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Uni Bremen Die Allrounderin

Gabriele Brünings war viele Jahre Pressereferentin in der Senatspressestelle und erinnert sich an ihre Zeit an der Bremer Uni – der "roten Kaderschmiede".
20.09.2021, 20:00 Uhr
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Die Allrounderin
Von Gesa Below

Gabriele Brünings kann auf viele Jahre als Pressereferentin in der Senatspressestelle zurückblicken, war Lehrerin und hat jetzt, im sogenannten Ruhestand, immer noch „viel um die Ohren“, wie sie selber sagt. „Ich brauche das aber auch.“ Und sie ist sich sicher: Der Geist, der 1971 an der neu gegründeten Bremer Uni herrschte, der wirkt bis heute nach. „Ich würde mich immer noch als links bezeichnen.“

Das will erklärt sein; also zurück ins Jahr 1968. Gabriele Brünings, damals noch gebürtige Marhenke, schreibt schon zu Schulzeiten am Gymnasium Leibnizplatz für die Schülerzeitung Blinkfeuer, macht 1968 ihr Abitur und bewirbt sich für ein Volontariat bei der Bremer Bürgerzeitung – einer Zeitung der SPD mit Sitz am Geeren. Nach der Ausbildung arbeitet sie als Redakteurin ein Jahr für den zum WESER-KURIER gehörenden ACHIMER KURIER, aber als 1971 die Uni eröffnet wird, da ist klar: „Jetzt verwirklichst du, was du immer schon wolltest“, denkt sie sich. Zwar gab es für die begrenzte Zahl an Studienplätzen einen Numerus clausus, „aber meinen nicht besonders guten Abiturdurchschnitt konnte ich durch die Berufstätigkeit aufpeppen.“

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Sie schreibt sich ein für den Studiengang Arbeitslehre/Politik – „eigentlich ein Lehramtsstudium für Politik und Geschichte, aber in Bremen hieß eben alles anders“, und muss Diskussionen mit ihren Eltern führen. „Was?“, rufen die, „an diese rote Kaderschmiede willst du?“ Diesen Ruf hat die Bremer Universität in den Anfangsjahren. „Sie war durch und durch politisch geprägt, und einige Hochschullehrer waren ausdrücklich Marxisten – das fanden meine Eltern alles nicht so gut.“ Die Inhalte: stark geprägt von Kritik am Kapitalismus, es gibt die Drittelparität, nach der Hochschullehrer, Bedienstete und Studenten gleichberechtigt waren – flache Hierarchien. „Manche der Dozenten waren ja nicht viel älter als wir“, erinnert sich Gabriele Brünings. Die Arbeit an den gesellschaftskritischen Themen in den Projektgruppen sei geprägt gewesen von Gleichberechtigung zwischen Studenten und Lehrern. „Wir haben uns alle geduzt – und klar, den ‚Muff von tausend Jahren unter den Talaren', den gab es an der Uni Bremen nicht.“

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1976 macht sie ihr Erstes Staatsexamen; der Titel der Arbeit – natürlich politisch, natürlich kritisch: „Die Rolle der Arbeiter in der ersten deutschen bürgerlichen Revolution 1848/49“. Danach geht sie als Referendarin nach Bremerhaven an zwei Schulen und unterrichtet Geschichte und Politik, macht ihr zweites Staatsexamen und bewirbt sich. Aber 1977 gibt es in Bremen einen Einstellungsstopp. Der Zufall kommt zur Hilfe, als Gabriele Brünings eine Anzeige eines Privatgymnasiums in Scheeßel sieht. Sie bewirbt sich, obwohl sie denkt, „die nehmen dich nie, von dieser vermeintlich roten Kaderschmiede“, aber sie wird eingestellt und arbeitet dort bis 1980.

In dem Jahr werden sie und ihr Mann Karsten Eltern, und Gabriele Brünings arbeitet wieder als freie Journalistin – vor allem für den WESER-KURIER, aber auch für andere Zeitungen und Zeitschriften. In dieser Zeit gründet sie mit einigen anderen Frauen das Medienkontor. Die Arbeit als freie Mitarbeiterin läuft über drei, vier Jahre, bis 1986 eine Anfrage von der Senatspressestelle kommt: Ob sie nicht dort mitarbeiten will? Ja, sie will, die Arbeit macht ihr Freude und ist ganz nach ihrem Geschmack: sehr abwechslungsreich – auch wenn man das von so einer Behörde nicht denkt. Bis ins Jahr 2013 ist sie im Rathaus für Pressearbeit und -texte zuständig, hat Klaus Wedemeier, Henning Scherf und Jens Böhrnsen als Bürgermeister erlebt, Werder Bremens Sternstunde als Deutscher Meister auf dem Rathausbalkon miterlebt, viele Staatsgäste gesehen sowie Veranstaltungen im Haus begleitet und darüber geschrieben.

In einem 2000 erschienenen Buch „Das Bremer Rathaus“ hat Gabriele Brünings vieles davon festgehalten, beleuchtet aber auch die Geschichte des Rathauses und dessen Besonderheiten als Baudenkmal und Welterbestätte. Vor acht Jahren endet ihre Arbeit im Rathaus – aber das bedeutet nicht, dass sie nicht mehr umtriebig ist. „Ich engagiere mich seit den Unizeiten politisch“, sagt Brünings. Sie ist im Aufsichtsrat der Landesmedienanstalt, ist bei den Grünen aktiv, sitzt als Schöffin im Verwaltungsgericht – um nur einige ihrer Tätigkeiten zu nennen. „Ich glaube, es gibt viele ehemalige Studenten aus der Gründungszeit der Uni, die politisch engagiert sind“, sagt sie. Über die frühe Befürchtung ihrer Eltern – „Du kommst da als Kommunistin wieder raus“ – kann Gabriele Brünings zwar lachen, aber: „Die Uni hat meinen Blick auf die Gesellschaft und in Hinblick auf Solidarität sehr geprägt.“

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