Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bremen nach dem Sturm Ein Tag nach "Xavier"

Im Bürgerpark wird weiter aufgeräumt, Reisende steigen auf Taxen um und Hotels begrüßen Gestrandete: Der Tag nach dem großen Sturm in Bremen im Überblick.
06.10.2017, 18:11 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Timo Thalmann und Kea Neeland

Auch am Freitag spürten in Bremen vor allem Bahnreisende noch die Auswirkungen des Sturmtiefs "Xavier", das am Donnerstag über Norddeutschland hinweggefegt war. Der Bahnverkehr von und nach Bremen steht bereits über 24 Stunden still. In die Fahrtrichtungen nach Osnabrück, Hamburg, Hannover und Oldenburg geht von Bremen aus bis zum Abend nichts mehr.

Und auch die Alternativen waren schon Mittags weitgehend ausgebucht: Das Busunternehmen Flixbus hat nur noch vereinzelte freie Plätze am Abend in Richtung Hamburg, Hannover oder Osnabrück. Die Mietwagen am Hauptbahnhof waren ebenfalls vollständig vergeben. Tatsächlich sind einige Fahrgäste dann aufs Taxi umgestiegen, um sich für rund 200 Euro in diese Nachbarstädte fahren zu lassen.

Lesen Sie auch

Eine siebenköpfige Kartenspielergruppe aus Lohne hat diese Variante sogar für einen Ausflug auf die Stuttgarter Wasen gewählt. Die Deutsche Bahn hätte ihnen versichert, dass man für die Taxifahrt in die baden-württembergische Hauptstadt aufkommen würde.

Mit der Hoffnung, dass die Bahn die Kosten erstattet, sind laut Rezeptionistin Diana Hahn am Donnerstagabend mindestens dreißig Zimmer im Star Inn Columbus Hotel am Bahnhofsplatz von gestrandeten Bahnreisenden gebucht worden. Am Freitag hätten dann viele Gäste angesichts der anhaltenden Zugausfälle noch eine zweite Nacht dazu gebucht. Das gleiche gilt für das benachbarte Best Western Hotel zur Post. Dort seien laut Rezeptionist Hubertus Kupiec zwischen 15 und 20 Zimmer vergeben worden. „Das entspricht etwa dreißig bis vierzig Gästen.“ Auch hier hätten viele eine zweite Nacht nachgebucht.

Umweltbetrieb und THW räumen auf

Zumindest hinsichtlich ihrer Fahrkarten konnten sie das auch tun: Die Bahn hat mitgeteilt, dass sämtliche Zugtickets mit und ohne Zugbindung für die betroffenen Verbindungen mit Gültigkeit ab 5. Oktober vorsorglich bis einschließlich 15. Oktober gelten.

Ganz anders die Situation beim Bremer Umweltbetrieb: Rund 250 Mann waren in vollem Einsatz, um im gesamten Bremer Stadtgebiet die Schäden in den Grünanlagen zu beseitigen. Umgestürzte Bäume, die zahlreiche Straßen im Stadtgebiet blockiert haben, waren zuvor in über 460 Einsätzen der Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks (THW) beseitigt worden, aber in den öffentlichen Parks und Gärten habe man „verheerende Schäden“, wie es Kerstin Doty formulierte. „Ganze Baumkronen wurden herausgerissen“, sagte die Sprecherin des Umweltbetriebs. Vor allem die Stadtmitte und Borgfeld habe es schwer getroffen.

Auf rund drei bis vier Wochen schätzt Doty die Dauer der Aufräumarbeiten. Gleiches Bild beim Bürgerpark: Obergärtner Heiko Lustfeld hat in einer ersten Bestandsaufnahme rund 50 bis 60 umgestürzte und entwurzelte Bäume durch „Xavier“ gezählt. Hinzu kommen zahlreiche große herausgebrochene Äste, die nun lose in den Bäumen hingen und herunterzufallen drohen. „Das ist wirklich gefährlich, auch für unsere Mitarbeiter“, betont er. Allein um die Wege im Bürgerpark wieder verkehrssicher zu machen, benötige man mindestens noch das gesamte Wochenende. Vom Besuch in der Parkanlage in den nächsten Tagen rät er ab. „Wir haben jetzt überall Absperrungen auf den Wegen.“

Lesen Sie auch

Die insgesamt hohe Zahl der umgestürzten oder entwurzelten Bäume wird von Gärtnern und Meteorologen gleich erklärt: Anders als bei Herbststürmen im November tragen viele Bäume jetzt noch volles Laub und bieten den Windböen dadurch viel Angriffsfläche. Zusätzlich hatte es in den Tagen vorher viel geregnet. Die Nässe macht die Baumkronen schwerer und das Erdreich weicher.

Zerstörte Bühnenbilder beim Packhaustheater

„Das ist auch der Hauptunterschied zum Sturmtief Sebastian vor drei Wochen“, meint Rüdiger Hartig vom Seewetteramt Hamburg. Denn die Windgeschwindigkeiten allein haben die Auswirkungen von Xavier nach Ansicht des Meteorologen nicht verursacht. „Das Tief ist viel schneller durchgezogen als Sebastian und die Windböen waren gerade mal drei bis vier Kilometer pro Stunde schneller.“ In Bremen habe man in der Spitze Windgeschwindigkeiten von „nur“ rund 105 Stundenkilometer gemessen. Amtlich gesehen war das also kein Orkan. Der beginnt bei 118 Stundenkilometern.

Die Kombination aus Wind und Regen davor und danach reicht aber aus, um langfristige Folgen zu verursachen, wie Knut Schakinnis, Leiter des Theaterschiffs und des Packhaustheaters, erfahren musste. Dass in der Neustadt vom Sturm abgedeckte Dach, das am Donnerstag den Verkehr auf der Neuenlander Straße lahm legte, gehörte zur Werkstatt und Probenbühne der beiden Theater. „Der eindringende Regen hat über 25 eingelagerte Bühnenbilder, unzählige Kostüme und die Werkstatt selbst zerstört“, berichtet er. Aktuelle Theaterproduktionen seien zwar nicht betroffen, aber neue und diverse ältere Inszenierungen erstmal gefährdet. „Wir brauchen jetzt schnell Ersatz“, sagt der Theaterleiter und spricht von einem Schaden von rund 150.000 Euro.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)