Die geplante Enquête-Kommission der Bürgerschaft zum Klimaschutz wird voraussichtlich erst im neuen Jahr ins Leben gerufen. Zwar sind sich die Koalitionsfraktionen mit CDU und FDP grundsätzlich einig, dass die Sache in Angriff genommen werden soll, doch hinter den Kulissen wird noch kräftig um Details und Posten geschachert, sodass die Kommission voraussichtlich erst im Januar eingesetzt werden kann.
Unter einer Enquête-Kommission (von französisch enquête, Untersuchung) versteht man eine überfraktionelle parlamentarische Arbeitsgruppe, die sich einem umfangreichen Themenkomplex widmet und möglichst gemeinsame Handlungsempfehlungen formulieren soll. Im aktuellen Fall wäre dies eine Klimaschutzstrategie für das kleinste Bundesland. CDU-Bürgerschaftsfraktionschef Thomas Röwekamp hatte die Einsetzung der Kommission im September angeregt – ganz im Sinne der langfristigen strategischen Neuausrichtung der CDU als möglicher künftiger Koalitionspartner der Grünen.
Die Koalition biss an. Allerdings sind nun noch diverse Einzelheiten zu klären, bevor die erste Enquête-Kommission in der Geschichte der Bremischen Bürgerschaft ihre Tätigkeit aufnehmen kann. Das fängt mit dem genauen Arbeitsauftrag an. CDU und FDP haben dazu bereits im November einen Vorschlag gemacht. Aus ihrer Sicht geht es darum, für Bremen ein handfestes Klimaschutzziel für das Jahr 2030 zu erarbeiten. Die zugrunde liegenden Handlungsempfehlungen sollen sowohl den öffentlichen Bereich – also zum Beispiel den Nahverkehr und die Bauleitplanung – als auch die Wirtschaft und den privaten Sektor umfassen.
Comeback für Sieling?
Auf der Ebene der Fraktionsgeschäftsführer von SPD, Grünen, Linken sowie CDU und FDP wird zurzeit um Formulierungen für den exakten Arbeitsauftrag gerungen, hinter dem sich alle Parteien versammeln können. Doch das ist nicht alles. Die Frage ist auch, welcher Partei und welcher konkreten Person der prestigeträchtige Vorsitz der Enquête-Kommission zufällt. Schließlich soll das Gremium nicht weniger leisten als eine Definition des Bremer Beitrags zur Rettung des Klimas. Wer sich da als Lenker und Leiter erfolgreich in Szene setzt, empfiehlt sich womöglich für noch höhere Weihen. Die CDU hatte vorgeschlagen, dass ein Sozialdemokrat den Vorsitz übernimmt und einem Christdemokraten die Stellvertreterfunktion übertragen wird. Ein solches Personaltableau lässt allerdings ungeschriebene Regeln außer Acht. Es gibt eine Verständigung der Bürgerschaftsfraktionen, in welcher Reihenfolge sie bei der Verteilung der Vorsitze in Ausschüssen und Deputationen zum Zuge kommen. Danach wären jetzt eigentlich die Grünen dran – jedenfalls dann, wenn man die Enquête-Kommission als „normalen“ parlamentarischen Ausschuss begreift. Das tun die Sozialdemokraten natürlich nicht. Sie erblicken darin ein einmaliges Sondergremium, dessen Vorsitz nie und nimmer dem üblichen Reglement folgen könne. Die SPD reklamiert die herausgehobene Position deshalb für sich.
Innerhalb der SPD wiederum gibt es nach Informationen des WESER-KURIER zwei Anwärter, die sich Hoffnungen auf den Enquête-Vorsitz machen. Einer davon ist der frühere Bürgermeister Carsten Sieling. Der 60-Jährige hatte nach verlorener Bürgerschaftswahl und Amtsverzicht sein Abgeordnetenmandat angenommen. Als Hinterbänkler tritt er in der SPD-Fraktion derzeit nicht weiter in Erscheinung, möchte das aber offenbar ändern. Von Sieling war am Freitag keine Stellungnahme zu erhalten. Als zweiter Interessent gilt der Abgeordnete Arno Gottschalk. Der 63-jährige Ökonom ist eigentlich Chef-Haushälter der SPD-Fraktion, außerdem klimapolitischer Sprecher, Mitglied im Controlling-Ausschuss und mit dem komplexen Thema Gesundheit Nord betraut. Das ist schon eine Menge Holz. Zusätzlich noch den Enquête-Vorsitz zu übernehmen, würde schon ein gewaltiges Pensum bedeuten, doch Gottschalk bestätigte seine Ambitionen auf Anfrage. „Ja, ich kann mir das vorstellen“, sagte er.