Fußgängerüberwege an drei Stellen, eine verengte Fahrbahn über etwa 45 Meter im direkten Bereich der Überwege – und aller Voraussicht nach Tempo 30: Autofahrer müssen sich ab Herbst auf eine andere Verkehrssituation auf der Bürgermeister-Smidt-Straße einrichten. Anlass für die Tempo-30-Pläne von Verkehrssenator Joachim Lohse (Grüne) ist der Unfall mit zwei Toten am Brill am vergangenen Donnerstag.
Die Fußgängerüberwege an der Bürgermeister-Smidt-Straße sind bereits seit Längerem beschlossene Sache und sollen im Herbst vom 1. bis 13 Oktober gebaut werden: an der Schlachte sowie an der Großen Johannisstraße und Am Deich auf der Neustadt-Seite. "Aller Voraussicht nach wird für den Bau der Überwege jeweils eine Seite der Straße gesperrt werden müssen", sagt Behördensprecher Jens Tittmann.
Die Situation, die Autofahrer nach Bauende vorfinden: Direkt vor und direkt nach jedem Überweg wird die Fahrbahn auf jeder Seite nur einspurig sein. Das soll Tempo aus dem Verkehr nehmen – und für mehr Sicherheit sorgen. Bei Klaus Schäfer kommt das gut an, der Professor für Stadtplanung an der Hochschule Bremen sieht aber noch deutlich Luft nach oben.
Er kennt die Bürgermeister-Smidt-Straße, den Brill und die seit Jahren geführte Debatte darüber, was mit dem Bereich aus verkehrstechnischer Sicht angestellt werden soll. "Das Grundproblem ist die Straße selbst. Die Verkehrsführung stammt aus den 1960er-Jahren, und sie ist an einem möglichst schnellen Durchfluss mit hoher Geschwindigkeit orientiert. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Ich würde es begrüßen, wenn die Stadt in jede Richtung eine Fahrspur reduziert und eine Tempo-30-Zone einrichtet", sagt er.
Bei Verkehrsplanern sei erwiesen, dass eine reduzierte Geschwindigkeit nicht automatisch mehr Verkehr und Staus generiere. Ganz im Gegenteil: Als optimale Geschwindigkeit für einen geschmeidigen Ablauf des Verkehrs gelte im Schnitt Tempo 35. Das sei wissenschaftlich erwiesen. "Die Bürgermeister-Smidt-Straße ist insofern aber auch ein Problem, weil sie nur dem Durchfluss von Verkehr dient, aber als Adresse schon lange nicht mehr wahrgenommen wird. Das ist städtebaulich auch ein großes Problem: Für Anwohner und Geschäftstreibende an dieser Straße ist das kein urbaner Raum mehr", betont Schäfer. Mit Tempo 30 und einer Reduzierung auf eine Fahrspur würde dies nachhaltig verändert.
Tempo 30 muss auch kontrolliert werden
Ein Beispiel dafür sei Cottbus: Eine vierspurige Straße mit Straßenbahn sei auf eine Spur je Seite mit Straßenbahn reduziert und die Straße damit zu einer Allee mit breiteren Gehwegen gemacht worden. Schäfer: "Das ist ein völliger Paradigmenwechsel: Plötzlich wurden die Häuser renoviert, Geschäfte, Ärzte und andere Dienstleistungen haben sich dort etabliert. Das ist ja eigentlich auch das, was Bremen mit einer modernen Stadtentwicklung erreichen will."
Auch in italienischen Städten, die von deutschen Touristen wegen ihrer Aufenthaltsqualität geschätzt würden, sei das passiert. "Das hat nichts mehr mit den Postkarten aus den Sechzigern zu tun, auf denen noch die Autos über diese Plätze fahren", sagt der Stadtplaner. Wenn Tempo 30 für mehr Sicherheit sorgen soll, muss das aber auch kontrolliert werden, fordert Schäfer. Es gehe auch um eine Frage der Kultur: "Solange man beim Radio Blitzer melden kann und zu schnelles Fahren damit als Kavaliersdelikt gilt, ist das die falsche Kultur, die wir in der Gesellschaft zu diesem Thema pflegen."