Zwischen den Grünen und dem linksgeführten Wirtschaftsressort gibt es Differenzen bei der langfristigen Gewerbeflächenplanung. Die Behörde arbeitet schon seit einiger Zeit an einem solchen Orientierungsrahmen. Sie will das Gewerbeentwicklungsprogramm (GEP) 2030 im nächsten Frühjahr durch die parlamentarischen Gremien bringen. Doch bis dahin müssen noch einige Streitpunkte abgeräumt werden.
Das wurde am Donnerstag deutlich, als sich die Grünen mit einem Positionspapier zum GEP zu Wort meldeten. Ihre Bürgerschaftsfraktion will unter anderem, dass die Logistikwirtschaft künftig eine kleinere Rolle spielt. So steht es in dem Papier, das vom wirtschaftspolitischen Sprecher Robert Bücking vorgestellt wurde. Er sieht in dem Flächenhunger der Branche ein großes Problem. Natürlich sei den Grünen bewusst, wie wichtig die Logistik für Bremen ist. „Gleichzeitig müssen wir uns fragen: Sind wir damit auf dem richtigen Dampfer?“, sagte Bücking. Der Wirtschaftszweig habe in Bremen eine jährliche Flächennachfrage von 11,5 Hektar. Angesichts der extrem begrenzten Fläche des Stadtstaates sei das sehr viel. Besonders mit Blick auf die Krisenanfälligkeit sei es geboten, die bremische Wirtschaft breiter aufzustellen.
Eine weitere Expansion, um Gewerbeflächen für die Logistik zu erschließen, lehnen die Grünen daher ab. Laut Bücking drängt das Wirtschaftsressort etwa am Nordwestknoten jenseits der Autobahn ein Gewerbegebiet mit Logistikschwerpunkt zu bauen – auf Kosten des Blocklands. Gleiches gelte für eine Entwicklung des Güterverkehrszentrum (GVZ), bei der ein unter Naturschutz stehender Hochwasserpolder genutzt würde. Solche Ideen nannte Bücking „aberwitzig“.
„Bremen muss seinen Flächenvorrat als zentrale Ressource betrachten“, sagte Bücking. Anstatt flächenintensive Logistik zu fördern, solle lieber diejenige unterstützt werden, die viel Arbeit nach Bremen bringe. Das Verteilzentrum von Amazon sei etwa so ein Fall oder das Tchibo-Lager im Güterverkehrszentrum. Ihm sei klar, dass eine Stadt wie Bremen die Logistik brauche. „Aber wir dürfen die Stadt nicht zu einem GVZ machen.“ Bücking betonte, dass es auf vielen Feldern durchaus Übereinstimmung mit der Wirtschaftsbehörde gebe, die bei der Entwicklung des GEP federführend ist. Aber eben nicht auf allen. Dass die Forderungen der Grünen bei den Koalitionspartnern auf Kritik stoßen werden, davon geht der Grünen-Politiker aus. „Ich glaube, dass es Streit gibt“, sagte er. „Das ist unvermeidlich.“
Wie richtig er damit liegt, zeigte sich am Donnerstag postwendend. Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) hob im Gespräch mit dem WESER-KURIER zwar das Verbindende hervor, etwa das Bekenntnis zur Minimierung des Flächenverbrauchs bei Gewerbeansiedlungen. Minimieren kann aus Vogts Sicht aber nicht heißen, dass in zehn Jahren überhaupt keine neuen Gewerbeflächen mehr erschlossen und nur noch vorhandene Firmengrundstücke recycelt werden, wie es den Grünen vorschwebt. Vogt sieht auch keinen Anlass, die Logistikwirtschaft zu verteufeln. Deren geringe Flächenproduktivität pro Quadratmeter sei nur die halbe Wahrheit. Viele Betriebe unterhielten auch größere Verwaltungseinheiten mit vielen Arbeitsplätzen, etwa Kühne+Nagel und die Dettmer Group.
Was wird aus der Airportstadt?
Auch was die weitere Entwicklung der Airportstadt angeht, kommen Bücking und Vogt noch nicht auf einen Nenner. Die Grünen halten eine Expansion dieses luftfahrtorientierten Gewerbeareals für „unrealistisch und falsch“, wie es in dem Positionspapier heißt. Weil völlig offen sei, wie der Luftfahrtsektor wieder auf die Beine kommt, sei „die Diskussion um eine Erweiterung der Airport-City südlich der Landebahn obsolet“. Das sieht Kristina Vogt ganz anders. Unter großen Mühen sei es gelungen, das Weltunternehmen Airbus von der Zukunft seines Standortes Bremen zu überzeugen. Natürlich werde sich das Fliegen verändern.
Aber gerade deswegen wäre es aus Vogts Sicht falsch, mögliche Flächenbedarfe für Airbus und seine Zulieferer südlich des Flughafens zu blockieren. „Wir dürfen da die Tür nicht zuschlagen“, stellt die Senatorin klar. Warum die Grünen gerade jetzt Pflöcke einschlagen, ist ihr unverständlich. Eigentlich sei ein fester Fahrplan vereinbart gewesen. Die Staatsräte der betroffenen Senatsressorts sollten die noch strittigen Punkte abräumen, bevor sich der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und Linken im November endgültig auf eine gemeinsame Linie verständigt. An dieser Übereinkunft halte sie fest, sagte Vogt.