up Your City (CUYC) war dem Aufruf gefolgt, den die Gröpelinger Recycling-Initiative, die Bremer Stadtreinigung und die ansässigen Teams des Vereins Kultur vor Ort und der Klimaschutzagentur Energiekonsens verbreitet hatten. An jedem ersten Sonntag im Monat, Punkt 13 Uhr, trifft sich die Gröpelinger CUYC-Stadtteilgruppe am Lindenhofcenter, um ehrenamtlich in den Straßen und auf den Plätzen einzusammeln, was dort nicht hingehört. Rund fünf bis zehn Freiwillige kommen bislang, erzählte Vanessa Köhler, seit einem Jahr Gröpelinger Stadtteilpatin des gemeinnützigen Vereins. Gerne dürften es mehr werden – denn Unrat finde man jedes Mal mehr als genug, so Köhler. „Bei vielen Menschen ist das Müllbewusstsein nicht sehr ausgeprägt", konstatierte die Gröpelingerin nüchtern.

Es ist ein weltweites Problem.
Ricardo Santana, Gründer Upcycling-Werkstatt „Precious Plastic

Ihre Freundin Tanja Friedlbinder kam aus Achim, um mitzuhelfen, Ricardo Santana war sogar aus Bremerhaven angereist, um sich der Gruppe anzuschließen. Das Müllproblem treibt den gebürtigen Brasilianer so sehr um, dass er in Bremerhaven die Upcycling-Werkstatt „Precious Plastic" gegründet hat. Dort arbeite er an der Entwicklung von Baustoffen aus Plastikabfällen, erzählte der 45-Jährige. Parallel biete er Workshops für Schulen an, um in der nachwachsenden Generation die Sensibilität für Müllvermeidung und den achtsamen Umgang mit den Ressourcen zu fördern. „Es ist ein weltweites Problem", betonte er.

Von der Mülldeponie zum Vorgarten

Viel Kleinkram war in den Eimern und Säcken der Truppe gelandet: vor allem Zigarettenkippen, Flaschenverschlüsse aus Kunststoff, Fetzen von Plastikverpackungen, Kronkorken, Schrauben und andere Metallkleinteile wie Schrauben und Nägel. Das lag unter anderem daran, dass die Umweltwächter der Gröpelinger Recycling-Initiative (GRI) bereits in den Vortagen das Gröbste aufgesammelt und abtransportiert hatten.

Der Vorgarten des ehemaligen Mosaiktreffs zum Beispiel war vorher eine echte Mülldeponie, berichtete Anleiter Patrick Mahlstedt: Hinter dem Zaun hatte sich ein Berg aus blauen Säcken und Autoreifen aufgetürmt, der zunächst abgebaut werden musste, damit seine Leute ihr eigentliches Vorhaben umsetzen konnten. Damit der Vorgarten wieder seinem Namen gerecht werden kann, wurde Unkraut gezupft, die Erde wurde vorbereitet und die ersten robusten Stauden wurden gesetzt. „Nach den Eisheiligen kommen dann die Sommerblumen“, versprach Mahlstedt. Der Gröpelinger Quartierservice konnte sich vor Kurzem um fünf neue Umweltwächter verstärken, die überwiegend rund um den Liegnitzplatz aktiv sind. Er habe den Eindruck, „dass unsere Präsenz ein bisschen was zu bringen scheint“, so Mahlstedt.

Vor dem ehemaligen Mosaiktreff hatten die Umweltwächter-Kollegen die Hochbeete neu bepflanzt. Für die Kinder aus der Nachbarschaft hatten sie einen Werktisch auf den Spielplatz gestellt, an dem mit Handbohrern Insektenhotels aus Altholz gebaut wurden. Die Mitmachaktion kam bei den Kleinen gut an – von den Großen war dagegen nicht so viel zu sehen. Mag sein, dass es am Vormittagstermin lag, mutmaßte Nele Klein, vielleicht auch an der Sprachbarriere. „Es gibt hier auch viel anonymes Wohnen“, weiß die Mitarbeiterin der Senatskanzlei.

Nächste Chance: Bremer Aufräumtage

Die Tische in den neuen Räumen von Kultur vor Ort blieben daher meist leer, das gewünschte Kuchenbuffet war nur klein. Projektleiterin Pia Weber nahm es mit Fassung: „Man braucht Geduld, bis sich ein solcher Ort etabliert.“ Sie erklärte, dass die Adresse an der Liegnitzstraße 43 noch ein Provisorium ist. Die Pläne hängen an der Wand, im kommenden Jahr sollen die rund 150 Quadratmeter zu einem großen, schönen Quartierstreff umgebaut werden. In den ehemaligen Mosaiktreff sind die Klimaschützer von Energiekonsens eingezogen. 2025 solle dann auch die große Umgestaltung des Spielplatzes umgesetzt werden, wusste Nele Klein. „Hier passiert ganz viel“, so die Stadtteilbeauftragte.

Obwohl bei vielen Menschen der Funke noch nicht übergesprungen sei, „sich zu trauen, aktiv mitzugestalten“, hatte sie erste positive Signale beobachtet. Einige hätten aus Fenstern und Vorgärten die Aktivitäten mit Interesse und Neugier verfolgt, manche hätten sich sogar anstecken lassen und Besen und Schaufel hervorgeholt. Die Sichtbarkeit, die eine Aktion wie diese mit sich bringe, sei daher nicht zu unterschätzen, betonte Klein: „Es wird wahrgenommen, dass sich gekümmert wird." Im Rahmen der Bremer Aufräumtage am 12. und 13. April „gibt es dann die nächste Chance."

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