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Landesmitgliederversammlung der Grünen Wer sein Auto aufgibt, soll belohnt werden

Erstmals seit fast 600 Tagen trafen sich die Grünen bei ihrer Landesmitgliederversammlung wieder in Präsenz. Eine ihrer Forderungen: Tempo 30 in der Stadt.
18.07.2021, 18:07 Uhr
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Wer sein Auto aufgibt, soll belohnt werden
Von Frank Hethey

Ganz schön lange mussten sich die Grünen gedulden, bis sie sich endlich wieder leibhaftig zu Gesicht bekamen. Fast 600 Tage währte die unfreiwillige Zwangspause, die letzte Landesmitgliederversammlung in Präsenz datiert von Ende November 2019. Doch am Sonntag war der Corona-Bann gebrochen. "Ich kann mein Glück kaum fassen, so viele Grüne zu sehen", sagte Landesvorstandssprecherin Alexandra Werwath zur Begrüßung auf einer mit Stühlen bestückten Rasenfläche vor dem Atlantic Hotel an der Galopprennbahn.

Die Vision einer autofreien Innenstadt mit Sitzgelegenheiten unter Bäumen entfaltete Florian Pfeffer, neben Werwath der zweite Landesvorstandssprecher. Seine Forderung: "Wir müssen die Menschen belohnen, damit sie ihr Auto aufgeben." Zugleich müsse der ÖPNV ausgebaut werden. Klimaschutz- und Umweltsenatorin Maike Schaefer nutzte die Gelegenheit für einen Seitenhieb auf die Handelskammer. Deren "ewiges Festhalten" an einer autogerechten Stadt sei nicht mehr zeitgemäß. "Wer sich gegen Tempo 30 in der Stadt sträubt und gegen Fahrradstraßen, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt."

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Bestürzt zeigten sich die Grünen über die Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. "Wir sehen es direkt vor unserer Haustür, was die Klimakrise macht", sagte Bundestagsabgeordnete Kirsten Kappert-Gonther. Darauf hinzuweisen sei keine Instrumentalisierung in Wahlkampfzeiten. "Wir brauchen konsequenten Klimaschutz. Die Klimakrise ist hier und jetzt."

Auch auf die umstrittene Deicherhöhung links der Weser ging Schaefer ein. "Bei der Stadtstrecke kann und darf es keine Kompromisse geben", sagte sie. Nur sichere Deiche könnten Bremen vor Sturmfluten als Ergebnis des Klimawandels schützen. Die 135 Platanen würden durch 135 neue Bäume ersetzt. "Dann ist der Deich sicher und das Risiko minimiert."   

Eine unübersehbare Rolle spielte der Wahlkampf. Als eine "Richtungswahl" bezeichnete Kappert-Gonther die bevorstehende Bundestagswahl am 26. September. Optimistisch äußerte sich Pfeffer. Die Grünen hätten die Chance, bei der Wahl ein "historisches Ergebnis" zu erzielen. Es sei "ein Witz", dass die Union jetzt viel zu spät Konzepte gegen den Klimawandel entwickele. Der Kampf gegen die Katastrophe müsse viel schneller vonstatten gehen, sagte Pfeffer. "Schneller als der Klimawandel."  

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Großes Gewicht legen die Grünen darauf, die geforderte Wende sozial gerecht zu gestalten. Entsprechend stellte der Landesvorstand seinen Leitantrag unter das Motto "Eine solidarische Klimapolitik ist möglich".  Abgelehnt wurde ein Änderungsantrag der Grünen Jugend, der eine Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen wie Vonovia für den Fall forderte, dass sie ihrer sozialen Verantwortung nicht nachkommen. Eine Enteignung sei ein starker Eingriff in die Eigentumsrechte und deshalb nur das letzte Mittel, erwiderte Pfeffer. 

Mit Blick auf die anhaltende Kritik an Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock räumte Werwath ein, es seien Fehler gemacht worden. Gleichwohl gab sie sich kämpferisch: "Als Grüne stehen wir hinter Annalena, gerade wenn es Gegenwind gibt."  

Wie aus Parteikreisen verlautete, war es das erste Outdoor-Mitgliedertreffen seit 35 Jahren. Wenn es nach Schaefer geht, könnte das Beispiel Schule machen. "Wir sollten überlegen, zukünftig im Sommer immer eine Freiluft-Mitgliederversammlung zu machen."   

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