Als ich im Bekanntenkreis erzählte, dass ich zur Gabelprobe in den Knurrhahn gehe, erntete ich eigentlich immer denselben Kommentar: „Da war ich ja total lange nicht mehr.“ Warum eigentlich, habe ich mich gefragt, war ich selbst noch nie dort? Den Namen habe ich natürlich schon oft gehört, am Restaurant bin ich auch schon häufig vorbeigegangen, sah im Sommer die Menschen draußen sitzen und las selbstverständlich die Tafeln. Deswegen war mit bewusst, dass es sich angeblich um das älteste Fischrestaurant der Stadt handeln soll. Alteingesessen in einem denkmalgeschützten Gebäude.
Können Sie sich meine Überraschung vorstellen, als ich die Tür öffne und in einem modern-maritim, aber etwas unpersönlich eingerichtetem Gastraum stehe? Ich hatte irgendwie mit dunklem Holz und Fischernetzen gerechnet. „Echt?“, fragt mich Emre Avdanlioglu überrascht. Seit fast zehn Jahren ist er hier der Chef und vor sechs oder sieben Jahren hat er die untere Gaststube komplett renoviert. „Ich sage immer, wer Nostalgie möchte, der kann sich oben hinsetzen“, sagt er. Natürlich lasse ich mir die obere Etage nicht entgehen und bin in den Klub-Raum stante pede schockverliebt. Er ist einfach ein Retro-Traum.
Das „Unten“ hat allerdings ein schlagendes Argument: ein Meerwasseraquarium mit Nemo und Dorie. Ich könnte stundenlang die Fische beobachten und mir zeitgleich Emre Avdanlioglus Geschichten über sie anhören. Aber ich bin ja hier, um zu essen und schaue mich um, was an den anderen Tischen serviert wird.
Das Lieblingsessen der Bremer scheint Backfisch mit Kartoffelsalat und einem kleinen Bier zu sein. Ich möchte etwas Anderes und entscheide mich für Bremer Pannfisch (19,90 Euro), Emre Avdanlioglu blickt in die Karte und sagt: „Ich gucke manchmal zehn Minuten in die Karte und lande dann doch meist bei dem Kabeljau als Backfisch.“ So auch heute. Perfekt für mich, da ich so in den Genuss des offensichtlichen Renners (18,50 Euro) komme. Natürlich kennt der Chef alle Gerichte, sie selbst zuzubereiten, das traut er sich nicht. „Ich bin ein ganz passabler Hobbykoch, aber hier auf der Platte zu braten, ist etwas ganz Anderes. Glücklicherweise konnte ich alle Mitarbeiter halten und bei denen sitzt einfach jeder Handgriff.“
Als der Pannfisch serviert wird, bin ich schon wieder erstaunt: zwei Seelachsfilets verstecken sich in der Pfanne unter einer recht matten Senfsauce, daneben krosse Bratkartoffeln – darüber frische Petersilie. Die Pfanne wird übrigens auf einem Brett in Fischform serviert, das gefällt mir sofort. Skeptisch probiere ich die Senfsauce, sie ist altmodisch mit Mehl gebunden und deswegen so matt. Der Geschmack ist keine Note eins, aber solide und passt irgendwie in den Klub-Raum. Fisch und Bratkartoffeln sind perfekt gebraten und lecker. Ich muss zugeben: Der Chef hat einfach die bessere Wahl getroffen: saftig, zart und geschmackvoll.
Das sagen die Stammgäste: Hier bekomme ich soliden Fisch, schnell und unkompliziert, und zuhause bleibt die Luft sauber; nirgendwo ist die Kombi Backfisch-Remoulade-Kartoffelsalat besser; Knurrhahn ist einfach Kult für mittags.
Fischrestaurant Knurrhahn, Schüsselkorb 32-33, 28195 Bremen, Telefon: 0421-323128, www.fischrestaurant-knurrhahn.de, Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch 11 bis 19 Uhr, Donnerstag bis Samstag 11 bis 20 Uhr, Sonntag 11.30 bis 16 Uhr, an Feiertagen geschlossen, nicht barrierefrei.