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Gas-Wasser-Sperre in Huchting Innenbehörde prüft Lage in unbeheiztem Wohnblock

Die Bewohner des Wohnblocks an der Robinsbalje können ihre Vermieter verklagen oder ihre Mietzahlung einstellen, sagen Expertinnen. Die Eigentümervertretung spricht von "gruseligen Zuständen" in Huchting.
22.11.2022, 05:00 Uhr
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Innenbehörde prüft Lage in unbeheiztem Wohnblock
Von Sara Sundermann

Nachdem zuletzt 27 Bewohner eines Huchtinger Wohnblocks mehrere Wochen von einer Sperre der Wasser- und Gaszufuhr betroffen waren, ist jetzt die Innenbehörde mit dem Thema befasst.

In dem Gebäude hatte offenbar ein Teil der Vermieter trotz Abschlagszahlungen der Mieter das Geld für die Nebenkosten nicht gezahlt. Hinzu kamen laut Hausverwaltung zu niedrig angesetzte Abschläge. Es liefen fünfstellige Fehlbeträge auf. Letztlich drehte der Energieversorger SWB den Hahn zu. Mit der Folge, dass nun die Bewohner an der Robinsbalje frieren – und das bei den aktuellen Minusgraden.

Auch Familien mit kleinen Kindern sind betroffen. Zusätzlich gibt es Probleme mit Schimmel in mehreren Wohnungen. "Wir sind an dem Thema dran, die Situation in dem Gebäude ist uns erst durch die Medienberichte bekannt geworden", sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts. Das Ordnungsamt wolle sich des Falls annehmen. „Es ist jetzt zu prüfen, ob hier Verstöße gegen das Wohnungsaufsichtsgesetz vorliegen.“

Ordnungsamt will Lage in Huchting prüfen

Im Rahmen des Wohnungsaufsichtsgesetzes kann das Ordnungsamt handeln, um Missstände zu beseitigen, wenn gesetzliche Mindeststandards in Wohngebäuden nicht erreicht werden. Bereits in der Vergangenheit hatte der Ordnungsdienst einzelne Gebäude in der Stadt nach Beschwerden kontrolliert.

Wenn Häuser menschenunwürdige Wohnbedingungen bieten, können Vermieter mit Zwangsgeldern belegt werden und ihre Gebäude im Extremfall für unbewohnbar erklärt werden. Zuletzt hatte die Behörde im August eine Schrottimmobilie in Oslebshausen gesperrt, die als "Haus des Grauens" bezeichnet wurde. Aber auch bei weniger extremen Fällen schritt das Ordnungsamt ein, zum Beispiel 2021 bei einem Gröpelinger Wohnhaus, das vermüllt und überbelegt war.

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Die Situation der Bewohner an der Robinsbalje beschäftigt auch das Huchtinger Ortsamt. Ortsamtsleiter Christian Schlesselmann will prüfen, wie für die Bewohner des unbeheizten Wohnblocks schnell Abhilfe geschaffen werden kann: „Die Leute brauchen Unterstützung“, so Schlesselmann.

Die Bremer Verbraucherzentrale rät Mietern in einer Situation wie an der Robinsbalje, sich einen Anwalt zu nehmen und juristisch gegen die Vermieter vorzugehen. "Es handelt sich um eine Pflichtverletzung des Eigentümers, da ist auch eine Klage und Schadensersatz für die Mieter möglich“, sagt Verbraucherrechtlerin Nicole Bahn.

Mieterverein empfiehlt starke Mietkürzung

Der Bremer Mieterverein schildert, welche Rechte Mieter haben, wenn sie durch Verschulden des Vermieters von einer Sperre betroffen sind: Wer in seiner Wohnung weder Gas noch Wasser nutzen kann, weil der Vermieter die Rechnungen nicht beglich, könne seine Mietzahlung fast vollständig einstellen, stellt Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin des Mietervereins klar. "Teilen Sie ihrem Vermieter mit, dass weder Wasser noch Gas in der Wohnung verfügbar ist – ohne Gas und Wasser ist die Wohnung praktisch unbewohnbar", sagt Ahlring. "Sie können umgehend die Miete kürzen."

Statt einer Miete von beispielsweise 800 Euro könnten Mieter dann nur noch 100 Euro überweisen. Den Verlust der Wohnung müssten Bewohner nicht fürchten, so Ahlring: "Der Vermieter könnte ihnen zwar kündigen, aber wenn er die Mängel verschuldet hat, hätte die Kündigung rechtlich keinen Bestand."

Die Lage in der Robinsbalje erinnert Ahlring an die Zustände im Delmenhorster Wollepark. Dort waren 2017 insgesamt 350 Bewohner von zwei großen Wohnblocks von Gas- und Wasser-Sperren betroffen, weil ein Teil der Hauseigentümer die Rechnungen nicht beglich. Für eine Notversorgung mussten damals Hydranten mit Wasserhähnen und mobile Toiletten vor den Hochhäusern aufgestellt werden.

Erschreckt über die Situation in Huchting zeigt man sich auch bei Haus und Grund in Bremen, der Vertretung von Immobilieneigentümern. "Das ist nicht legal, wie sich die Eigentümer da verhalten – das müsste man im Zweifelsfall gerichtlich klären", sagt Ingmar Vergau, Geschäftsführer des Bremer Landesverbands von Haus und Grund.

In der Robinsbalje gehören die acht Wohnungen im Gebäude acht verschiedenen Eigentümern, von denen ein Teil laut Hausverwaltung nicht für Gas und Wasser zahlte. "Die Eigentümergemeinschaft hätte gegen die säumigen Eigentümer vorgehen können, erst mit einem Beschluss, dann möglicherweise mit einer Klage", sagt Vergau. "Aber wenn die Eigentümergemeinschaft selbst nicht richtig funktioniert, dann wird es eben schwierig."

Vergau kritisiert, dass Immobilien nur noch als Investitionsobjekt angesehen werden, und nicht, um ein vernünftiges Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter herzustellen: "Das ist wirklich gruselig, da muss auch von staatlicher Seite etwas passieren, denn da fängt im Prinzip die Verslummung an."

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