Die Sondierungsgespräche zwischen CDU und Grünen haben am Mittwoch, 29. Mai, begonnen, Grüne und FDP sowie CDU und FDP treffen sich am Freitag. Inhaltlich gibt es Gemeinsamkeiten, aber vor allem in den Themenfeldern Verkehr und Bildung unterscheiden sich die Ansätze von CDU, Grünen und FDP. Die Bremerinnen und Bremer stehen laut den Daten des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap einer Jamaika-Koalition eher skeptisch gegenüber: Nur 17 Prozent der Befragten beurteilten sie als gute Lösung.
Schule und Bildung

Bei diesem Themenbereich gibt es die größten Übereinstimmungen zwischen CDU und FDP, wenige hingegen mit den Positionen der Grünen. CDU und FDP wollen beide das zweigliedrige Schulsystem mit Gymnasien erhalten, die FDP will darüber hinaus auch neue gründen. Beide Parteien fordern eine Benotung der Schüler ab der dritten Klasse, die FDP plädiert auch für die Wiedereinführung des Sitzenbleibens. Einig sind sich CDU und FDP darüber, die Schulen mit 105 Prozent Personal auszustatten, um den Lehrermangel zu bekämpfen.
Die Grünen dagegen sprechen sich, wie sie es in einem Brief zur Wahl nennen „gegen das bildungspolitische Mittelalter“ aus und wollen weder Zensuren ab Klasse Drei noch „die althergebrachte Zuordnung an Gymnasien und Oberschulen“.
Beim Thema Inklusion sind sich Grüne und FDP einig, dass diese ausgebaut werden soll, die CDU formuliert es in ihrem Wahlprogramm mit Einschränkungen: „dort umsetzen, wo die personellen und räumlichen Voraussetzungen gegeben sind“. Für Kitas versprechen CDU und FDP, sich für flexiblere Betreuungs- und Öffnungszeiten einzusetzen, Grüne und CDU wollen vor allem Alleinerziehende entlasten.
Wohnen und Bauen

Mehr Wohnungen wollen sie alle in Bremen gebaut sehen. Aber nicht nur der Streit um das Areal der Galopprennbahn in der Vahr zeigt: Beim Thema, wie Bremens künftige Baupolitik aussehen soll, haben alle drei potenziellen Partner unterschiedliche Ansätze - wobei CDU und FDP inhaltlich näher aneinanderliegen als CDU/Grüne und FDP/Grüne. CDU und FDP unterstützen die Rennbahn-Initiative, die gegen eine Bebauung des Areals ist: „Die Galopprennbahn darf nicht zur nächsten vollbebauten Betonwüste werden“, heißt es auf der FDP-Homepage. Die Grünen dagegen wollen die Hälfte des Geländes bebauen.
Die FDP will die Mietpreisbremse abschaffen, stattdessen einen landesweiten Mietspiegel einführen. Sie will auch den Kauf von Eigentum erleichtern und insbesondere neue Eigenheime fördern. Deshalb sollen die Grunderwerbs- sowie Grundsteuer sinken und Mieter von Gewoba und StäWoG ihre Wohnungen kaufen können. Grundsätzlich müssen „in der Wohnungswirtschaft wieder die Kriterien der sozialen Marktwirtschaft gelten“, schreiben die Liberalen.
Die Grünen wollen die Sozialbauquote auf 30 Prozent erhöhen und städtische Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben. Sie wollen auch mehr private Flächen für das Land erwerben. Für die Osterholzer Feldmark und Brokhuchting schließen die Grünen eine Bebauung aus.
Die CDU möchte laut Wahlprogramm „die Quote von 25 Prozent sozialem Wohnungsbau bezogen auf einzelne Gebiete flexibilisieren“, neue Bauformen wie beispielsweise Wohnen auf dem Wasser fördern und wie auch die FDP die Vergabe von Bauanträgen beschleunigen.
Verkehr

