Die Angriffe auf Polizeibeamte in der Silvesternacht müssen für die Täter rasche strafrechtliche Konsequenzen haben. Diese Forderung kommt von den Berufsverbänden der Polizei und aus der Politik. Lauter wird auch der Ruf nach einer Ausweitung der Video-Überwachung an Brennpunkten der Kriminalität.
Wie berichtet, waren in der Nacht zum 1. Januar insbesondere am Hauptbahnhof und im Viertel Polizeibeamte tätlich angegriffen und mit Böllern beworfen worden. Dem Vorfall auf dem Bahnhofsvorplatz ging offenbar eine Auseinandersetzung zwischen dem DB-Sicherheitsdienst und einem Randalierer voraus. Nach Darstellung eines Augenzeugen, mit dem der WESER-KURIER sprechen konnte, hatte sich der unbekleidete Mann vor dem Bahnhof aggressiv gebärdet. Als die DB-Sicherheitsleute ihn fixieren wollten, wurden sie von einem gewalttätigen Mob attackiert. Daraufhin schritten Polizeibeamte ein, die im Bereich des Hauptbahnhofs postiert waren. Auch sie wurden daraufhin aggressiv angegangen und mit Feuerwerkskörpern beworfen. Rund 50 Menschen beteiligten sich an den Ausschreitungen. Einige von ihnen konnten festgenommen werden. Auch an der Sielwallkreuzung wurden Polizisten mit Böllern traktiert. Dabei erlitt einer der Beamten leichte Verletzungen.
Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) ist nun die Bremer Justiz gefordert. Die Erwartungen gründen auf dem neu ins Strafgesetzbuch eingefügten Paragrafen 114 („Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“). Erst im vergangenen Jahr hatte der Bundestag mit der Schaffung dieses Straftatbestandes auf eine gesellschaftliche Entwicklung reagiert, die schon seit einigen Jahren zu beobachten ist: Der Respekt vor uniformierten Vertretern der Staatsgewalt schwindet in Teilen der Bevölkerung, Polizisten ziehen Aggression geradezu an. Paragraf 114 soll das Signal aussenden, dass Gewalt gegen Ordnungshüter ein gesellschaftlicher Tabubruch ist, dem entgegengetreten werden muss.
„Dieser Paragraf muss jetzt mit Leben erfüllt werden“, findet der stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Dirk Stahl. Dabei lohne der Blick nach Hamburg. Dort wurden im Gefolge der G-20-Krawalle bereits erste Haftstrafen gegen Gewalttäter verhängt, die Polizisten angegriffen hatten. „Wichtig ist vor allem, dass solche Strafen schnell ausgesprochen werden“, fordert Stahl. Anders als in einem Bremerhavener Fall aus dem Juli vergangenen Jahres. Dort hatten seinerzeit Mitglieder eines kurdisch-libanesischen Clans Polizisten attackiert und verletzt, nachdem eine routinemäßige Verkehrskontrolle aus dem Ruder gelaufen war. Mehrere Täter waren in Untersuchungshaft genommen worden, mussten jedoch wieder freigelassen werden, weil das Landgericht den Prozess nicht innerhalb einer Sechs-Monats-Frist anberaumen konnte. „So stellen wir uns das nicht vor“, sagt Dirk Stahl.
Der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, André Gudel, teilt diese Haltung. „Wenn entsprechende Urteile erst nach zwei Jahren gefällt werden, hat das keine gute Wirkung. Das verpufft“, ist Gudel überzeugt. Aus seiner Sicht unterstreichen die aktuellen Ereignisse die Notwendigkeit einer besseren Video-Überwachung. „Der Einsatz moderner Videotechnik schützt sowohl unsere Kolleginnen und Kollegen als auch potenzielle Opfer von Körperverletzungen, Raubtaten, sexuellen Übergriffen oder anderen Straftaten und macht eine effektivere Aufklärung möglich, sollte es dennoch zu diesen Straftaten kommen“, so Gudel.
Die Sprecherin der Bremer Innenbehörde, Rose Gerdts-Schiffler, verurteilt die Ausschreitungen am Hauptbahnhof und im Viertel ebenfalls. Die Beteiligten machten sich offenbar „null Komma null Gedanken, dass sie damit ein Körperverletzungsdelikt begehen, das sowohl für die Einsatzkräfte als auch für sie selbst schwerwiegende Folgen haben kann“. Von einer gesunkenen Hemmschwelle spricht auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Sükrü Senkal. „Wir haben da ein gesellschaftliches Problem. Es gibt inzwischen eine Klientel, die mit Präventionsbemühungen nicht mehr zu erreichen ist und gegen die nur noch ein massives strafrechtliches Einschreiten hilft“, glaubt Senkal. Auch er setzt auf eine Ausweitung der Video-Überwachung an neuralgischen Punkten des Stadtgebietes. „Die verhindert leider nicht alle Taten, hilft aber, die Täter dingfest zu machen“, sagt Senkal. Für Bremen sei die dafür notwendige Änderung des Polizeigesetzes inzwischen in Arbeit.