Immer mehr ältere Menschen werden von Betrügern angerufen, die sich als Polizeibeamte ausgeben. Die echte Polizei warnt seit Jahren vor dieser Betrugsmasche, doch die Zahl der Fälle, bei denen Gauner mit Lügengeschichten am Telefon Senioren um Geld und Wertsachen bringen, steigt weiter. Allein in Bremen registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 1480 dieser Betrugsfälle. Bei drei Vierteln davon blieb es beim Versuch, doch das verbliebene erfolgreiche Viertel bescherte den Tätern laut Bremer Innenbehörde mehr als 1,9 Millionen Euro Beute.
Nicht anders ist die Entwicklung in Niedersachsen. Hier wurden der Polizei im vergangenen Jahr 4235 Fälle bekannt, etwa doppelt so viel wie 2017. Laut Landeskriminalamt (LKA) waren die Täter nur 97-mal erfolgreich, erbeuteten dabei aber mehr als 4,7 Millionen Euro. Tausende dieser Betrugsfälle vermeldeten zuletzt auch Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Und in München wurden Anfang dieses Jahres innerhalb von nur drei Tagen 300 Anrufe falscher Polizisten angezeigt.
Bei dieser Betrugsmasche gaukeln die angeblichen Polizisten älteren Menschen am Telefon vor, dass ihr Hab und Gut durch Verbrecher bedroht sei. Sie sollten deshalb Geld, Schmuck und andere Wertsachen zur Sicherheit von den vermeintlichen Polizisten abholen lassen oder an einem vereinbarten Ort ablegen.

Bei der Betrugsmasche „falsche Polizisten“ handelt es sich oft um organisierte Kriminalität, sagt Bremens Kripo-Chef Daniel Heinke.
Tätergruppen bestens organisiert - Anrufe oft aus dem Ausland
Die Bekämpfung der Betrügerbanden gestaltet sich für die Strafverfolgungsbehörden als schwierig. Die Tätergruppen gelten als bestens organisiert, arbeiten dynamisch, überregional und häufig auch vom Ausland aus. Die Anrufe kommen zum Beispiel überwiegend aus Callcentern in der Türkei. „Es handelt sich sehr oft um bandenmäßige und organisierte Kriminalität, häufig auch mit internationalen Verflechtungen“, erläutert Bremens Kripo-Chef und Leiter des Landeskriminalamtes, Daniel Heinke. „Wir betrachten das als einen Schwerpunkt unserer Arbeit.“
Auch Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hatte dies unlängst bei der Vorstellung der jährlichen Kriminalitätsstatistik bekräftigt und die Straftaten gegen ältere Menschen als „dauerhafte Herausforderung“ für die Polizei bezeichnet. Bremen sei hierbei ein Hotspot – viele der bislang gefassten Täter kamen aus Bremen oder hatten Bezüge in die Hansestadt.
Große Bedeutung misst die Polizei in diesem Deliktfeld der Präventionsarbeit zu. In Bremen informieren das Präventionszentrum und die Kontaktbeamten in den Stadtteilen regelmäßig über falsche Polizisten und ähnliche Betrugsmaschen, bieten Beratungen, Seminare und andere Maßnahmen an, bis hin zu einer Theater-Aufführung, bei der unter dem Titel „Glauben Sie nichts, prüfen Sie alles!“ unterschiedliche Tatsituationen dargestellt werden.
Präventionskampagne soll vor falschen Polizisten warnen
Das Landeskriminalamt Niedersachsen stellte in dieser Woche eine neue Präventionskampagne vor, mit der sie vor falschen Polizisten warnen will. Das LKA hat eine Pappkarte entworfen, die direkt neben dem Telefon aufgestellt werden soll, um Senioren immer daran zu erinnern, dass die Polizei nicht von der Nummer 110 aus anruft, erläuterte LKA-Präsident Friedo de Vries. Die Betrüger bedienen sich dieses Tricks – häufig erscheint auf dem Telefondisplay der Angerufenen die Notrufnummer der Polizei. Zudem soll die Karte daran erinnern, dass die Polizei weder Bargeld noch Schmuck am Telefon verlangt. Die Pappkarten werden über die Präventionsteams der Polizei und über Arztpraxen in Niedersachsen verteilt.
Aufklärung und Prävention zeigten bereits Wirkung, ist de Vries überzeugt. „Nur noch zwei von 100 Menschen fielen im vergangenen Jahr auf einen betrügerischen Anruf herein.“ Trotzdem warnt er: „Seien Sie skeptisch, wenn angeblich die Polizei bei Ihnen anruft. Legen Sie im Zweifel einfach auf. Und ganz wichtig: Melden Sie sich bei Ihrer Polizei!“ So sieht man das auch in der Pressestelle der Bremer Polizei: „Den Notruf lieber einmal zu viel als einmal zu wenig wählen. Und Straftaten unbedingt anzeigen.“
Warum die Betrüger trotz der umfangreichen Präventionsbemühungen immer wieder erfolgreich sind, erklärt der Göttinger Angstforscher Borwin Bandelow, der als psychiatrischer Gerichtsgutachter mit der Materie gut vertraut ist. Die falschen Polizisten übten am Telefon massiven psychischen Druck aus. „Sie sagen, man solle niemanden anrufen, keine Verwandten, nicht die Polizei und nicht die Bank. Denn überall gebe es Maulwürfe.“ Dabei werde durch geschickte Gesprächsführung eine Atmosphäre erzeugt, in der die Opfer am Ende nur noch dem Anrufer vertrauten.
„Sie manipulieren ihre Opfer“, sagt hierzu eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes. Dabei seien die Geschichten der Täter durchaus überzeugend. „Und durch wiederkehrende Anrufe über einen längeren Zeitraum wird der psychische Druck so sehr erhöht, dass die Opfer keinen klaren Gedanken mehr fassen können.“