Die einen setzen aufs Auto, die anderen aufs Fahrrad: Beim Thema Verkehr gehen vor allem die Vorstellungen von Grünen und FDP weit auseinander, aber auch zur CDU gibt es Unterschiede.
„Wir Freien Demokraten stehen dazu, dass Bremen und Bremerhaven Autostädte sind“, mit diesem Satz beginnt das Kapitel „Verkehr“ im Wahlprogramm der FDP. Entsprechend wollen sie Car- und Ride-Sharing ausbauen und den Bereich des Car-Sharing für weitere Anbieter öffnen und die Infrastruktur für alternative Antriebe und autonomes Fahren schaffen. Die FDP setzt sich ebenfalls dafür ein, den Sanierungsstau bei Straßen und Brücken abzubauen.
Die Grünen wollen, dass die Innenstadt bis 2030 autofrei ist, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs beschleunigen und die Mittel für neue Radrouten vervierfachen. Auch sollen für Radfahrer und Fußgänger zwei neue Brücken über die Weser gebaut werden. „Wir wollen wir eine Verkehrswende, die konsequent auf den Umweltverbund setzt“, schreibt die Partei in ihrem Wahlprogramm.
Die CDU steht thematisch zwischen FDP und Grünen. So will sie einerseits Bremen zu einem Leuchtturm für Projekte, die sich autonomem Fahren sowie Verkehrssteuerung widmen, machen und wie die FDP mehr Mittel für die Sanierung von Straßen und Brücken ausgeben. Andererseits setzt aber auch die CDU auf den Ausbau des Nahverkehrs und fordert beispielsweise eine höhere Taktung für Regionalbahnen.
Arbeit und Wirtschaft

Dass Bremen auch künftig viel dafür tun muss, um die Arbeitslosigkeit im Land zu verringern, darin sind sich alle drei Parteien einig. Auch grundsätzlich gibt es bei den Arbeitsmarkts- und Wirtschaftspositionen bei CDU, FDP und Grünen inhaltlich mehr Übereinstimmungen als zum Beispiel in Fragen der Verkehrspolitik bei Grünen/FDP.
So wollen die Grünen erreichen, dass Langzeitarbeitslose weniger sanktioniert werden und Arbeitssuchende, die an Weiterbildungen teilnehmen, finanziell bessergestellt werden, indem sie die Mehrkosten nicht mehr selber bezahlen müssen. Die CDU setzt auf „längerfristige ,Fördertreppen' statt der noch zu häufigen Aneinanderreihung von ,Maßnahmen'“. „Digitalisierung“ ist jeweils für FDP und CDU ein wichtiges Schlagwort, die Grünen dagegen setzen in Wirtschaftsfragen auf Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.
Die Zukunft des Offshore-Terminals in Bremerhaven (OTB) wäre in einer Jamaika-Konstellation eher kein Streitthema. Die Grünen wollen das Projekt zwar laut Wahlprogramm noch „auf Wirtschaftlichkeit und Bedarf“ überprüfen, stehen ihm tatsächlich aber eher ablehnend gegenüber und treffen sich in diesem Punkt mit der FDP, die den OTB ebenfalls nicht will. Die CDU will laut Wahlprogramm den OTB-Bau weiterverfolgen und prüfen, inwieweit aus ihm auch ein „allgemeiner Schwerlasthafen“ werden könnte. Priorität hat diese Frage für die Christdemokraten aber nicht.
Finanzen

In einer Jamaika-Koalition würde es keinen Streit über die Schuldenbremse geben. Sowohl CDU, Grüne als auch die FDP bekennen sich zu den Vorgaben, nach denen ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden aufgenommen werden sollen.
Die CDU will den Schuldenberg von rund 22 Milliarden Schulden bis zum Jahr 2035 auf 16 Milliarden Euro verringern und dem Haushalt durch Zinseinsparungen knapp drei Milliarden Euro bis 2035 „zusätzlich zur Verfügung stehen“. Ebenso wie die CDU will auch die FDP „mehr als die vorgeschriebenen 80 Millionen Euro“ pro Jahr in die Schuldentilgung stecken und 2030 den Berg auf „unter 20 Milliarden Euro“ drücken, bis 2050 „deutlich unterhalb von 15 Milliarden“.