In Niedersachsen und Bremen hat es in der Nacht zu Mittwoch teilweise starke Gewitter gegeben. Laut Hansewasser Bremen blieb von dem Extremwetter-Ereignis fast kein Stadtteil verschont. "Das kommt sehr selten vor und gab es in Bremen schon viele Jahre nicht mehr", sagt Pressesprecher Oliver Ladeur. Besonders betroffen waren ihm zufolge weite Stadtteile im Bremer Westen, Osten und Süden. In Findorff, Walle, Schwachhausen, Neustadt und Rablinghausen zeigten die Maximalwerte der Regenschreiber und die Radardaten bis zu 32 Liter pro Quadratmeter – in 30 Minuten. Die durchschnittliche Regenmenge eines ganzen Monats beträgt 60 Liter pro Quadratmeter.
Bei zwölf bis 23 Liter pro Quadratmeter in der Stunde spricht Hansewasser von einem Starkregenereignis, ab 24 Liter von Extremregen. Das Unternehmen reagierte wie geplant: Die Leistung der Abwasserpumpen wurde hochgefahren, umgehend wurden Entlastungskanäle und Regenwasserüberlaufbecken gefüllt. Trotzdem kam es an einigen Stellen zu Überflutungen. Auch der Hansewasser-Notdienst rückte mehrfach aus, kontrollierte neuralgische Punkte und unterstützte die Feuerwehr bei drei überfluteten Unterführungen in Sebaldsbrück, Walle und Woltmershausen.
Vollgelaufene Keller im gesamten Bremer Stadtgebiet
Die Feuerwehr berichtete von vollgelaufenen Kellern im gesamten Stadtgebiet. Verletzte gab es nach bisherigen Erkenntnissen nicht. An mehr als 90 Prozent der Einsatzstellen stießen die Feuerwehreinheiten auf Kellerräume, die unter Wasser standen. Mithilfe von Tauchpumpen konnte das Wasser aus den meisten Kellern gepumpt werden. Vereinzelt seien umgefallene Bäume und sonstige Wasserschäden beseitigt worden.
"Wir haben seit dem Abend über 160 Einsätze abgearbeitet", sagte ein Sprecher der Bremer Feuerwehr. In den Vormittagsstunden habe es noch zwischen fünf und acht Einsätze gegeben. Diese verteilten sich über das Bremer Stadtgebiet – einzig aus Bremen-Nord gebe es kaum Meldungen, so der Sprecher weiter.

Ein Screenshot zeigt den Starkregen über Bremen gegen 23.30 Uhr.
Landwirte froh über jeden Tropfen
Hilmer Garbade wartete schon seit Wochen auf Niederschlag. "Wir sind dankbar für jeden Tropfen Regen, der fällt", sagt der Bremer Landwirt. Dass es nun überhaupt geregnet habe, sei "positiv für die Felder und alles, was wächst". Wobei er zu bedenken gibt, dass die seit Wochen ausgetrockneten Böden es nun schwerer hätten, das Wasser aufzunehmen: "Über die Oberflächen fließt viel ab." Wie gut die Flüssigkeit versickere, hinge von vielen Faktoren ab, unter anderem spiele die Beschaffenheit der Böden eine Rolle. So würde ein sandiger Untergrund den Regen besser aufnehmen, sei aber zugleich in Trockenzeiten bedürftiger, so Garbade.
"Leider ist viel nicht gleichbedeutend mit gut", sagt auch Kerstin Doty, Pressesprecherin des Umweltbetriebs Bremen (UBB). Der Eigenbetrieb der Stadtgemeinde ist zuständig für das gesamte städtische Grün – welches Doty zufolge etwa 20 Millionen Quadratmeter umfasst. Die Bäume, Parkanlagen und Sträucher hätten den Extremregen, der in der Nacht zu Mittwoch in kurzer Zeit auf das Erdreich niederprasselte, nach wochenlanger Trockenphase kaum aufnehmen können. Hilfreicher für Böden und Bäume sei "ein schöner, gleichmäßiger Sommerregen", am besten über mehrere Wochen verteilt. Speziell junge Bäume seien durch lange Trockenperioden gefährdet. "Darum wässern wir sie über das ganze Jahr hinweg", so Doty.
Ebenfalls seit Wochen bewässert werden die Gewächse im Rhododendron-Park, berichtet Parkleiter Hartwig Schepker: "Azaleen und Rhododendren sind Flachwurzler", sagt der Experte. Sie gelangten nur an die Feuchtigkeit, die sich in den obersten 30 Zentimetern des Bodens befinde. Dementsprechend wirke sich Trockenheit schnell auf ihre Verfassung aus. 37 Liter habe die parkeigene Messstation am Mittwochmorgen angezeigt. "Das ist besser als gar nichts, verschafft den Pflanzen aber nur eine Verschnaufpause", so Schepker. Dass die Trockenheit ausgerechnet in den Monaten Mai und Juni aufgetreten sei, wenn die Pflanzen ihr Blattwerk ausbilden, habe ihr Wachstum gehemmt. Darüber hinaus speichere der Park Niederschlag in Zisternen, die insgesamt etwa 3000 Kubikmeter fassen.
Durchschnittliche Jahrestemperatur in Bremen um 1,7 Grad gestiegen
Mehr Trockenheit und hohe Temperaturen im Sommer sowie Starkregen und Stürme im Winter – so mache sich der Klimawandel in Bremen seit einigen Jahren bemerkbar. Von 1881 bis 2020 sei die durchschnittliche Jahrestemperatur in der Region um etwa 1,7 Grad gestiegen, teilte Michael Schirmer, Hydrobiologe und ehemaliger Chef des Bremischen Deichverbands am rechten Weserufer bei einem Fachtreffen im September mit.
Laut der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gilt Bremen als Vorreiter im Umgang mit Starkregen: Vor gut elf Jahren hat die Stadt das sogenannte Klas-Projekt gestartet. Die Abkürzung steht für eine Klima-Anpassungsstrategie. Daraus hervorgegangen ist eine Vorsorgestrategie für Starkregenereignisse. Diese beinhaltet gesetzliche Vorgaben, Fördermöglichkeiten sowie Beratungsangebote.
Wetterdienst hatte amtliche Warnung herausgegeben
Für Bremen und das Umland im Westen und Nordwesten hatte der Deutsche Wetterdienst am Dienstagabend eine amtliche Warnung vor starkem Gewitter herausgegeben und vor herabstürzenden Ästen, Dachziegeln oder anderen Gegenständen sowie Verkehrsbehinderungen aufgrund möglichen Platzregens gewarnt.
+++ Dieser Artikel wurde am 21. Juni um 17.45 Uhr aktualisiert. +++