- Was ist das Problem?
- Was verbirgt sich hinter der Idee der Schwammstadt?
- Wie sieht die Umsetzung dieses Konzepts aus?
- Warum gilt Bremen als Vorreiter im Umgang mit Starkregen?
- Wo wird die Starkregenvorsorge bereits umgesetzt?
- Wo gibt es Nachholbedarf?
Hitze und Dürre im Sommer, dafür Starkregen und Stürme im Herbst und Winter – das ist die neue Realität, die der Klimawandel nach Bremen bringt. Von 1881 bis 2020 ist die durchschnittliche Jahrestemperatur in der Region um etwa 1,7 Grad gestiegen. Die Folge: ein um 40 Zentimeter höherer Meeresspiegel an der Nordseeküste, im Winter 26 Prozent mehr Niederschlag und gleichzeitig mehr als doppelt so viele Hitze-Tage.
Diese Bestandsaufnahme skizzierte Michael Schirmer, Hydrobiologe und Chef des Bremischen Deichverbands am rechten Weserufer, jüngst bei einem Treffen von Landschaftsarchitekten in Bremen. Dass die Experten aus Rotterdam, Stuttgart, Hamburg oder Münster an die Weser kamen, hatte einen Grund: Nach Meinung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ist Bremen bei der Starkregenvorsorge in Deutschland ein Vorreiter. Kein Wunder, schließlich gibt es im ganzen Bundesgebiet keine Großstadt, die niedriger gelegen ist. Viele Umweltexperten und Architekten haben eine klare Vorstellung für die Stadtentwicklung in der Klimakrise: sogenannte Schwammstädte sollen einen Hitze- und Regenkollaps verhindern.
Was ist das Problem?
Der bisherige Umgang mit Regen lässt sich auf folgende Formel herunterbrechen: Schnell weg damit. Versiegelte Flächen befördern das Wasser in Windeseile zu Abflüssen, unterirdische Kanalsysteme erledigen den Rest. Wenn es in Bremen mal wieder wie aus Kübeln schüttet, kommt dieses System schnell an seine Grenzen. Mit den Sirenen der Feuerwehr, die zum Leerpumpen der Keller ausrücken muss, ist dieses Problem dann kaum zu überhören. Auch im Sommer bekommen Städte mit zu viel Asphalt Probleme. Je weniger Grünflächen es gibt, desto schneller entsteht in Hitzephasen das Gefühl, in einem Backofen zu leben.
Was verbirgt sich hinter der Idee der Schwammstadt?
Der Grundgedanke ist, dass Städte mit Regenwasser so umgehen, wie es die Natur tut. Dort kann Oberflächenwasser über längere Zeiträume langsam versickern, Gräben versorgen im Gegensatz zu unterirdischen Kanälen auch die Tier- und Pflanzenwelt. Im Sommer kommt es dadurch zu mehr Wasserverdunstung, die wie eine natürliche Klimaanlage wirkt. Bei Starkregen werden die Kanalsysteme erst dann beansprucht, wenn die natürlichen Aufnahmekapazitäten erschöpft sind. Die Stadt soll sich wie ein Schwamm aufsaugen, wodurch es seltener zu Überschwemmungen kommt.
Wie sieht die Umsetzung dieses Konzepts aus?
Ein Element von Schwammstädten sind begrünte Flachdächer, die Regen aufnehmen können, anstatt diesen in eine Rinne abzuleiten. Die Versiegelung von natürlichen Flächen wird wo immer möglich vermieden. Mit einem stufenförmigen Bau von Wohngebieten ist es zudem möglich, ein natürliches Gefälle zu erzeugen. Gräben leiten dann das Regenwasser ins Zentrum auf eine Grünfläche. Bei Starkregen wird die Wiese zu einem kleinen Teich, erst bei einem hohen Wasserstand kommt ein Überlaufschutz zum Einsatz und leitet das Regenwasser in ein Kanalsystem.
Warum gilt Bremen als Vorreiter im Umgang mit Starkregen?
Vor gut elf Jahren hat die Stadt das sogenannte Klas-Projekt gestartet. Die Abkürzung steht für eine Klima-Anpassungsstrategie. Daraus hervorgegangen ist eine Vorsorgestrategie für Starkregenereignisse. Diese beinhaltet gesetzliche Vorgaben, Fördermöglichkeiten sowie Beratungsangebote. Für die Umsetzung hat Bremen in diesem Jahr die Landeszentrale Klimaanpassung eingerichtet und einen kommunalen Klimaanpassungsmanager bestimmt: Stefan Wittig. Bei der Tagung der Landschaftsarchitekten sagte Wittig, dass für Bauvorhaben künftig ein sogenannter Klimaanpassungscheck vorgesehen ist. Laut Wittig werden in Bremen bereits Bausteine einer Schwammstadt umgesetzt. "Pilotprojekte können dabei eine wichtige Signalwirkung haben", sagte er.
Wo wird die Starkregenvorsorge bereits umgesetzt?
Als Beispiel für das Prinzip der Schwammstadt gilt die Münchener Straße in Findorff, wo Bremen ein Pilotprojekt umsetzt. In Bremen-Nord ist es die Burg Blomendal, die zeigen soll, wie die Stadt mit den Folgen des Klimawandels umgehen kann. Das Gebäude liegt im Überschwemmungsgebiet der Blumenthalter Aue.

Ulf Jacob ist Sprecher vom Bündnis lebenswerte Stadt Bremen.
Wo gibt es Nachholbedarf?
Trotz dieser Ansätze sieht Ulf Jacob, Sprecher vom Bündnis lebenswerte Stadt Bremen, noch große Defizite: "Gezielt mit Grün und mit dem Wasser zu planen und zu bauen heißt, insbesondere auch alte Bäume zu erhalten und um wichtige Grünstrukturen herumzubauen, statt diese – wie zum Beispiel am Klinikgelände Hulsberg – für Sichtachsen zu opfern." Er fordert eine wasserbewusste Stadtgestaltung mit viel weniger Versiegelung. Große Bauvorhaben müsste Bremen deshalb auf den Prüfstand stellen, wie etwa das Neue Hulsberg-Viertel am Klinikum Bremen-Mitte.